Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Bestseller

Der Bestseller

Titel: Der Bestseller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Carter
Vom Netzwerk:
können.«
    Worauf Jefferson sagte: »Gott segne die kleine Kirche um die Ecke.« Die Geschichte sprach sich herum, und die kleine Kirche um die Ecke wurde bei Theaterleuten so beliebt, daß man sie bald »die Schauspielerkirche« nannte. Eines der Buntglasfenster stellt Jefferson in seiner Lieblingsrolle als Rip van Winkle dar, ein anderes Fenster im fertiggestellten Teil des Transepts zeigt Edwin Booth als Hamlet. Es mag imposantere Episkopalkirchen in Manhattan geben, aber die kleine Kirche ist mit Sicherheit eine der schönsten. Meine Ehern wurden dort getraut, und ich ebenfalls. Daß meine Ehe nicht gehalten hat, war nicht die Schuld der Kirche.
    Ich war nicht der einzige, der Barlow & Company repräsentierte: Mary Sunday und Mortimer Mandelbaum begleiteten mich. Kurz vor elf trafen wir in der Kirche ein und stellten fest, daß sie fast bis auf den letzten Platz besetzt war. Parker hätte sich gefreut, und ich fühlte mich an die alte Hollywood-Geschichte über Harry Cohns Beerdigung erinnert. Anscheinend gab es wenige Produzenten, die so weithin verhaßt waren wie Cohn. Als sich ein Schauspieler, der an den Trauerfeierlichkeiten teilnahm, über die große Zahl der Trauergäste wunderte, sagte sein Begleiter, der ebenfalls Schauspieler war: »Tja, wenn man den Leuten gibt, was sie wollen, kommen sie in Scharen.«
    Ich fand einen Platz am Mittelgang, in der Nähe des Altars; Mary und Mortimer setzten sich einige Reihen weiter hinten hin. Der Organist spielte sich bereits mit Bachs Jesus bleibet meine Freude warm, einem Stück, das eines Tages auch auf meiner Beerdigung gespielt werden soll, zusammen mit Sheep May Safely Graze. Vor dem Altar, nicht weit von meinem Platz, stand Parkers Sarg, ein wuchtiges Ding aus Mahagoni. Der mit weißem Plüsch ausgeschlagene Deckel war aufgeklappt, und ringsum waren Blumen aus allen Bereichen der Botanik arrangiert.
    Zu meinen hartnäckigsten Untugenden gehört die Neugier, und natürlich gab ich ihr jetzt nach und sah mich um. Es war eine recht erlauchte Versammlung: eine Schar Literaturagenten, eine Horde literarischer Größen und so viele Verleger und Lektoren wie sonst nur beim jährlichen Fest der Literary Guild, dem heißesten Ereignis der Branche. Auf der anderen Seite des Mittelgangs entdeckte ich Susan Markham. Ihr Haar schimmerte im Licht eines der Kirchenleuchter. Sie trug ein schwarzes Seidenkleid, und als sie den Kopf wandte, um etwas zu ihrem Nachbarn zu sagen, sah ich an ihrem Hals eine Perlenkette. Ich nahm mir vor, sie anzurufen und mich mit ihr zu verabreden; immerhin hatte sie mir ihre Hilfe angeboten. Vielleicht wußte sie etwas über Parker, das das Motiv für den Mord erhellen konnte. Sie sah zu mir herüber, und ich lächelte. Sie nickte und erwiderte mein Lächeln.
    Ich hätte nach dem Gottesdienst gern auf sie gewartet und mit ihr gesprochen, aber es geschah etwas so Außergewöhnliches, daß ich nicht dazu kam.
    Mehrere Trauergäste traten an den Sarg und betrachteten Parker Foxcrofts sterbliche Hülle, wahrscheinlich, um Abschied zu nehmen von diesem Monument der Lektoren, vielleicht aber auch, um sich ein Bild von der Kunstfertigkeit des Bestattungsunternehmers zu machen. Ich wollte den Leichnam nicht sehen — ich finde es morbid, tote Menschen zu betrachten — und fragte mich, wer sich um Parkers Bestattung gekümmert hatte. Wer waren eigentlich Parkers nächste Verwandte?
    Die letzte, die an den Sarg trat, war eine Frau in einem leuchtendgrünen Kleid. Sie trug einen mit Blumen verzierten Flut und einen Schleier. Als sie am Sarg stand, hob sie den Schleier, beugte sich vor und spuckte Parker ins Gesicht.

15

    F ür einen Augenblick war ich unfähig, mich zu rühren. Ich war gewiß nicht der einzige, der es bemerkt hatte, doch niemand ließ erkennen, daß er gesehen hatte, was die Frau da tat. War das nur Einbildung gewesen? Wohl kaum. Die Frau trat zurück und eilte zum Seitengang der Kirche. Ich erhob mich und schob mich aus der Kirchenbank, wobei ich über die Beine eines Paares neben mir steigen mußte.
    »Entschuldigung.«
    »Also, wirklich!« Das kam von einer aufgedonnerten Frau mit einer Nerzstola. Nerz im Sommer — ich bitte Sie! Es blieb keine Zeit für Erklärungen; meinetwegen sollten sie mich für unhöflich halten.
    Als ich den Seiteneingang der Kirche erreichte, war die Frau in Grün bereits hinausgegangen und entfernte sich mit schnellen Schritten in Richtung Madison Avenue. Ich folgte ihr, obgleich ich nicht wußte, was ich

Weitere Kostenlose Bücher