Der Bewacher - Swierczynski, D: Bewacher - Fun & Games

hätten den ganzen Tag in Lanes Wohnung in Venice abgehangen.
    Lane sagte kaum etwas, aber spielte mit. Sie trank und versuchte sich darauf zu konzentrieren, dass ihre Hände aufhörten zu zittern .
    Zur gleichen Zeit gondelte eine Kopie des Wagens mit Doubles durch Studio City. Währenddessen hörten die Unfall-Leute den Funkverkehr ab. Bei der Polizei gingen mehrere Anrufe ein — wegen eines Wagens, der wie irre durch die Gegend raste. Inzwischen war die Fahrerflucht ein großes Thema in den Nachrichten. Das Opfer, ein achtjähriger Junge, war noch am Unfallort gestorben. Die Beschreibung
des Wagens war an sämtliche Stellen weitergeleitet worden. Und die Polizei versprach, diese »Tiere« zu schnappen.
    Mit jeder Menge Bargeld kümmerten sich die Unfall-Leute um die losen Enden der Geschichte. Der Autohändler: zum Schweigen gebracht. Der Regisseur: ebenfalls — obwohl er diesen Anreiz gar nicht benötigte. Denn es ist nicht hilfreich, wenn dein Star wegen Totschlags verhaftet wird.
    Es dauerte mehrere Tage, bis Lanes Hände aufhörten zu zittern.
    Kurz darauf beendeten sie und der blonde Wikingergott ihre Beziehung. Sie hörte auf, ihn anzurufen, und er wartete nicht mehr darauf, dass sein Telefon klingelte. Trotzdem galten sie bei einer Reihe von Klatschblättern die folgenden neun Monate immer noch als ein »heißes Paar«.
    Lane ging zu ihrem Agenten und erklärte ihm, sie wisse nicht, ob sie das alles schaffe. Doch er sagte, sie habe keine Wahl.
    Das Studio schüttete sie mit Arbeit zu. Actionfilme. Mal was anderes. Lane dachte, sie würde es hassen. Doch wie sich herausstellte, liebte sie es. Sie liebte die Vorbereitungen, die Intensität, das Körperliche, und dass sie dabei nicht viel denken musste.
    Sie machte das zwei Jahre lang.
    Dann, etwa vor einem Jahr, sah sie eine Plakatwand mit Werbung für eine neue Reality Show:
    The Truth Hunters.
    Das war America’s Most Wanted 2.0 — eine Show, in der flüchtige Straftäter geschnappt wurden, eine Mischung aus Unsolved Mysteries und Geschichten über forensische Superbullen
und ungeklärte Kriminalfälle. Alles zu hundert Prozent wahr. Jede Folge hatte nur einen einzigen Sponsor. Und der zahlte einen Haufen Geld dafür. Die Produzenten wählten die Fälle sorgfältig aus. Das Geld wurde dafür verwendet, die Ermittlungen wieder aufzunehmen und die Sache zu einem Abschluss zu bringen . Um neue kriminaltechnische Tests zu erstellen. Neue Laborberichte. Neue Fotos. Neue Simulationen.
    Der ausführende Produzent, Jonathan Hunter, war bekannt dafür, dass er mit der Sendung keinen Cent verdiente; er behauptete, dass er alle zur Verfügung stehenden Mittel dazu nutze, Leute zu schnappen, »die glaubten, sie kämen ungestraft davon«. Er lebte immer noch in der beengten Wohnung in Studio City, die er und seine Frau Evelyn in den späten Achtzigern gekauft hatten; die Familie lebte vom Einkommen der Frau. Doch was die Herzen der Zuschauer wirklich bewegte, war die Tatsache, dass Jonathan Hunter aus eigener Erfahrung wusste, wie es war, wenn ein ungeklärter Kriminalfall einem auf der Seele lastete. Sein Sohn Kevin war an einem Nachmittag vor zwei Jahren bei einem Autounfall getötet worden und der Fahrer geflohen.
    Lane erklärte Hardie:
    »Das waren wir.«
    Mit dieser Plakatwand am Sunset Boulevard begann Lanes endgültiger Abstieg.
     
    Lane machte sich darauf gefasst — auf einen Blick voller Verachtung, einen Blick, den sie die letzten drei Jahre irgendwie hatte vermeiden können. Auf das Urteil, den
Zorn, den Ekel. Auf die Strafe. Letztlich, das wurde Lane jetzt klar, fühlte sie sich wie ein kleines Kind, das sich vor nichts mehr fürchtete, als ausgeschimpft zu werden .
    Doch Hardie sagte nur:
    »Wir müssen los.«

ZWEIUNDZWANZIG
    Die Menschheit ist in drei Kategorien unterteilt:
Eine sehr kleine Gruppe, die dafür sorgt, dass Dinge geschehen.
Eine größere Gruppe, die beobachtet, wie Dinge geschehen.
Und die große Mehrheit, die gar nicht mitkriegt, was geschieht.
    NICHOLAS MURRAY BUTLER
     
     
     
     
    A uf der Anzeige des Handys erschien: DGA.
    Kurz für Doyle, Gedney & Abrams, die Anwaltskanzlei, die als Mittler zwischen Mann und ihren Arbeitgebern von Industry fungierte. Mann hatte gewusst, dass dieser Anruf kommen würde. Aber das machte es nicht leichter abzuheben.
    »Hier Mann.«
    »Gedney. Wir haben gehört, dass der Auftrag von heute Morgen immer noch nicht beendet ist, und der zweite Auftrag rückt näher. Wir fürchten, dass Sie sich