Der Bierzauberer
Schuldige wird ohne Vergebung in der Hölle schmoren.«
Nur Bernard
war inzwischen so verblendet, stur und starrsinnig, so überzeugt von Niklas’ Schuld,
dass er alles, was Reginald geschrieben hatte, als Auswüchse von dessen spätem Wahnsinn
sah.
›Vielleicht
haben sie gemeinsam die teuflischen Experimente unternommen, Niklas war auf jeden
Fall dabei. Diese ›Reinen Brauer‹ mit ihrem geheimen Zeichen, das ist Teufelswerk.‹
Wenn sogar
die Heilige Inquisition Niklas freisprach, dann musste er sich allein an die Verfolgung
machen.
Die Zukunft von Niklas und
Maria war indes völlig unklar, als am Allerheiligentag des Jahres 1275 in der ›Gestochenen
Sau‹ ein Vorbote des Schicksals erschien, in Form seines Brotherrn und seines hohen
Gastes.
Der hohe
Gast war niemand Geringerer als Albertus, genannt ›Magnus – der Große‹.
Niklas
hatte in allen Klöstern, in denen er tätig gewesen war, von ihm gehört. Ein großer
Kirchenlehrer mit dem Ehrentitel ›doctor universalis‹ und mit vielen anderen Namen;
neben dem ›Großen‹ wurde er bisweilen einmal als Albert der Deutsche, ein anderes
Mal als Albert von Lauingen, gelegentlich sogar falsch als Albert von Bollstädt
tituliert.
Albertus
hatte immer den Ruf eines Alchimisten besessen, weil er als allwissend galt und
überdies Werke der Heiden, Araber, Hexen und allerlei andere verbotene Bücher studiert
hatte.
Er war
mittlerweile bereits 75 Jahre alt, aber immer noch von großer Statur und sprach
mit sonorer, beinahe dröhnender Stimme, die er über die Jahrzehnte als Dozent und
gefragter Disputant gekräftigt hatte. Albertus Magnus war Philosoph, Naturwissenschaftler,
Theologe, Dominikaner und 15 Jahre zuvor sogar Bischof von Regensburg gewesen. Und
auch wenn Niklas gewusst hätte, dass Albertus ein Dominikaner war, es hätte an ihrem
Zusammentreffen nichts geändert. Seit fünf Jahren nämlich lebte Albertus zurückgezogen
im Dominikanerkloster zum Heiligen Kreuz in Köln.
Nun, bei
einem seiner selten gewordenen Besuche an seiner früheren Wirkungsstätte, hatte
er auch seinen alten Freund Albrecht von dem Marchte besucht. Und dieser hatte Albertus
voller Stolz von seiner neuerdings florierenden Brauerei berichtet.
Albertus
erzählte daraufhin von seinen eigenen Scherflein, welche er zur Geschichte des Bieres
beigetragen hatte:
»Die Kölner
sind ja so geldgierig, alle wollen immer die Finger im Steuertopf haben. Nun lasst
uns erst einmal Euer Gebräu hier verkosten. Ich habe ein gutes Bier immer zu schätzen
gewusst«, wie er jetzt lachend zu Albrecht sagte, »nur bei Euch gab es noch niemals
was Gutes zu trinken. Mal sehen, ob Ihr recht habt mit Eurer Prahlerei.«
Beide
setzten sich in die Bierstube neben dem Brauhaus, baten Niklas zu sich und trugen
ihm auf, »das beste Bier Regensburgs auf den Tisch zu bringen«.
Niklas
kredenzte sein süßestes, dunkelstes Bier, setzte sich zu ihnen und alle drei langten
kräftig zu. Der süße Malzgeruch verbreitete sich in der Stube.
»Das ist
ja mal ein prächtiges Gesöff«, jubelte Albertus bereits nach dem ersten Köpfl, »und
das in sehr großen Krügen. Bei uns in Köln sind die Krüge viel kleiner!«
Niklas
lächelte, war seine Meinung hinsichtlich der Größe der Regensburger Krüge doch gerade
andersherum.
»So, schenkt
noch einen ein, dann erzähle ich Euch die Geschichte vom Kölner Biersteuerkrieg.
Vor knapp 40 Jahren – So lange ist das schon her? – ergatterte der Kölner Erzbischof
vom Kaiser Friedrich II. das Privileg, die Biersteuer zu erheben und einzutreiben.
Er brauchte nämlich sehr viel Geld für seinen neuen Dom. Dabei hatten die beiden
Gauner vergessen, dass die Kölner bereits seit Längerem einen Mahl- und Braupfennig
an den Kölner Rat abführen mussten. Die Kölner wehrten sich gegen diese Doppelbesteuerung,
indem sie erst mal kein Bier mehr tranken. Und das fast 20 Jahre lang. Das hält
doch auf Dauer kein Mensch aus, die Steuergelder fehlten ebenso, und so wurde ich
als Schiedsmann gerufen. Und damit wir alle wieder unser Bier genießen konnten,
habe ich vorgeschlagen, die Steuern sollten auf zehn Jahre hin genau zwischen dem
Erzbischof und der Stadt geteilt werden. Das war ein sehr leichtes Urteil, alle
haben es angenommen und ich wurde nicht nur gut entlohnt dafür, sondern kann auch
auf Lebenszeit in Köln mein Bier umsonst trinken. Und das ist auch bereits mehr
als 20 Jahre her.«
Er holte
Luft, um einen weiteren Schluck Bier zu nehmen.
»So etwas
wie das
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