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Der Bienenfresser

Der Bienenfresser

Titel: Der Bienenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklaus Schmid
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wieder in Sichtweite des Wohnwagens waren, hörten wir fernes Hundegebell und eine tiefes »Wuff« aus nächster Nähe. Zweige knackten und ich beobachtete, wie zwei Männer im Unterholz verschwanden, einer von ihnen trug ein Schrotgewehr.
    »Jäger«, sagte Kapuste, »die streichen hier öfter durch die Gegend, ich mag sie nicht, jagen Kaninchen, ballern aber auch schon mal auf Singvögel. Aber eigentlich ist noch keine Jagdsaison.«
    Und dass Jäger mit einem Rottweiler auf Pirsch gingen war ungewöhnlich.
    Gerry und Terry, die ebenfalls einen Rottweiler hatten, kamen mir in den Sinn. Ich fragte Kapuste, doch er kannte sie nur vom Hörensagen. »Kriminelle«, meinte er. »Die Spanier kümmert es wenig, was die in Deutschland gemacht haben, und für die deutschen Strafbehörden ist es anscheinend billiger, wenn Knackis hier sitzen. Die beiden gehören zum Abschaum der Insel. Man nennt sie die ›Bienenfresser‹.«
    Kapuste startete seinen Lieferwagen. Wir fuhren in Richtung Cala d’Hort, weil mein Motorrad ja immer noch auf dem Parkplatz der Villa stand. Ein recht langer Weg, der quer über die Insel führte. Ich hing so meinen Gedanken nach, denn außer einem gelegentlichen »Aha« erwartete Kapuste nichts von seinem Beifahrer und Zuhörer.
    Er war auf Bali und in Indien gewesen, kannte die Hippiekolonien in Goa und auf Kreta, bevor diese von Pauschaltouristen überlaufen worden waren. Und jahrelang hatte er sich in Berlin als Straßenmaler durchgeschlagen.
    »Zehn Stunden am Tag malen, begafft werden, malen. Wenn die Sonne schien, hatte ich am Abend fünfzig Mark eingenommen; wenn es regnete, rappelten in meiner Blechdose vielleicht fünfzehn, zwanzig Märker, das musste dann für ein Paket Briketts, ‘ne Sechserpackung Bier und eine Suppe reichen. Während ich gegen Regen und Kälte und gegen den Geiz der Passanten ankämpfte, saßen meine Malerkollegen in irgendwelchen Seminaren und diskutierten, ob sich die wahre Kunst nur in den Metropolen entwickeln kann oder aber in abseits gelegenen Künstlerkolonien wie Worpswede.«
    »Wie sind Sie zur Malerei gekommen?«
    »Mit vierzehn hab ich eine Dekorateurlehre angefangen, später als Anstreicher gearbeitet, das Malen hab ich mir selbst beigebracht, zu Hause und auf der Straße. Im Berliner Kunstverein war ich der einzige Arbeiter unter lauter Akademikern, wurde herumgezeigt wie ‘n bunter Hund. Alle in piekfeinen Klamotten, nur ich sollte um Himmels willen nicht meine Hände waschen oder meinen verschmierten Overall ausziehen, der doch so herrlich authentisch wirkte.
    Toll, Kapuste, sagten sie, und hauten sich dann wieder ihren Bernard Büffet oder wer sonst gerade in Mode war um die Ohren, spielten Gauguin gegen Otto Dix und Max Ernst aus –
    real, irreal, surreal.« Er lachte. »Danke fürs Zuhören, jetzt wissense alles über mich, Bulle.«
    Ich muss wohl ziemlich erstaunt geguckt haben, denn er sagte: »Bullen riech ich auf zehn Meilen, sind doch einer, stimmt’s?«
    »Nicht ganz, war ich mal, bin ich aber nicht mehr.«
    »Einmal Bulle, immer Bulle.«
    »Ach, lassen wir das«, schlug ich vor. Mit einem
    Straßenmaler zu diskutieren, der so weit herumgekommen war, das hatte keinen Sinn. Stattdessen fragte ich ihn, was auf den Kassetten sei, die er beim Zeichnen abhöre.
    »Stille.«
    »Wie bitte?«
    »Na, Stille, leere Bänder, dann kriege ich nicht das dumme Gequatsche mit und brauch auch selber nichts zu sagen.«
    Wir fuhren die Auffahrt zur Villa von Don Jaime hoch.
    Kapuste drehte eine Runde auf dem Parkplatz, niemand kümmerte sich um uns.
    Ich stieg aus, gab ihm die Hand: »Danke, ich melde mich mal aus Deutschland.«
    »Hört sich an wie bei den Touristen, die sich porträtieren lassen und vor lauter Langeweile am Ende sagen: Mensch, toll, Sie haben Talent, ich schicke Ihnen Farben und Leinwand, damit Sie richtig künstlerisch arbeiten können.« Er lachte wieder. »Hab nie wieder was von denen gehört, nicht einer von denen hat je auch nur eine Postkarte geschickt. Was soll’s! Da steht Ihre Maschine, Schlömm. Wie heißen Sie denn wirklich?«
    »Elmar Mogge.«
    »Elmar, wie der legendäre Bilderfälscher von Ibiza, Elmar de Hory, ist ja irre. Also bis dann. Aber ich glaube nicht, dass Sie sich mal melden, Herr Elmar.«
    Ich gab ihm meine Adresse in Deutschland. »Dann tun Sie’s doch, Herr Kapuste.«
    37.
    »Auftrag erledigt«, sprach ich ins Telefon.
    »Du hast sie also gefunden. Schön, erzähl mal! Wie geht es ihr?«, wollte Verena

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