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Der Beweis des Jahrhunderts

Der Beweis des Jahrhunderts

Titel: Der Beweis des Jahrhunderts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Masha Gessen
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jenem Topologen, den 161 Alexander Danilowitsch Alexandrow vor weiterer Verfolgung bewahrt hatte. 4 Gromow, dessen Mutter Jüdin war, bemühte sich verzweifelt um eine Forschungsstelle am Steklow-Institut und hätte zur Not auch eine Professorenstelle an der Leningrader Staatsuniversität angenommen. Schließlich gab er auf und emigrierte Ende der 1970 er Jahre in die Vereinigten Staaten, wo er am Courant Institute der New York University Arbeit fand. 5 Später, nachdem er zu einem der weltweit führenden Geometer geworden war, lehrte und forschte er sowohl am Courant als auch am außerordentlich prestigeträchtigen Institut des Hautes Études Scientifiques ( IH ´ ES ) südlich von Paris.
    Ich habe mit Gromow in Paris, im Institut Henri Poincaré gesprochen, dem Teil der Université Pierre et Marie Curie (Universität Paris VI ), der für Tagungen und Seminare in Mathematik und Theoretischer Physik reserviert ist. So zumindest hieß es auf der Website der Universität 6 und so stand es auch auf den Schildern, die auf den großen runden Tischen in der Cafeteria des Instituts aufgestellt sind: »Reserviert für Mathematiker und Theoretische Physiker«. Als ich dort eintraf, war Gromow in eine lebhafte Diskussion mit dem amerikanischen Topologen Bruce Kleiner verwickelt, mit dem ich einige Monate zuvor in New York gesprochen hatte. 7 Als ich an den Tisch herantrat, stand dieser gerade auf und war im Begriff zu gehen, schien aber so erregt von der Diskussion, dass er mich nicht begrüßte. Stattdessen wendete er sich erneut Gromow zu und sagte, eine Wissenschaft, in der nichts bewiesen werden müsse, sei keine Wissenschaft. Gromow erwiderte, dass ein alternatives System dennoch konsistent sein könnte. »Haben Sie jemals mit dem Mann auf der 162 Straße gesprochen?«, gab der offensichtlich erzürnte Kleiner zurück. »Der hat auch große Ideen.« Ich glaube, er wollte sagen, dass jeder Verrückte ein in sich schlüssiges System anzubieten hätte, war aber zu aufgeregt, um diesen Gedanken auszudrücken. Daraufhin wurde auch Gromow wütend, fuchtelte mit den Armen und schrie: »Nein, nein!« Er sah selbst so aus wie der »Mann von der Straße«: Die Sachen, die er anhatte, waren ihm viel zu groß, die Jeans mit dem schwarzen Gürtel hatte Flecken, sein hellgrünes Hemd war auf Brusthöhe fadenscheinig und an den Manschetten durchgewetzt, sein grauer Bart und sein ebenso graues Haar sprossen wild in alle Richtungen.
    Kleiner stampfte davon, und Gromow wendete sich mir zu, offensichtlich noch immer erregt. Als ich ihn fragte, warum er die Sowjetunion verlassen habe, reagierte er gereizt. »Warum nicht?« Sein Russisch hatte in den drei Jahrzehnten, die er außer Landes war, hörbar gelitten. »Alle gingen weg, so auch ich. Man bot mir eine Arbeit in Amerika an, und ich ging dorthin, dann bekam ich das Angebot hier und ging hierher.« Damit sagte er nicht ganz die Wahrheit, wie ich aus meinen Recherchen bereits wusste, aber mir war klar, dass ich ihn nicht bedrängen durfte: Er war offensichtlich nicht in der Stimmung, über das lange zurückliegende Elend der jüdischen Auswanderung aus der Sowjetunion zu sprechen. Vorsichtig versuchte ich, das Gespräch in Gang zu bringen.
    »Soviel ich weiß, sind Sie derjenige, der Perelman in den Westen brachte.«
    »Ich war daran beteiligt«, antwortete er, noch immer brummig, »aber es war Buragos Initiative.«
    »Ich habe von verschiedenen Leuten gehört, dass Sie es 163 waren, der kam und sagte, dass es dort diesen großen neuen Mathematiker gäbe.«
    »Das hatte ich von Burago. Vielleicht habe ich das anderen Leuten gegenüber erwähnt.«
    »Und was genau hat Burago Ihnen gesagt?«
    »Er sagte, er habe da diesen guten jungen Mathematiker.«
    »Den man hierherbringen müsse?«
    »Ja, man musste dafür sorgen, dass er hierherkommt.«
    Und Gromow hat dafür gesorgt, dass Perelman, nachdem er seine Dissertation am Steklow-Institut im Jahr 1990 abgeschlossen hatte, einige Monate am IH ´ ES verbringen konnte. Dort begann er, über Alexandrow-Räume zu arbeiten, ein nach Alexander Danilowitsch Alexandrow benanntes topologisches Phänomen, der sich allerdings in den 1950 er Jahren von diesem Thema verabschiedet hatte. Nun aber waren drei seiner mathematischen Nachkommen – Burago, Gromow und Perelman – zusammengekommen, um daran zu arbeiten.
    1991 sorgte Gromow mit dafür, dass Perelman am Geometrie-Festival teilnehmen konnte, das alljährlich an wechselnden Schauplätzen der

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