Der Bewacher - Swierczynski, D: Bewacher - Fun & Games
gesehen. Wenn das, was du mir erzählt hast, wahr ist, dann ist das der letzte Ort, an dem sie dich haben wollen. Betrachte das hier einfach als guten, alten Ihr-könnt-mich-alle-mal-Auftritt.«
»Aber Musso & Frank?«
»Warum nicht? In diesem Laden treffen sich doch die Mächtigen Hollywoods, oder?«
»Äh …«
Hardie wollte ihr gerade von dem Bonusmaterial auf der DVD erzählen, als jemand von hinter der Bar auf ihren Tisch zukam. Instinktiv griff Hardie nach einem Buttermesser, spannte seine Muskeln an. Der Typ, der ein Designer-T-Shirt und Jeans trug, hielt ein Handy in die Höhe und machte ein Foto, dann ging er wortlos fort. So sprang man in L. A. also mit den Leuten um. Auf die schnelle und schmutzige Tour. Hardie legte das Messer wieder auf den Tisch und rief dem Typen hinterher:
»Keine Ursache, Kumpel.«
Sie waren hier, um gesehen zu werden — allerdings nur kurz. Hardie wollte gerade so lange bleiben, um was zu trinken und den Leuten die Möglichkeit zu geben, sie zu fotografieren und über sie zu tuscheln. In einer Welt, in der man sich schon verdächtig machte, wenn man sich in den hinteren Reihen eines Pornokinos einen runterholte, würden sie so unweigerlich die Aufmerksamkeit der Leute auf sich ziehen. Hardie fand, das wäre ihre Art, auf die glimmende Asche ihres fehlgeschlagenen »Unfalltodes« zu pissen.
Wenn man sie bemerkte, würde sich der kleine Plan seiner barbusigen Freundin in Wohlgefallen auflösen, und sie würden von hier verschwinden, abtauchen und Deke Bescheid geben, damit er die Kavallerie rufen konnte.
Lane sah inzwischen hundeelend aus.
Der Typ mit dem Handy — ein Produktionsassistent namens Josh Geary — durchquerte rasch das Restaurant und lief nach hinten zum Parkplatz. Was er gerade gesehen hatte, war verrückt. Mit zusammengekniffenen Augen warf Josh erneut einen Blick auf das Foto, ja, tatsächlich. Lane Madden. Sie sah aus, als wäre sie gerade ihrem eigenen Grab entstiegen. Ein paar Tastendrücke später war das Bild auf dem Weg zu einer Online-Redakteurin in New York, die er dort kannte. Nächsten Monat würde Geary sich mit ihr treffen, hey, da konnte es nicht schaden, vorab schon mal ein kleines Geschenk zu verschicken.
Die Online-Redakteurin namens Zoey Jordan schrieb ihm eine SMS zurück: SO BIN ICH SEIT DER 4. KLASSE NICHT MEHR DURCHGEFICKT WORDEN. (Ach ja, die Fight-Club -Sprüche kamen immer wieder gut.) Jordan arbeitete für einen Blog über Promi-Klatsch. Hauptsächlich in New York, aber sie brachten auch Geschichten aus L. A.
Innerhalb von zwanzig Sekunden war das Foto mit einer bissigen Schlagzeile online: EIN LEBEN AUF DER ÜBER-HOLSPUR.
Hardie war verwirrt. Lane hockte auf der anderen Seite des Tisches, als hätte man sie gerade zum Tode verurteilt.
»Wir tun das Richtige«, sagte Hardie. »Wir haben gerade
den Nachweis erbracht, dass du heute Morgen nicht bei einem Autounfall gestorben bist.«
»Hm-hm.«
»Ihnen sind jetzt die Hände gebunden. Sie wollten dich umbringen und es wie einen Unfall aussehen lassen und sie haben’s vermasselt. Du sitzt hier unter lauter Leuten. Und dieser Idiot in dem Zweihundert-Dollar-T-Shirt hat dir wahrscheinlich gerade das Leben gerettet. Er schickt das Foto an seine Freunde, und die schicken es weiter.«
»Und was machen wir als Nächstes?«
Hardie ließ seinen Blick durchs Restaurant wandern. Wo war der Kellner mit dem Manhattan? Seine grauen Zellen arbeiteten besser mit Alkohol, da war er sich sicher. Die Hälfte von dem Scheiß, den er heute erlebt hatte, wäre ihm mit einem leichten Rausch nicht passiert.
»Hör zu, du hast gesagt, dass diese Unfall-Leute Kontakt zu höchsten Kreisen haben. Was übrigens wie ein blödes Filmzitat klingt. Egal, es gibt einen Typen, dem ich buchstäblich mein Leben anvertrauen würde.«
» Das klingt wie ein blödes Filmzitat.«
»Der Punkt geht an dich. Ich meine den Typen, von dem ich dir erzählt habe. Deke. Er ist absolut sauber. Der Mann ist aufrechter als der Schwanz eines Grizzlys. Wenn ich ihn anrufe, laufen die Ermittlungen, bevor man mir meinen Drink gebracht hat. Das ist sein Job. Er stellt Nachforschungen an. Und die ganz Sache kommt an die Öffentlichkeit.«
Die ganze Sache kommt an die Öffentlichkeit.
Charlies Worte trafen sie mit voller Wucht.
Genau davor hatte sie sich gefürchtet. Seit drei Jahren. Der bloße Gedanke daran jagte ihr Angst ein. Mehr noch als die Vorstellung zu sterben. Denn wäre sie bereits auf dem Freeway 101
Weitere Kostenlose Bücher