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Der Besuch der alten Dame (German Edition)

Der Besuch der alten Dame (German Edition)

Titel: Der Besuch der alten Dame (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Dürrenmatt
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aus dem Hintergrund und heben die Sänfte in die Höhe.
     
    DER LEHRER Frau Zachanassian! Sie sind ein verletztes liebendes Weib. Sie verlangen absolute Gerechtigkeit. Wie eine Heldin der Antike kommen Sie mir vor, wie eine Medea. Doch weil wir Sie im tiefsten begreifen, geben Sie uns den Mut, mehr von Ihnen zu fordern: Lassen Sie den unheilvollen Gedanken der Rache fallen, treiben Sie uns nicht zum Äußersten, helfen Sie armen, schwachen, aber rechtschaffenen Leuten, ein etwas würdigeres Leben zu führen, ringen Sie sich zur reinen Menschlichkeit durch!
    CLAIRE ZACHANASSIAN Die Menschlichkeit, meine Herren, ist für die Börse der Millionäre geschaffen, mit meiner Finanzkraft leistet man sich eine Weltordnung. Die Welt machte mich zu einer Hure, nun mache ich sie zu einem Bordell. Wer nicht blechen kann, muß hinhalten, will er mittanzen. Ihr wollt mittanzen. Anständig ist nur, wer zahlt, und ich zahle. Güllen für einen Mord, Konjunktur für eine Leiche. Los, ihr beiden. Sie wird nach hinten getragen.
    DER ARZT Mein Gott, was sollen wir tun?
    DER LEHRER Was uns das Gewissen vorschreibt, Doktor Nüßlin.
    Im Vordergrund rechts wird Ills Laden sichtbar. Neue Inschrift. Neuer blitzender Ladentisch, neue Kasse, kostbarere Ware. Tritt jemand durch die fingierte Türe: pompöses Geklingel. Hinter dem Ladentisch Frau Ill. Von links kommt der Erste, als arrivierter Metzger, einige Blutspritzer auf der neuen Schürze.
     
    DER ERSTE Das war ein Fest. Ganz Güllen sah auf dem Münsterplatz zu.
    FRAU ILL Klärchen ist das Glück zu gönnen nach all der Misere.
    DER ERSTE Filmschauspielerinnen als Brautjungfern. Mit solchen Busen.
    FRAU ILL Heute Mode.
    DER ERSTE Zigaretten.
    FRAU ILL Die Grünen?
    DER ERSTE Camel. Und ein Beil.
    FRAU ILL Ein Schlachtbeil?
    DER ERSTE Exakt.
    FRAU ILL Bitte, Herr Hofbauer.
    DER ERSTE Schöne Ware.
    FRAU ILL Wie geht’s im Geschäft?
    DER ERSTE Personal angeschafft.
    FRAU ILL Stelle auch ein am Ersten.
    Der Erste nimmt das Beil zu sich. Der Zweite, ein gepflegter Geschäftsmann, kommt.
     
    FRAU ILL Grüß Gott, Herr Helmesberger.
    Fräulein Luise geht elegant gekleidet vorüber.
     
    DER ERSTE Die macht sich sauber Illusionen, sich so zu kleiden.
    FRAU ILL Schamlos.
    DER ERSTE Saridon. Die Nacht gefeiert bei Stockers.
    Frau Ill reicht dem Ersten ein Glas Wasser und das Mittel.
     
    DER ERSTE Alles voll Journalisten.
    DER ZWEITE Schnüffeln im Städtchen herum.
    DER ERSTE Werden auch hier vorbeikommen.
    FRAU ILL Wir sind einfache Leute, Herr Hofbauer. Bei uns suchen sie nichts.
    DER ZWEITE Sie fragen alle aus.
    DER ERSTE Eben interviewen sie den Pfarrer.
    DER ZWEITE Der wird schweigen, hat immer ein Herz für uns arme Leute gehabt. Chesterfield.
    FRAU ILL Aufschreiben?
    DER ERSTE Aufschreiben. Ihr Mann, Frau Ill? Sah ihn lange nicht.
    FRAU ILL Oben. Geht im Zimmer herum. Seit Tagen.
    DER ERSTE Das schlechte Gewissen. Schlimm hat er’s mit der armen Frau Zachanassian getrieben.
    FRAU ILL Ich leide auch darunter.
    DER ZWEITE Ein Mädchen ins Unglück stürzen. Pfui Teufel. Entschlossen Frau Ill, ich hoffe, daß Ihr Mann nicht schwatzt, wenn die Journalisten kommen.
    FRAU ILL Aber nein.
    DER ERSTE Bei seinem Charakter.
    FRAU ILL Ich habe es schwer, Herr Hofbauer.
    DER ERSTE Wenn er Klara bloßstellen will, Lügen erzählen, sie hätte was auf seinen Tod geboten oder so, was doch nur ein Ausdruck des namenlosen Leids gewesen ist, müssen wir einschreiten.
    DER ZWEITE Nicht wegen der Milliarde.
    DER ERSTE Aus Volkszorn. Die brave Frau Zachanassian hat, weiß Gott, genug seinetwegen durchgemacht. Er schaut sich um. Geht’s hier in die Wohnung hinauf?
    FRAU ILL Der einzige Aufgang. Unpraktisch. Aber im Frühling bauen wir um.
    DER ERSTE Da will ich mich mal hinpflanzen.
    Der Erste stellt sich ganz rechts auf, die Arme verschränkt, mit dem Beil, ruhig, wie ein Wärter. Der Lehrer kommt.
     
    FRAU ILL Grüß Gott, Herr Lehrer. Schön, daß Sie uns auch einmal besuchen.
    DER LEHRER Ich benötige ein starkes alkoholisches Getränk.
    FRAU ILL Steinhäger?
    DER LEHRER Ein Gläschen.
    FRAU ILL Sie auch, Herr Hofbauer?
    DER ERSTE Nein, danke. Muß noch nach Kaffigen mit meinem Volkswagen. Ferkel einkaufen.
    FRAU ILL Und Sie, Herr Helmesberger?
    DER ZWEITE Bevor diese verfluchten Journalisten das Städtchen nicht verlassen haben, trinke ich keinen Tropfen.
    Frau Ill schenkt dem Lehrer ein.
     
    DER LEHRER Danke. Stürzt den Steinhäger hinunter.
    FRAU ILL Sie zittern, Herr Lehrer.
    DER LEHRER Trinke

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