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Der Bierzauberer

Der Bierzauberer

Titel: Der Bierzauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Thömmes
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nahm: Der Sieger von Worringen ist
ein Praxator!
    Außerdem
erwählten sie sich einen Schutzheiligen, wie die anderen Berufe es bereits getan
hatten. Das durch die Schlacht von Worringen gestiegene Renommee der Brauer verlangte
dies geradezu. Albertus Magnus hatte diese Idee bereits Jahre zuvor, bevor Niklas
in Köln arbeitete, angeregt und er hatte dazu einen Vorschlag gemacht. Nach Meinung
von Albertus sollte ein Dominikaner der Schutzpatron der Kölner Brauer werden: der
heilige Petrus von Mailand. Dieser war zwar Zeit seines Lebens niemals in Köln gewesen.
Er war aber, obwohl erst 40 Jahre tot, bereits ein anerkannter Schutzheiliger der
Feldfrüchte und gegen Unwetterschäden. Und Unwetter und Missernten fürchteten die
Brauer mehr als alles andere.
    Der Überlieferung
nach wurde Petrus von Mailand auf einer Mission 1252 in Farga bei Como von zwei
Ketzern durch einen Schwertstoß in den Kopf ermordet und bereits ein Jahr später
von Papst Innozenz IV. heiliggesprochen.
    Auch nach
seinem Tod hatte Albertus’ Stimme noch immer Gewicht. Er war durch seine große Liebe
zum Bier so etwas wie das geistige Zentrum der Kölner Brauer gewesen, den alle respektiert
und um sein Urteil angerufen hatten, wenn es Streit gegeben hatte. Nachdem St. Petrus
von Mailand nach heftigen Debatten auserwählt wurde, beschlossen die Kölner Brauer
zudem, die gerade im Umbau befindliche Kirche St. Andreas zur Brauerkirche zu erheben.
Dort wurde ab dann an jedem 29. April zu Ehren von St. Petrus von Mailand ein Patronatsfest
abgehalten.
     
    Das Leben in Köln war lebhaft
und unterhaltsam. Niklas und seine Familie nahmen regen Anteil und hielten sich
in jeder freien Minute auf Kölns Straßen und Plätzen auf.
    Häufig
baute er einen Stand auf, wenn etwas Besonderes passierte, und verkaufte das eine
oder andere Fass Bier. Der Platz ohne Namen war immer gut für Schauspiele aller
Art. Tierkämpfe erfreuten sich besonderer Beliebtheit. Hunde gegen Bären, Hunde
gegen Stiere oder Ratten, Hunde untereinander oder Hahnenkämpfe; immer ging es recht
grausam zu.
    Das Publikum
zahlte wenig, wollte aber viel Blut sehen. Und je heftiger ein Kampf war, desto
größer war der Bierdurst der Zuschauer.
    Eine weitere
beliebte Form der Volksunterhaltung waren die öffentlichen Prediger auf den Kölner
Marktplätzen. Manchmal ging Niklas mit Maria hin, obwohl Maria die Dinge, die die
Prediger von sich gaben, ernster nahm als er und obwohl er manchmal auch Bernard
predigen sah. Dann ergriff er Marias Arm und ging schnell weiter.
    Einige
Redner ergingen sich in recht drastischen Worten über die ach so sündigen Kölner
Bürger. Jeder hatte seine Lieblingssünder, einer der Prediger schimpfte über die
Säufer und den ihnen innewohnenden ›Saufteufel‹, ein anderer am liebsten über die
Frauen von Köln:
    »Ihr Lasterweiber,
Kussmäuler und Sausuhlen«, schrie er sich fast in eine Ekstase hinein, »an euch
mästet sich der Satan wie an leckeren Bissen! Grausam wird er euch verschlingen,
wie ihr ehrbare Männer verschlingt. Löwinnen seid ihr, die mit gesträubter Mähne
leichtsinnige Männer zu blutiger Umarmung an sich zerren, wütende Nattern seid ihr!«
    Und so
ging es weiter, manchmal stundenlang.
    Dann forderte
der Sprecher die Sünderinnen auf, ihm zur Beichte zu folgen.
    Häufig
kam es dabei in den Beichtkammern zu Gewalttaten, Notzucht und Vergewaltigung.
    Da sich
die katholische Geistlichkeit in Köln aufgrund ihrer Unbeliebtheit merklich zurückhielt,
war das Unwesen der falschen Geistlichen mittlerweile etwas außer Kontrolle geraten.
    Auch Maria
war schon mal an einen falschen Beichtvater geraten, hatte sich jedoch losreißen
und weglaufen können.
    Daher
wurde in diesem Sommer eine neuartige Beichtkammer vorgestellt, die Beichtstuhl
genannt wurde. Die große Neuerung war, dass Beichtvater und Beichtende durch eine
Wand getrennt waren. Dadurch konnte man sich zwar hören, jedoch nicht mehr sehen.
    Und alle
Kölner, besonders die Frauen, wurden angehalten, den Beichtstuhl nur dann zu betreten,
wenn der Beichtvater bereits darin saß.
    Was die
unter Umständen falschen Geistlichen mit sich und ihren lüsternen Gedanken anstellen
würden, während sich die Frauen bei ihnen erleichterten, erschien dem Kölner Rat
als das kleinere Übel.
    Die Erfindung
funktionierte, in kurzer Zeit ging die Zahl der Notzuchtverbrechen drastisch zurück.
     
    Überhaupt, die Kölner waren
sehr erfinderisch, in Sachen der Kirche wie des Geldes. Und am besten darin,

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