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Der Bierzauberer

Der Bierzauberer

Titel: Der Bierzauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Thömmes
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nicht
darüber reden konnte.
    Bald ergab
sich erneut eine Möglichkeit, Reginald fuhr wieder für ein paar Tage fort.
    Niklas
machte sich ans Studium der Bücher in Reginalds Kammer.
    Ein Buch
handelte von Alchemie, von der Herstellung von Gold und anderen wertvollen Metallen.
Reginald hatte jedoch nie Anzeichen gezeigt, dass ihm Gold wichtig sei. Daher nahm
Niklas an, dass lediglich die dargestellten Apparaturen für Reginald von Interesse
waren. In der Tat, es herrschte große Ähnlichkeit zwischen den Abbildungen des Buches
und den Aufbauten auf dem Tisch.
    Niklas
wusste bald, anhand der Beschreibungen, zu unterscheiden zwischen Heizkessel, Destillierkolben
und anderen Auffang- und Mischbehältern.
    Andere
Texte erläuterten das Destillieren von Pflanzen, um aromatische Substanzen zu erhalten;
Öle, Rosenwasser und Melissengeist zum Beispiel.
    Reginald
spielte auch mit Stoffen wie Ammoniumsalz, Schwefel, Vitriol und Salpeter. Damit
ließ sich das sogenannte ›aquae acutae – scharfes Wasser‹ gewinnen.
    Mit Wein
oder Bier, jetzt war er sicher, auf der richtigen Spur zu sein, konnte man ›aqua
ardens – brennendes Wasser‹ herausdestillieren.
    In Verbindung
mit ein paar tödlichen Kräutern war so kein Leben mehr sicher.
    Auch wenn
Niklas später feststellen musste, dass Reginalds Motive noch weiter gesteckt waren,
kam er der Wahrheit, die Todesursache betreffend, schon sehr nahe.

18
     
    Im März 1273 wurde der nächste
Tote gefunden.
    Diesmal zwischen zwei Stallgebäuden.
    Der Tote war ein Gefolgsmann
eines hohen Besuchers.
    Wieder vergiftet, aber mit
anderen Symptomen.
    Erneut war keine exakte Diagnose
möglich.
    Die Brüder
in St. Gallen waren sichtlich aufgeregt. Der Abt und Notker, der als Leiter aller
Brauhäuser eine leitende Position im Kloster innehatte, berieten sich.
    Da sie
keinen Verdacht hatten, konnten sie auch keine eigene Ermittlung einleiten.
    Ein paar
Tage später rief Notker seine Brauer zusammen und verkündete:
    »Aufgrund
der ungeklärten Todesfälle in unserer Mitte haben wir beim Heiligen Stuhl in Rom
einen Inquisitor beantragt. Er wird in Kürze erscheinen und die Fälle untersuchen.
Haltet euch bereit, auch wir werden dazu befragt werden.«
     
    Dieto, David und Niklas sprachen
in den nächsten Tagen des Öfteren über den angekündigten Inquisitor. Alle drei kannten
die Inquisition eigentlich bislang nur vom Hörensagen, aber das Wenige reichte aus,
um alle in Angst und Schrecken zu versetzen.
    War einmal
der Verdacht des Ketzertums auf einen gefallen, so war es fast unmöglich, diesen
wieder loszuwerden. Der große Kirchenlehrer Augustinus von Hippo, der vor fast 1000
Jahren gelebt hatte, hatte das Fundament dafür gelegt, indem er Andersgläubige als
›Unkraut‹ und ›Tiere‹ bezeichnet hatte.
    »Diese
Frösche sitzen im Sumpf und quaken: ›Wir sind die einzigen Christen!‹ Doch mit offenen
Augen fahren sie zur Hölle hinab.« Augustinus akzeptierte die Notwendigkeit, Andersgläubigen
durch harte Strafen, striktes polizeiliches Durchgreifen und Verbot des Zugangs
zu Gerichten zuzusetzen. Seine Rechtfertigung war ein Satz aus dem Gleichnis Jesu:
»Nötige die Leute hereinzukommen – cogite intrare«, wie es im Evangelium des heiligen
Lukas geschrieben steht. Er machte jedoch aus ›nötige sie‹ ein ›zwingt sie‹; damit
nahm das Unheil seinen Lauf. Duldung war für Augustinus nur ›unergiebig und nichtig
– infructuosa et vana‹. Er forderte die Bekehrung Andersgläubiger durch ›heilsamen
Zwang – terrore perculsi‹. Dieser ›heilsame Zwang‹ wurde mittlerweile ›peinliches
Verhör‹ genannt und viele Verhörte überlebten dies nicht oder blieben für den Rest
ihres Lebens verkrüppelt oder geisteskrank.
    Dies wollten
die drei St. Galler Brauer um jeden Preis vermeiden.
    Im Kloster
kursierte ein Bild von einem Verhörkeller der Inquisition. Seit Niklas nur einmal
einen Blick auf dieses Bild erhascht hatte, wurde er zeitweilig von Alpträumen geplagt.
     
    Seit dem Konzil von Toulouse
im Jahre 1229 war es sehr einfach geworden, unliebsame Feinde an die Inquisition
auszuliefern, die offiziell in den Händen der Dominikaner lag. Die heimliche Denunziation
wurde von allen offiziellen Stellen gebilligt.
    Wer mit
einem Ketzer verkehrte – sei es auch nur in einem Wirtshaus – oder ihm Almosen gab
oder mit ihm verheiratet war, machte sich bereits verdächtig. Wer auf eine Vorladung
nicht erschien, galt bereits als schuldig. Wer erschien, wurde allerdings

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