Der Bierzauberer
Wirtshausrauferei verletzt, halfen Mosche und Salomon in der Brauerei
aus und putzten einmal gründlich durch. Danach war die Brauerei so sauber wie am
ersten Tag. Niklas dachte, dass diese Seiten der Religion für seinen Beruf durchaus
Vorteile hätten.
Vielleicht
sollten meine Knechte zum jüdischen Glauben wechseln, wenn sie dann die Brauerei
sauberer halten, dachte er manchmal, wenn die Reinlichkeit mal wieder zu wünschen
übrig ließ.
Der Winter von 1283 auf 1284
war lang und kalt. Die Öfen Kölns rauchten auf Hochtouren, das Brennholz wurde knapp.
Im Februar konnten sich nur noch die wohlhabenden Kölner leisten, das ganze Haus
zu heizen. In den meisten Häusern wurde lediglich der Ofen in der Küche geheizt.
Auch Niklas
musste mit dem Brennholz in der Brauerei haushalten. Die Bierpreise stiegen dadurch
an, die Leute tranken weniger, und alle hofften auf einen baldigen Frühling.
Im Judenviertel
wurde mehr geheizt als in anderen Vierteln Kölns, dort gab es mehr wohlhabende Bürger
als anderswo. Und mitten in dieser bitteren Kälte brach Ende Februar 1284 in der
Judengasse ein Feuer aus. Anscheinend hatte ein Ofen der andauernden Belastung nicht
standgehalten und war geplatzt. Das dabei entstehende Feuer griff schnell auf andere
Häuser über. Die Bürger, die in der grimmigen Kälte auf die Straßen liefen, um zu
helfen, hatten zu wenig Wasser, weil fast alle Pütze zugefroren waren und man sie
erst aufschlagen musste. Zum Rhein am alten Markt war es zwar nicht weiter als zu
den Pützen, aber dennoch dauerte auch das zu lange.
Mosche
und Salomon waren gleich auf die Straße gelaufen, nachdem ihr Haus Feuer gefangen
hatte. Sie versuchten verzweifelt, Hilfe zu finden, die ihre Eltern aus dem Haus
retten würde.
Die meisten Menschen waren
damit beschäftigt, zu verhindern, dass das Feuer auf das teure, von den Geldern
aller Bürger erbaute Rathaus übergriff.
Als diese
Gefahr gebannt schien, wandten sie sich den Häusern in der Judengasse zu, nur für
die Häuser im Zentrum des Feuerballs kam jede weitere Hilfe zu spät.
Fünf Häuser
wurden komplett zerstört, darunter das Rosenzweig-Haus. Acht anliegende Häuser wurden
so schwer beschädigt, dass die Bewohner sie verlassen und sich komplett neu einrichten
mussten.
Noch tagelang
waberte der Rauch der Feuersbrunst, gemischt mit dem Geruch von verkohltem Fleisch,
in einer Rußwolke durch die Altstadt.
Nach drei
Tagen waren die Trümmer so weit abgekühlt, dass man die zerstörten Häuser räumen
konnte.
David
Rosenzweig und seine Frau, oder besser, was von ihnen übrig geblieben war, wurden
tot in dem Raum gefunden, der unterhalb des Schlafzimmers gewesen war. Die steinernen
Wände des Hauses waren stehen geblieben, die Holzböden waren verbrannt und alles
war ins Erdgeschoss gefallen, sofern es nicht verbrannt war.
Ob sie
am Rauch gestorben oder verbrannt waren, ließ sich nicht mehr feststellen.
Niklas
hatte noch in der Nacht des Feuers die beiden Jungen gesucht und sie bis zur Klärung
der Lage bei sich untergebracht. Er ging davon aus, dass die beiden Vollwaisen Verwandtschaft
innerhalb der jüdischen Gemeinde hatten, die sich um sie kümmern konnte.
Das war
aber nicht der Fall.
Niklas fragte Mosche und Salomon,
ob sie bei ihm bleiben mochten. Beide, völlig verstört von den Ereignissen, stimmten
zu.
Niklas
wollte also die beiden Jungen, die 13 und 15 Jahre alt waren, an Kindes statt offiziell
annehmen.
Natürlich
mit dem Hintergedanken, dass die beiden zwei hervorragende Brauer abgeben würden.
Doch der
Rabbi wollte dies nicht zulassen.
»Solange
es Juden in Köln gibt, werden wir unsere Waisen nicht in die Hände von Nichtjuden
geben, so freundlich sie uns auch gesonnen sein mögen!«, predigte er vor den Jungen
und vor Niklas’ Familie.
Niklas
fand keine Möglichkeit, den Rabbi umzustimmen. So wurde ein jüdischer Vormund namens
Samuel Hirsch bestimmt, der mit David Rosenzweig befreundet gewesen war. Niklas
hatte ihn zwei- bis dreimal in Rosenzweigs Laden gesehen und sich immer kurz mit
ihm über Bücher unterhalten.
Hirsch
stimmte zu, dass die beiden Jungen in der Brauerei arbeiten durften, aber nur unter
zwei Bedingungen.
Die Schule
und das Studium durften nicht zu kurz kommen und Niklas musste zusagen, beim Essen
und Trinken für die beiden jüdische Regeln einzuhalten.
Niklas
versprach beides, auch dem Rabbi, der das letzte Wort hatte.
Nach einer festlichen Beerdigungsprozession
für die 14 Juden unter den 18
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