Der Bierzauberer
(1388) ist die älteste Darstellung eines deutschen Bierbrauers. Man
beachte den Stern links oben.
5
Eine günstige Gelegenheit
zum Fragen ergab sich am nächsten Brautag. Niklas ging wie immer zum Maischbottich,
um die zerkleinerten Malzkörner hineinzuschütten. Er tat so, als entdecke er das
Zeichen zum ersten Mal, und fragte Thomas ganz arglos:
»Wer war
denn eigentlich der Zimmermann, der als Zeichen seiner Arbeit hier drin den sechszackigen
Stern hinterlassen hat?«
Thomas
schaute ernst, zu ernst, wie Niklas fand, und sagte:
»Ich weiß
nicht, ob ich dir das schon sagen kann. Es kann sein, dass du bereit bist, aber
ich muss noch einmal darüber schlafen. Wenn ich über Nacht zu dem Entschluss komme,
dich in dieses Symbol einzuweihen, musst du mir ewiges Stillschweigen versprechen.«
Niklas
spürte, wie sein Herz bebte!
Noch ein
Geheimnis!
Er antwortete
sofort, ohne lange nachzudenken:
»Sicher
doch. Was immer das Geheimnis ist, bei mir ist es gut aufgehoben.«
Er schlief
unruhig in dieser Nacht und dachte voller Hoffnung an den nächsten Tag.
Sie trafen
frühmorgens im Brauhaus ein, doch Thomas nahm ihn gleich mit in die Bibliothek.
»Hier
können wir zur Not nachlesen, falls dir nicht ausreicht, was ich dir an Wissenswertem
zu diesem Zeichen erklären kann. Aber nun sag mir bitte, ob du ein solches Hexagramm,
wie der sechszackige Stern auch heißt, schon einmal gesehen hast?«
Niklas
erzählte von seiner Mutter und von dem jüdischen Geldverleiher.
Thomas
hielt die Hände vor seinen Bauch, dessen Konturen durch die Kutte gut zu erkennen
waren, dann wackelte er mit seinem fast kahlen Kopf hin und her.
»Ich glaube,
du hast da etwas verwechselt. Bist du sicher, dass der Stern von deiner Mutter sechs
Zacken hatte? Ich vermute, dass sie einen Fünfzack, ein Pentagramm, über die Tür
gehängt hat. Dieses Pentagramm ist ein Zeichen des Aberglaubens, eines der ältesten
überhaupt. Andere Namen dafür sind Drudenfuß, Nornenstapfe oder Maarfuß. Wenn du
später einmal die Namen Signum Sanitatis oder Pentakel hören solltest, auch die
sind gleichbedeutend mit dem Pentagramm. Damit du nicht denkst, ich wüsste dies
alles auswendig: Die Frist von einer Nacht habe ich gebraucht, um noch einmal alles
nachzulesen, was ich dir heute erzählen möchte.«
Er holte
tief Luft und fuhr fort:
»Das Pentagramm
war bei den alten Griechen ein Symbol für Gesundheit und Kraft, später zusätzlich
für Vernunft, Denken und den Wahrheit suchenden Geist.
Die fünf
Zacken stehen für die fünf Elemente: Feuer, Wasser, Luft, Erde und Geist.
Auf dem
Kopf stehend, war es jedoch immer ein Symbol für Schwarze Magie und Hexerei.
Und hier hat sich wahrscheinlich
deine leichtgläubige Mutter zu einem Aberglauben verleiten lassen.
Sie glaubte
wohl, damit böse Geister von eurem Haus fernhalten zu können. Diese dummen Aberglauben
sind sogar in heutigen, christlichen Zeiten leider noch weit verbreitet.
Aber in
jedem Falle ist das Pentagramm kein Symbol Gottes und der Kirche, im schlimmsten
Falle ist es ein Zeichen des Teufels. Also, halte dich davon fern und achte genau
darauf, es nicht zu verwechseln.«
Bruder
Thomas legte eine kurze Pause ein, trank einen Schluck Bier aus dem Krug, den er
mitgebracht hatte, und fuhr weiter fort:
»Das Zeichen,
bei welchem dein Vater wohl abfällig ›Jude‹ gesagt hat, ist dieser Sechszack. Lass
mich dir erklären, welche Verbindung das Judentum mit unserem Maischbottich hat.
Dieses
Zeichen ist uralt, wahrscheinlich älter als das Pentagramm. Es wurde überliefert
von den Stämmen der Semiten, aus deren Reihen ja der König David hervorging.
Daher
wird das Hexagramm auch Davidstern genannt. Überliefert ist ebenso, dass der Stern
im Siegelring König Salomos eingeschnitten gewesen war. Die zwölf Stämme Israels
werden durch die zwölf äußeren Ecken des Sterns symbolisiert.«
Niklas
gähnte verstohlen, er verstand nicht, was hier so geheimnisvoll sein sollte. Er
wollte keine Bibelstunde, er wollte ein großes Geheimnis erfahren – und nun dies!
»Gedulde
dich noch kurz, bald wirst du den Zusammenhang verstehen«, versprach Thomas.
»Im Laufe
der Jahrhunderte wurde der Davidstern zum Zeichen des jüdischen Glaubens. Da die
Juden bestimmte Berufe ausüben dürfen, die Christenmenschen verboten sind, ist es
einfach, dies mit dem Davidstern anzuzeigen. Zu diesen Berufen gehört unter anderem,
Geld gegen Zinsen zu verleihen, was guten Christenmenschen zum Glück
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