Der Bierzauberer
der
Gehilfen ihnen zur Hand gehen sollte. David hatte die nötige Geduld, ihm auch die
Instrumente zu erklären, deren Gebrauch er bis dahin nicht gekannt hatte.
Neben
den bekannten Hilfsmitteln und Geräten wie Maischeholz und Schaumkelle gab es hier
ein großes Sortiment verschiedener Zangen, Messer, Haken und Hämmer für Brauerei
und Mälzerei, mehrere Arten von Lampen für die jeweiligen Räume sowie einige ganz
neue, ungewöhnliche Sieb- und Trichtervorrichtungen in Sudhaus und Gärkeller.
Die größte
Neuerung war jedoch die Arbeit mit Pech. In St. Gallen wurde auch Bier in Fässer
gefüllt und diese wurden regelmäßig neu gepicht, um sie dicht zu halten. Niklas
lernte den Gebrauch des Blasebalgs, des Pech-Trichters und des Pech-Kessels, lernte,
das Spundloch mit dem Spundmesser auszukratzen, aber auch den Hahn mit Wucht ins
Fass hineinzuschlagen.
Über all
dies machte Niklas sich Notizen und Skizzen.
Ebenso
über die Aufteilung der Brauhäuser. Er kopierte die Zeichnungen mit Erlaubnis von
Notker, so gut er es konnte und versuchte sogar, eigene Entwürfe der Bottiche, Gefäße
und Fässer anzufertigen.
Er bemerkte
schnell, wie unbeholfen und schlecht die Ergebnisse waren. Dennoch waren sie ihm
eine große Hilfe, weil er dadurch die Namen auswendig lernte.
Seine
Zeichenkünste wurden zusehends besser.
Eines
Tages sind meine Bilder vielleicht so gut, dass ich sie sogar jemandem zeigen kann,
dachte er manchmal.
Am liebsten
war ihm das ›Lernen‹, wenn er mit David oder Dieto am Ende des Tages im Brauhaus
auf der Bank saß, frisches Bier trank und sie über neue Rezepturen, Verfahren oder
die jüngsten Brauresultate diskutierten.
Dann blieb
die Zeit für alle drei stehen, und mehr als einmal versäumten sie die Vesper.
Und mehr
als einmal wurde es ein Krug Bier mehr als geplant.
Im Brauhaus,
welchem David vorstand, entdeckte er eines Tages zu seiner allergrößten Freude den
Stern der ›Reinen Brauer‹.
Seit ihm
Bruder Thomas die Bedeutung des Sterns erklärt und ihm den Eid abgenommen hatte,
waren beinahe acht Jahre vergangen.
In Weihenstephan
hatte er Albert bei seinem Abschied zum ›Reinen Brauer‹ eingeschworen. Ansonsten
hatte er in Peters Brauerei gearbeitet und Peter war beileibe kein ›Reiner Brauer‹
gewesen.
Deswegen
hatte er es schon fast wieder vergessen.
Bei der
nächsten Gelegenheit, bei der er mit David allein war, sprach er ihn darauf an:
»Ich habe
vor einigen Jahren in Urbrach den Schwur auf die ›Reinen Brauer‹ geleistet. Seit
wann bist du dabei?«
David
erzählte:
»Ich wurde
vor etwa zwei Jahren von Notker in unser Geheimnis eingeweiht. Mittlerweile ist
Dieto ebenfalls dabei. Reginald hingegen noch nicht. Wir, besser gesagt, Notker,
glauben nicht, dass er den Willen zum ›Reinen Brauer‹ hat. Das war mit ein Grund,
ihn aus dem Brauhaus zu entfernen. Wir mussten nur warten, bis jemand da war, der
seine Arbeit übernehmen konnte. Und du machst deine Sache wirklich gut.«
»Weiß
eigentlich jemand, was Reginald in seiner Kammer treibt, in der er oft stundenlang
beschäftigt ist?«, fragte Niklas. »Hat das noch was mit Bierbrauen zu tun?«
David
wusste es nicht. Beide waren sich indes schnell einig, dass der unfeine, beißend-scharfe
Gestank, der manchmal aus der Kammer waberte, nichts, aber auch gar nichts mit Bier
gemein hatte.
Seine
Neugier war jedoch geweckt und er beschloss herauszufinden, was Reginald so trieb.
17
Mitte September kam die Gelegenheit, mehr über
Reginalds Aktivitäten in Erfahrung zu bringen.
Niklas
wusste, dass Reginald für ein paar Tage verreist war.
Er öffnete
die Tür zu Reginalds Kammer. Neben einem kleinen Tisch, auf dem sich Blätter und
Bücher stapelten, stand ein großer, höherer Tisch.
Dieser
war voll mit seltsamen Apparaturen, die Niklas noch nie zuvor gesehen hatte.
Davor
lagen verschiedene Kräuter.
Da lag
eine Ranunkel, die gegen Nasenbluten und bei Hundebissen empfohlen wurde. Daher
wurde sie auch ›Sanguinaria‹ genannt und war sowohl Arznei als auch Gift. Niklas
kannte die Pflanze, weil er auf Reisen mehrmals gesehen hatte, wie sich Bettler
damit abstoßend aussehende Wunden auf der Haut zufügten, um mehr Mitleid zu erregen.
Daneben
eine wilde Distel, die ›Cameleia‹. Sie wurde gegen Leberbeschwerden, Vergiftungen
und bei Wassersucht eingesetzt. Als Niklas sie anfasste, stach er sich an den langen
Dornen in den Finger.
Auch eine
Hauswurz sah er dort liegen. Der Saft sollte bei Insektenstichen und
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