Der Bierzauberer
kannst.«
Niklas
fuhr der Schreck in alle Glieder und er konnte einen Schrei gerade noch unterdrücken.
»Wir werden
gleich einen heißen, glühenden Stein aus dem Ofen holen und in deine Hand legen.
Hältst du den Stein so lange fest, wie diese Sanduhr hier läuft, hat Gott dich diese
Prüfung bestehen lassen. Lässt du ihn fallen, musst du uns verlassen.«
Niklas
nickte mit dem Kopf, holte tief Luft und versuchte, sich gegen den überwältigenden
Schmerz zu wappnen, der ihn gleich erwartete. Einer der Brüder ging zum Ofen, holte
mit der Zange einen faustgroßen Stein heraus und kam näher.
Die Sanduhr
wurde umgedreht.
Dann setzte
der Schmerz ein!
Niklas
schrie auf und versuchte mit allen Mitteln, seine Beherrschung zu behalten und den
Stein nicht fallen zu lassen.
Und genauso
plötzlich, wie der Schmerz gekommen war, war er auch schon wieder vorbei.
Mit einem
Mal erkannte Niklas, dass dies nicht viel schlimmer war als dutzende Male vorher,
wenn die heiße Maische über seine Hand lief.
Die Hornhaut,
die sich über die Jahre auf seiner Hand gebildet hatte, war ihm endlich von Nutzen:
Es schmerzte, jedoch nicht so, dass er es nicht aushalten konnte.
Die Sanduhr
lief schneller leer, als er dachte. Die sechs Brüder, die im Halbkreis um ihn standen,
sahen ihn mit Verwunderung an, unter die sich Achtung mischte.
Kilian
entnahm den abgekühlten Stein aus Niklas’ Hand. Ein anderer Bruder schüttete kaltes
Wasser über die Hand, legte einige kühlende, minzeartig duftende Kräuter darauf
und wickelte ein Tuch darum.
Kilian
meinte:
»Ich weiß
nicht, wie du es geschafft hast, doch es ist deutlich, dass du den Gottesbeweis
eindeutig für dich entschieden hast. Von heute an bist du der Vorsteher unserer
Kloster-Brauerei. Und unserem Bruder Ansgar wird ein wenig Eremitendasein gut tun.
Vier Wochen lang soll er fasten und beten. Bernard soll in dieser Zeit unsere Brote
allein backen.«
7
Niklas bemühte sich in den
folgenden Wochen mit unglaublichem Arbeitseinsatz in der Brauerei, das Geschehene
vergessen zu machen. Sein Bier war besser als je zuvor, die meisten Brüder lobten
ihn auch dafür.
Aber immer
wieder gab es Sticheleien und hinterhältige Bemerkungen. Besonders Ansgar, den der
Monat verordneter Klausur nicht geläutert hatte, bewegte sich mit seinen Sprüchen
oft am Rande der Beleidigung.
Wenn es
ihn in die Brauerei verschlug, um Hefe oder anderes abzuholen, ging er nie zu Niklas,
sondern fragte immer zuerst einen der zwei neuen Brauernovizen, die Niklas mittlerweile
zugeteilt worden waren.
Musste
er durch die Brauerei gehen, machte er demonstrativ einen großen Bogen um die Maischbottiche,
so als fürchte er, hineingestoßen zu werden.
War Niklas
in der Nähe, machte Ansgar vor den Brauerjungen Bemerkungen wie »Pass doch auf mit
der Maische, fast hättest du mich verbrüht!« oder »Sieh dich vor, dass du niemals
alleine mit deinem Meister hier bist!«.
Ab und
zu gerieten die beiden aneinander, standen sich gegenüber und rempelten sich wie
junge Hirsche an, zu Gewalttätigkeiten oder Schlägereien kam es zum Glück aber nie.
Zu sehr respektierten beide die Klosterordnung, die solches nicht toleriert hätte.
Wenn Niklas
einmal mit Bernard zusammentraf, was selten genug vorkam, lästerten sie beide über
Ansgar, wenngleich aus unterschiedlichen Gründen. Für Bernard war Ansgar ein harter
Lehrmeister, der sogar vor Schlägen nicht zurückschreckte. Bernard ließ niemals
durchblicken, ob er Niklas um Thomas beneidet hatte. Eigentlich war Niklas als Vorsteher
der Brauerei schon weiter als Bernard, der sich Ansgar unterordnen musste.
Da beide
das Interesse an Getreide und dem, was man daraus machen konnte, teilten, gab es
immer etwas zu reden. Bei einer dieser Gelegenheiten erzählte er Bernard von den
›Reinen Brauern‹ und fragte, ob es so etwas wie die ›Reinen Bäcker‹ gäbe. Bernard
lachte, konnte ihm darauf jedoch keine Antwort geben.
»Da, wo
man das Brot verkauft, wird ganz sicher immer betrogen und gelogen. Bei uns hingegen
nicht, da wir nur unser eigenes Getreide verbacken und wir nur unserer Brüderschaft
verpflichtet sind.«
Er versprach
Niklas dennoch, einmal auf Zeichen zu achten, die auf einen Geheimbund der Bäcker
hindeuten könnten.
Niklas war zwar nicht auf
Streit mit Ansgar aus, vernachlässigte jedoch mit Absicht die Pflege des Gruit-Zeugs,
welches Ansgar dringend für sein Brot benötigte. Da Ansgar es nicht wagte, Niklas
offen anzugreifen, war dies eine
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