Der Bierzauberer
nahezu
ungenießbar war, obwohl er sich immer seltener in Köln aufhielt. Sein Verhältnis
mit dem Rat der Stadt Köln war zwar immer noch angekratzt, mit den Kaufleuten und
Handwerkern kam er notgedrungen gut aus. Siegfried wusste, dass viele Bürger gegen
ihn gekämpft hatten, war jedoch nicht in der Lage, ihnen dies heimzuzahlen.
Nach einigen
Erkundigungen fiel seine Wahl auf Niklas. Siegfried war gut mit Albertus Magnus
befreundet gewesen und hatte mit diesem die Liebe zum Bier geteilt. Albertus hätte
ihm sicherlich Niklas empfohlen, hätte er dessen Brauerei in Köln noch miterleben
können. Irgendwie hatte Siegfried aber doch erfahren, dass Niklas Albertus einmal
ein besonderes Trinkerlebnis beschert hatte. Also bestellte Siegfried bei Niklas
im März 1290 fünf Fässer vom stärksten Bier, nicht ohne den Hinweis, dass das Bier
für den Papst bestimmt war. Daher sollte er es sich als Ehre anrechnen und das Bier
ohne Bezahlung herausgeben.
Niklas
konnte zu diesem Zeitpunkt, da der Winter bald zu Ende ging, nicht so viel Bier
herstellen, wie die Kölner tranken. Außerdem wollte er nicht unbedingt mit einem
politischen Gegner Geschäfte machen. Daher sagte er ab.
Wutentbrannt
schickte Siegfried seinen Legaten zu Niklas, der zog jedoch unverrichteter Dinge
wieder ab. Innerhalb der Mauern von Köln war Siegfried machtlos und musste sich
den Gesetzen des Kölner Gewerbes unterwerfen. Schließlich gab er nach, sandte einen
Wagen für die Fässer und zahlte gleich.
Er brauchte
nicht nur das Bier, er wollte nicht auch bei den anderen Kölner Handwerkern in Verruf
geraten, die seit 1248 an der neuen, großen Kathedrale St. Peter und Maria bauten.
In diesem
neuen Dom sollten die Gebeine der Heiligen Drei Könige ihre letzte Ruhe finden,
die der Erzbischof Rainald von Dassel 1164 nach der Eroberung Mailands mit nach
Köln gebracht hatte.
Die Kathedrale
war allen Kölnern ein Anliegen, aber der gute Ruf und die prompte Zahlung der Bauherren
waren wichtiger, sonst stellten die Kölner schnell die Arbeit ein.
»Ich hoffe,
dass Euer Gebräu den Aufwand wert ist«, sagte der Legat bei der Abholung des Wagens.
»Sonst gnade Euch Gott oder der Papst. Ich weiß nicht, was schlimmer ist!«
Nach ungefähr
zwei Monaten war die kostbare Fracht, zusammen mit anderen Geschenken, in Rom angekommen.
Im Sommer
erhielt Niklas wieder Besuch von Siegfrieds Legaten. Diesmal war er äußerst freundlich,
fast schon unterwürfig.
»Seine
päpstliche Hoheit war sehr angetan von Eurem Gebräu. Es sei das beste Bier, was
er jemals getrunken habe. Er bietet Euch an, nach Rom zu gehen und dort für die
Kurie zu brauen. Es soll Euch dort an nichts mangeln.«
Niklas
verschlug es die Sprache.
»Darf
ich darüber drei Tage Bedenkzeit haben?«, fragte er.
Er bekam
sie.
Niklas
jedoch entschied sich, in Köln zu bleiben. Er wusste um die Kurzlebigkeit der meisten
Päpste. Nikolaus IV. ging schon ins vierundsechzigste Lebensjahr, die Ehre, päpstlicher
Bierbrauer zu sein, wäre wahrscheinlich keine Berufung von Dauer.
Und dann
müsste er wieder von vorne anfangen.
Um dies
nicht als Beleidigung oder Abwertung klingen zu lassen, entschied er sich für den
indirekten Weg.
»Ich habe
lange Jahre an dieser Bierrezeptur gearbeitet. Nur hier in Köln finde ich das Wasser,
das Malz, den Hopfen und das Zeug, all die Zutaten, welche dieses Bier zu etwas
Besonderem machen. In Rom wäre mein Bier nicht mehr so gut. Lasst mich die päpstliche
Tafel von Köln aus versorgen. Ich verspreche, dass immer ein Wagen nach Rom unterwegs
sein wird.«
Der Legat
murrte halbherzig, gab sich aber letztendlich zufrieden mit der Antwort.
Auch er
und Siegfried von Westerburg hatten Gefallen an Niklas’ Bier gefunden. Sie hätten
es vermisst, wäre er nach Rom gegangen.
Mit den
Gedanken beim päpstlichen Durst, beschloss Niklas, die Brauerei zu vergrößern, um
der neuen Nachfrage Herr zu werden.
Von Beginn
der Brauerzeit im Winter 1290/91 an ging alle vier Wochen ein Wagen mit zwölf Fässern
Bier Richtung Rom.
Siegfried
von Westerburg zahlte, wenngleich einen vorher vereinbarten päpstlichen Sonderpreis.
Er wusste,
was er der Macht in Rom schuldig war. Und ebenso, dass man sie unter Umständen immer
mal wieder benötigte.
In Köln hatte Bernard von
Dauerling inzwischen ein neues Stammlokal gefunden. In der Schildergasse, in Bodos
Brauhaus, war er immer willkommen. Bodo hörte gerne zu, wenn Bernard seine Schauergeschichten
über teuflische ›Reine
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