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Der Bewacher - Swierczynski, D: Bewacher - Fun & Games

Der Bewacher - Swierczynski, D: Bewacher - Fun & Games

Titel: Der Bewacher - Swierczynski, D: Bewacher - Fun & Games Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Duane Swierczynski
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überlassen, damit er ihr zeigen könne, was das Auto so draufhabe. Es war fabrikneu. Und am Vortag geliefert worden. An ihrem letzten Drehtag. Der Wagen war ein Geschenk des Regisseurs. Eine wahre Hochgeschwindigkeits-Schönheit. Er gefiel ihr, sowie die Tatsache, dass er den blonden Wikingergott neidisch machte. Das war nicht zu übersehen.
    Die Lieferanten hatten sie tags zuvor aus dem Schlaf geklingelt. Hinter ihr lag ein langer, anstrengender Dreh. Sie war so durch den Wind, dass sie nicht mal wusste, welcher Tag war oder wie ein normaler Tagesablauf aussah. So war es jedes Mal; sie brauchte ein paar Wochen Filmentzug, bevor sie sich wieder wie ein normaler Mensch fühlte. Und dann tauchte sie für ihre nächste Rolle erneut in diese Welt ab. Aber das war okay. Sie wollte in Bewegung bleiben. Sie arbeitete gern. Jemanden wie sie bezeichnete man wohl als solide Schauspielerin, und das gefiel ihr. Denn das bedeutete, dass ihr Stern nicht von heute auf morgen erlöschen würde. Sie hatte lieber dreißig anständige Filme
in der Internet Data Movie Base stehen als eine Handvoll spektakulärer Kassenschlager und völliger Rohrkrepierer.
    Der blonde Wikingergott meinte, sie sei zu bequem; alles außer der absoluten Weltherrschaft lohne sich für sie nicht.
    In seiner Position konnte er es sich leisten, so etwas zu sagen. Schon damals, vor drei Jahren, war er der blonde Wikingergott.
    Als also ihr Wagen eintraf, sprang sie kurz unter die Dusche, zog sich was über, aß einen Croissant — die erste brotähnliche Mahlzeit seit fünf Wochen –, kippte einen Orangensaft hinunter und fuhr zur Wohnung des blonden Wikingergotts in Santa Monica. Er hatte einen Kater, trotzdem schlug er vor, sich einen Drink zu genehmigen.
    Sie war ein wenig verärgert — zugegeben. Denn sie wollte eine Spritztour durch L. A. machen. Das tat sie ständig.
    Warte nur, bis ich dir die Decker Canyon Road zeige, sagte sie.
    Vergiss es, sagte er. Mulholland Drive und sonst nichts, Baby!
    Er gönnte sich ein paar Drinks, und sie ließ sich zu einem Bier überreden — ebenfalls der erste Alkohol seit fünf Wochen, seit Beginn der Dreharbeiten. Beim ersten Schluck verspürte sie einen kalten, wohligen Schauer. Wow. Widerwillig nahm sie ein zweites Bier an, und während sie daran nippte, schüttete er einen Bourbon in sich hinein. Er war seit Kurzem ganz verrückt danach, seit er vom Dreh eines Gothic/Science-Fiction-Films unten in New Orleans zurückgekehrt war. Er kaufte das Zeug kistenweise;
sie hoffte, dass es sich nur um eine Phase handelte. Sie mochte es nicht, wenn er sie küsste, nachdem er sich mit Bourbon zugedröhnt hatte.
    Sie sah, wie das Leuchten in seinen Augen immer trüber wurde, und sie hasste es, wenn das passierte. Denn irgendwann erreichte er einen Punkt, an dem sie nicht mehr zu ihm durchdrang. Darum sagte sie, Schuhe anziehen, wir machen eine Spazierfahrt.
    Also zog er seine Schuhe an, und sie machten eine Spazierfahrt.
    Allerdings fuhren sie nicht bis zur Decker Canyon Road — um ehrlich zu sein, sie hatte Angst, dass er von den ganzen Serpentinen kotzen musste. Und, entschuldige mal, sie würde nicht die Kotze des blonden Wikingergotts aus ihrem fabrikneuen Sportwagen wischen. Während der Fahrt stachelte er sie weiter an — Mulholland, Baby! Mulholland! Bis sie sich schließlich einverstanden erklärte und über den Pacific Coast Highway hoch zum Sunset Boulevard fuhr, und weiter den Beverly Glen Drive rauf.
    Bis zum Mulholland Drive.
    Voller Häme erzählte er ihr, woher die Straße ihren Namen hatte. Mulholland war ein Regierungsbeamter gewesen, der für den Tod von mindestens vierhundertfünfzig Menschen — darunter über vierzig Kinder — verantwortlich war, die bei einem Dammbruch ums Leben kamen.
    Nur in L. A., sagte er, wird nach so jemandem eine Straße benannt.
    An einem Aussichtspunkt hielten sie an, und der blonde Wikingergott schnappte sich die Schlüssel.
    Nein.

    Komm schon.
    Scheiße, nein. Sei kein Idiot.
    Mir geht’s gut. Ich will nur eine Proberunde drehen.
    Und ich sage Nein.
    Er klimperte vor ihrem Gesicht mit den Schlüsseln.
    Nur einen Kilometer oder so.
    Wie viel Bourbon hast du getrunken?
    Wir sehen uns unten.
    Sie brüllte seinen Namen …
    Doch schließlich bekam er seinen Willen, so war es immer, denn er war der blonde Wikingergott, und er raste mit dem fabrikneuen Sportwagen den Mulholland Drive hinunter und grölte So macht man das .
    Sie starben nicht.
    Und stießen auch mit

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