Der Bestseller
ich.
»D-Das k-könnte schwierig werden. Sie lebt in M-M...« Er ballte die rechte Faust und verzog das Gesicht.
»Minneapolis?«
»Genau.«
»Tja, dann eben irgendwann.«
Sidney ging zurück in sein Büro, und ich wandte mich der eingegangenen Post zu, die hauptsächlich aus Zeitschriften, Katalogen, verschiedenen Zeitungsausschnitten und ein paar Einladungen zu Präsentationen bestand. Letztere stammen meist von Kollegen, die mich nicht so sehr aus Freundlichkeit einladen, sondern vielmehr um zu erfahren, was ich vorhabe. Ich nehme sie aus denselben Gründen an und gehe zu diesen Veranstaltungen, um den neuesten Klatsch zu hören.
Ich zog die Publishers Weekly aus dem Stapel und wollte sie gerade aufschlagen, als mein Blick auf einen hellgrünen Briefumschlag fiel, dessen Absender eindeutig eine Frau war. Er war an mich adressiert und trug den Vermerk »Persönlich«. Mit einem plötzlichen Gefühl der Vorfreude öffnete ich ihn und las:
Lieber Nick Barlow!
Soeben habe ich von dieser schrecklichen Sache mit Parker Foxcroft erfahren. Ich bin entsetzt, und ich weiß, daß es Ihnen ebenso geht. Wie konnte das nur geschehen?
Wenn ich Ihnen irgendwie helfen kann, lassen Sie es mich bitte wissen.
Herzliche Grüße
Der Brief war mit »Susan Markham« unterschrieben. Darunter standen ihre Privatadresse und eine Telefonnummer.
Ich lehnte mich in meinem Schreibtischsessel zurück, las den Brief noch einmal, steckte ihn dann in die Innentasche meines Jacketts und dachte nach. Susan Markham... Ich hatte nicht erwartet, von ihr zu hören, nachdem ich ihre Avancen auf der ABA höflich abgewehrt hatte — sofern man das, was sie gesagt hatte, als »Avancen« bezeichnen konnte. Ich kam zu dem Schluß, daß es nützlich — und vielleicht informativ — sein könnte, ihr Angebot anzunehmen.
Die Gegensprechanlage summte. Es war Hannah.
»Lieutenant Hatcher ist am Telefon«, sagte sie.
Ich nahm den Hörer ab. »Ja, Lieutenant?«
»Mr. Barlow«, sagte er mit seiner abgehackten, tonlosen Stimme, »wir möchten Sie bitten, zu einer weiteren Befragung ins dreizehnte Revier zu kommen. Wenn es Ihnen nichts ausmacht.«
»Tja...«
»Es steht Ihnen selbstverständlich frei, einen Rechtsanwalt mitzubringen.« Ich hatte das deutliche Gefühl, daß er es mir nahelegen wollte, in Begleitung eines Anwalts zu erscheinen.
»Ich dachte, ich hätte Ihnen schon alles gesagt«, sagte ich in einem vergeblichen Appell an den guten Menschen, der irgendwo in ihm steckte.
Er zögerte einen Augenblick, bevor er antwortete. »Es gibt noch ein paar... offene Fragen. Ein paar... Lücken, die wir gerne schließen würden.«
Ich sah auf die Uhr. »Wann soll ich kommen?«
»Würde es um elf Uhr passen?«
»Ich werde meinen Anwalt fragen, ob er kommen kann. Ich rufe Sie zurück.«
»Ja, in Ordnung.«
Ich bat Hannah, Alex Margolies anzurufen. Alex ist nicht nur mein Anwalt, sondern auch mein Freund; außerdem ist er amtlich zugelassener Wirtschaftsprüfer, wodurch er an vielen Fronten eingesetzt werden kann. Sosehr ich mich auch auf den guten Mortimer Mandelbaum verlassen kann — ich würde nicht im Traum daran denken, Steuerunterlagen einzureichen, die Alex nicht durchgesehen hat.
»Du hast Glück, Nick«, sagte er. »Eigentlich sollte ich heute morgen im Gericht sein, aber die Verhandlung ist vertagt worden.«
»Dann treffen wir uns also im dreizehnten Revier.«
»Geht in Ordnung.«
Ich gab ihm die Adresse, legte auf und fluchte leise. Das letzte, was ich jetzt brauchte, war eine von Hatchers »Befragungen«. Ich kam mir dabei eher vor wie bei einem Verhör durch die Inquisition.
Ich sagte Hannah, sie solle Hatcher anrufen und den Termin bestätigen, und nahm mir wieder die Publishers Weekly vor. Als erstes schlug ich die Bestsellerliste auf und sah zu meiner Zufriedenheit, daß Pan im Zwielicht noch immer so weit oben stand wie Abraham Abel in einem alphabetisch sortierten Namensverzeichnis.
Kurz vor elf traf ich Alex Margolies im Vorzimmer des dreizehnten Reviers. Wir sahen uns um: Der Raum war schäbig und vollgestopft. Drei Sergeants — zwei Männer und eine Frau — taten Dienst, und ein halbes Dutzend Bürger aus allen Schichten standen am Tresen oder saßen auf der Wartebank.
Ich brauchte Alex nicht zu erklären, warum ich vorgeladen war; er ist ein ebenso eifriger Leser der Kriminalberichte wie ich.
»Abgesehen davon, daß du die Leiche gefunden hast«, sagte er mit gedämpfter Stimme, »welchen Grund haben die, dich
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