Der Bierzauberer
Verbrühungen ihm
so zugesetzt hatten, dass er aufgab.
Da das
neue Brauhaus großzügig bemessen worden war, lag es etwas abseits. Bestimmt hatte
Bruder Thomas nach Hilfe gebrüllt und gerade da war er, Niklas, nicht da gewesen.
Unfähig,
einen klaren Gedanken zu fassen, stand er da und bemerkte, wie ihm die Tränen die
Backen hinabliefen.
Er wusste
nicht mehr, wie lange er so dagestanden hatte. Schließlich riss er sich zusammen
und ging näher an die Leiche heran. Er überlegte, ob er sie allein aus dem Bottich
ziehen könnte oder ob er Hilfe holen sollte.
Während
er so davor stand und mit sich rang, betrat plötzlich Bernard von Dauerling das
Brauhaus. Voller Schrecken erfasste er schnell die Situation und lief los, um Ansgar
und andere Helfer herbeizuholen.
Mit vier
Mann hievten sie den heißen, verbrühten Körper aus dem Bottich heraus und legten
ihn auf den Boden.
»Weißt
du, wie das passiert ist?«, herrschte Ansgar Niklas an. »Oder warst es am Ende du,
der ihm einen heimtückischen Stoß versetzt hat? Du kannst wohl nicht schnell genug
Vorsteher der Brauerei werden?«
Die älteren
Männer befragten auch Bernard, ob er etwas gesehen habe, was dieser verneinte. Er
gab Niklas mit der Hand ein kurzes Zeichen und grinste ihn mit seinen schiefen Zähnen
an, was Niklas so verstand, dass Bernard ihm helfen wollte.
Niklas
stand den Vorwürfen völlig fassungslos gegenüber. Er hätte niemals nur im Traum
daran gedacht, dass ihm so etwas passieren könnte. Alles, was er die letzten sechs
Jahre gelernt hatte, erschien ihm mit einem Mal bedeutungslos.
Erstaunlicherweise
fühlte er sich mitschuldig am Tod seines Lehrers.
Am nächsten
Tag kamen alle Bewohner des Klosters zusammen. Abt Kilian betrauerte den Tod von
Bruder Thomas, lobte seinen Charakter, seinen Glauben und seine Brauerkenntnisse
und verkündete die Vorkehrungen zu seinem Begräbnis.
Dann wandte
er sich vor dem versammelten Kapitel an Niklas:
»Niklas,
du bist jetzt einige Jahre bei uns hier in Urbrach. Niemals hast du dir etwas zuschulden
kommen lassen. Einige unserer Brüder«, mit einem kurzen Seitenblick auf Ansgar,
»behaupten, dass du an dem Unfall nicht ganz unschuldig gewesen seist. Ich meine
zu sehen, dass deine Trauer echt ist, und glaube dir, dass dich an diesem grauenhaften
Unfall keine Schuld trifft. Dennoch gibt es Regeln hier im Kloster. Und eine davon
besagt, dass im Fall einer unbewiesenen Anschuldigung ein Gottesurteil zur Anwendung
kommt. Diese Vorschrift ist sehr alt und sehr unüblich, und ein Gottesurteil wurde
hier bei uns in Urbrach noch niemals ausgeführt. Trotzdem frage ich dich: Wirst
du dich diesem Urteil stellen, egal, wie es aussieht und wie es ausgeht? Du solltest
wissen, dass aufgrund eines Gottesurteils niemand verurteilt werden kann. Eine Schuldaussage
in diesem Falle gilt lediglich innerhalb unseres Ordens. Das Schlimmste, was dir
geschehen kann, ist die Verbannung aus Urbrach.«
Niklas
zögerte kurz.
»Wenn
es Euer Wunsch ist und ich dadurch meine Unschuld beweisen kann, werde ich jedes
Gottesurteil annehmen.«
Kilian
fuhr fort:
»Wir werden
morgen nach der Vesper zusammenkommen, um das Urteil zu vollstrecken.«
Damit
war die Versammlung beendet und Niklas verbrachte eine schlaflose Nacht. Er hatte
schon von Gottesurteilen gehört, aber nie geglaubt, dass es einmal ihn treffen würde.
Es gab zum Beispiel die Methode, jemanden in den Teich zu werfen. Schwamm man oben,
war er oder sie schuldig; ging er oder sie unter, galt es als Zeichen der Unschuld.
Niklas
hoffte nur, dass Kilian sich ein Gottesurteil ausdachte, bei dem er eine Möglichkeit
hatte, mit heiler Haut herauszukommen.
Der nachfolgende
Tag tröpfelte für Niklas zäh dahin. Er wünschte sich nichts sehnlicher, als die
kommende Herausforderung schon abgeschlossen zu haben.
Schließlich
war es so weit.
Kilian
und fünf ausgesuchte Brüder kamen, um ihn abzuholen. Rainald, der Prior Karlmann,
ein anderer Kilian, Otto und Michael waren gemeinsam mit dem Abt die ältesten und
klügsten Mönche.
Sie gingen
zusammen in die Brauerei, in der trotz der aus diesem Anlass verhängten Braupause
alle Öfen brannten.
Kilian
stellte sich vor Niklas:
»Wir haben
lange überlegt, welches Gottesurteil wir dir zukommen lassen. Dabei sind wir zu
dem Entschluss gelangt, dass es etwas mit dem Vergehen zu tun haben sollte, dessen
man dich bezichtigt. Bruder Thomas ist in der Maische verbrannt, daher wollen wir
sehen, ob du der Hitze besser standhalten
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