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Der Bienenfresser

Der Bienenfresser

Titel: Der Bienenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklaus Schmid
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wissen.
    Worte der Freude, doch sie klangen mir zu routiniert. Da fehlte etwas in ihrer Stimme, echte Freude, Neugier. Gern hätte ich jetzt ihr Gesicht gesehen.
    »Ich komme morgen, dann haben wir mehr Zeit.«
    »Bist tüchtig, auf dich ist Verlass.« Diesmal hatte sie den warmen Ton getroffen.
    »Danke!«
    »Ohne Scherz, Elmar, das ging schneller, als ich gedacht hatte. Sag mal, willst du nicht noch ein paar Tage anhängen?
    Schau dir die Boutiquen an, es soll da verrückte Klamotten geben. Auch für Männer. Etwas Flottes für dich in weißem Leinen, würde dir sicher stehen, jetzt, wo du sonnengebräunt bist. Ich kann mir vorstellen, dass du richtig aufblühst, da unten im Süden. Als wir beide damals…«
    Sie schmierte mir noch mehr Honig ums Maul, als wolle sie sich nachträglich dafür rechtfertigen, jemals mit mir verheiratet gewesen zu sein. Ich hängte ein.
    Sie hatte sich nicht verändert, immer noch beherrschte Verena die ganze Bandbreite von sackgrob bis charmant; sie hätte Telefonverkäuferin werden sollen, für Aktien oder Autos oder alte Landsitze im schottischen Hochland. Nicht nur ihr Auftreten, auch ihr Aussehen hatte sich in der Zeit seit unserer Trennung kaum verändert. Ein paar Linien mehr um den Mund, die Wangenknochen schmaler, doch der Blick arrogant wie eh und je unter den hoch geschwungenen Augenbrauen, die viel Platz für Lidschatten ließen, ein Schminkgesicht, etwas herb, dazu die langen Beine, die ihre Form hielten.
    Und dann gab es ja noch Dinge, an die ich jetzt gar nicht denken wollte. Oder doch?
    Am Anfang taten wir es ständig und überall; aber mit der Zeit kristallisierten sich dann gewisse Vorlieben heraus. Verena tat es am liebsten abends. Manchmal fing sie mich nach Dienstschluss schon an der Tür ab. Es schmeichelte mir, sicher, doch nicht immer stand mir der Sinn danach. An Tagen, die Ärger mit Vorgesetzten gebracht hatten, wollte ich mich erst einmal entspannen, mit einem Bier vor der Mattscheibe, wo Berichte über Revolten, Hungersnöte und
    Überschwemmungen meine eigenen Probleme auf das richtige Maß stutzten. Im Bett wollte ich dann gern noch ein paar Seiten lesen, danach die Augen zu und schlafen. Meine Zeit war morgens. Meist noch im Halbschlaf langte ich nach ihr, doch dann war sie nicht in Laune. »Elmar, deine Wasserlatte nehme ich nicht persönlich«, hatte sie mir mal vorgeworfen.
    Wenn etwas nicht nach ihrer Nase ging, konnte sie ein ausgesprochenes Miststück sein. Ich riet ihr, darüber in ihren Frauenblättern zu schreiben. Wäre doch ein Thema, sagte ich.
    In Kontaktanzeigen geben Leute an, ob sie Raucher oder Nichtraucher sind, ob sie gern reisen oder lieber auf der Couch sitzen und fernsehen, aber die wichtige Information, wie es sich mit der Lust verhält, die verschweigen sie. »Elmar, ich schreibe über Modeschauen und Kunstausstellungen, nicht über verdammte Morgenficker«, war ihre Antwort gewesen.
    Hatte mich das Telefongespräch mit Verena auf diese Gedanken gebracht? Wahrscheinlich lag es an der
    Mittelmeersonne. Und an Ibiza.
    Es wurde Zeit, dass ich von dieser Insel runterkam.
    Der Rückflug mit der LTU, Flug 153, war auf meinem Ticket mit 11 Uhr angegeben.
    38.
    Der Handlung auf dem Bildschirm schräg über mir fehlte die Dramaturgie. Eine hellblonde junge Frau und ein
    dunkelblonder junger Mann legten gelbe Schwimmwesten an, lächelten, zogen Schlaufen durch Ösen, lächelten, dann griff die junge Frau zu einem Röhrchen, blies recht hübsch ihre Wangen, aber so richtig bei der Sache war sie nicht. Lächelnd legte sie die Rettungsweste wieder ab, um sodann ohne ersichtlichen Grund einem wehrlosen Kind eine
    Sauerstoffmaske aus Plastik auf den Mund zu drücken, ein hässliches Ding, das allein schon durch seine Farblosigkeit wenig kindgerecht aussah. Aus ähnlich ekligem Material gefertigt, hatte ich zuletzt auf Ibiza durchsichtige Fischerlatschen gesehen, und zwar…
    Ich grübelte, aber es fiel mir nicht ein. Die Frau mit dem angemalten Katzengesicht, die jetzt auf mich zukam, trug keine Fischerlatschen, sie hatte nackte Füße, kam näher, näher…
    »Kaffee?«, fragte die Stewardess und entschuldigte sich, dass sie mich aufgeschreckt hatte.
    Sie war nett und mir lag auf der Zunge, sie zu fragen, warum die Sicherheitsmaßnahmen eigentlich nicht mehr von Menschen aus Fleisch und Blut vorgeführt wurden. Und wenn schon Filmchen, dann doch bitte von einem Regisseur wie Wolfgang Petersen, der imstande war, die Gefahren des Meeres und einer

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