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Der Bienenfresser

Der Bienenfresser

Titel: Der Bienenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklaus Schmid
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eventuellen Notlandung auf dem Wasser glaubhaft rüberzubringen.
    »Tee, bitte«, sagte ich.
    »Den bringt mein Kollege.«
    Da ich einen Platz am Gang hatte, konnte ich meine Beine etwas seitwärts ausstrecken, bis dann der Kollege mit seinem Kabinenwägelchen dagegen fuhr und mich zum zweiten Mal aufschreckte.
    »Noch jemand Tee?«
    Mein Sitznachbar beschäftigte sich mit einem
    Kreuzworträtsel, seine Frau am Fensterplatz hatte struppige Haare und litt unter Flugangst. Wenn sie bei Erschütterungen, und die gab es alle Augenblicke, laut aufquiekte, sagte der Mann in sein Rätselheft hinein: »Schatz, wir sind gleich da« –
    und irgendwann hatte er mit der Behauptung sogar Recht.
    Schubumkehr der Triebwerke, die Bremsen kreischten, die Passagiere klatschten, doch bei weitem nicht so viele wie früher, man wollte zum Klub der abgeklärten Vielflieger gehören. Handys wurden ausgepackt wie lang entbehrte Kuscheltiere.
    Der Pilot meldete sich ein letztes Mal und bat die verehrten Fluggäste, angeschnallt sitzen zu bleiben, bis die Maschine zum Stillstand gekommen sei – was natürlich keiner befolgte; nein, so obrigkeitshörig einer unsichtbaren Uniform gegenüber waren meine Landsleute schon längst nicht mehr.
    Willkommen in Düsseldorf. Vorbei an den Leuchtfenstern, die für Löwensenf warben, für Düssel-Alt, das Messezentrum und den Traditionskonzern Thyssen, der jetzt ThyssenKrupp hieß. Da bist du eine Woche außer Landes und Unternehmen, die sich ein Jahrhundert bekämpft haben, rücken so eng zusammen, dass nicht einmal mehr ein Leerzeichen oder ein Bindestrich zwischen ihre Namen passt.
    Die Stahltür gegenüber dem Gepäckband vier glitt zur Seite und gab den Blick auf bleiche, aber aufgekratzte Abholer frei, die auf braun gebrannte, doch eher griesgrämige Rückkehrer warteten. Etwas abseits der verchromten Absperrung entdeckte ich eine Frau im besten Alter, die ein elegantes taubengraues Kostüm trug und jetzt hoheitsvoll eine Hand hob.
    Verenas Augen richteten sich auf meinen neuen weißen Leinenanzug. »Da hat Elmar sich aber ein tolles Spielhöschen ausgesucht«, flötete sie.
    Ich war zu Hause und fühlte mich wieder wie in alten Tagen.
    39.
    »Sind auf einmal gedeckte Farben angesagt? Gestern noch hast du am Telefon von weißem Leinen…«
    »Ach, Elmar, du wirst immer wie von gestern aussehen«, urteilte Verena kühl und blieb vor einem Schaufenster stehen, in dem Riemchenschuhe, die den durchsichtigen
    Fischersandalen auf Ibiza bis auf die Schnalle ähnelten, für 299
    Mark angeboten wurden. »Der Trend geht zum edlen
    Einfachen.«
    Mode war nicht mein Thema. Während wir weiter über die Kö schlenderten und einige Passanten sich tatsächlich nach mir umdrehten, berichtete ich in groben Zügen von meinem Aufenthalt auf Ibiza.
    Nachdem ich in den Schadow-Arkaden für Verena einen Espresso und für mich drei Kugeln Eis bestellt hatte, zeigte ich ihr die Fotos von Dora.
    »Fremd sieht sie aus, völlig anders, als ich sie in Erinnerung habe. Und dein Eindruck, meinst du, dass sie unter Drogen steht?«
    »Kann sein. Sie lebt, wie gesagt, in einer so genannten spirituellen Gemeinschaft, ob freiwillig oder nicht, keine Ahnung. Ob es um Doras Seele oder um ihr Geld geht, schwer zu sagen. Das herauszubekommen war ja auch nicht meine Aufgabe. Ärger hat es trotzdem gegeben.«
    »Welcher Art?«
    Auch diesmal ging ich nicht ins Detail. Kein Wort über die Ratten oder über das Ohr, ich erwähnte den Maler Kapuste und sagte abschließend: »Gewisse Kreise könnten interessiert sein, dass Dora weiterhin wie in einem Schweigekloster lebt.«
    »Warum?«
    »Sonst könnte sie beispielsweise erzählen, was sich auf der Bordtoilette einer Maschine der Flamingo- Chartergesellschaft zugetragen hat.«
    »Inwiefern?«
    »Koks und Politiker, eine brisante Mischung, brisant für den Inselrat von Ibiza, brisant für die Balearen-Regierung und brisant nicht zuletzt für den so genannten Mittelmeerausschuss in diesem unserem Lande.«
    »Hört sich interessant an.«
    Und ob! Sollte ich ihr sagen, was ich von Kristine über die dritte Stewardess an Bord der Flamingo -Maschine erfahren hatte? Noch war der Zeitpunkt nicht gekommen.
    »Ah ja, interessant«, sagte ich. »Für einen Bericht in einer deiner Frauenzeitschriften?«
    Sie hob die Nase. »Ich arbeite inzwischen auch für Blätter, in denen das Wort Politik vorkommt.«
    Die Antwort auf die nächste Frage kannte ich schon, wollte sie aber noch einmal aus Verenas Mund

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