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Der Bierzauberer

Der Bierzauberer

Titel: Der Bierzauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Thömmes
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solange man den Stein in den Einwurfschlitz
hineinbekam.
    Schwerer
aber wog der Vorwurf, die Trunkenheit von Kindern damit zu fördern. Diese stahlen
die Steine aus den Taschen argloser Zecher und berauschten sich dann bis zur Bewusstlosigkeit.
    Niklas
schaffte Abhilfe, indem er den Automaten bewachen ließ, Tag und Nacht. Damit war
allerdings dem Gerät ein Teil seines Sinns genommen, nämlich der, ohne menschliche
Hilfe auskommen zu können. Und billiger wurde das Bier dadurch auch nicht.
    Im nächsten
Januar fand Niklas erstmals Steine in der Münzkassette, die nicht von ihm waren.
Der Automat war bereits das Ziel von Falschmünzern geworden, vor allem deshalb,
weil die Steinmünzen leichter zu fälschen waren als echte Münzen. So langsam verstand
er, dass die Zeit für diese Art von Automaten noch nicht gekommen war.
     
    Und um den Streit nicht auf
die Spitze zu treiben, ließ er in einer Erklärung, die nur so troff vor Demut und
Zerknirschung, das Ende des Bierautomaten bekannt geben. Der vom Hahnentor und der
andere, den Otto gerade fertiggestellt hatte, wurden in seinem Brauhaus ausgestellt,
aber nicht mehr befüllt.
    Dennoch
war das Geschäft mit dem Automaten einen Winter lang so lukrativ gewesen, dass Niklas
kein Geld damit verloren hatte.
    Er war
überhaupt froh, in diesem Winter Bier verkauft zu haben. In anderen Regionen Deutschlands
hatte man den ›Bierpott‹ höher hängen müssen. In Bayern zum Beispiel hatte es 1292
wieder einmal eine Missernte gegeben, und die niederbayerischen Herzöge Ludwig und
Otto hatten per Dekret erlassen, dass es sinnvoller sei, aus dem knappen Getreide
Brot und nicht Bier herzustellen.
     
     

     
    Prinzipskizze
des Bierautomaten

20
     
    Die Qualität der von Niklas
hergestellten Biere war in der Regel über jeden Zweifel erhaben. Durch Besucher
aus Regensburg, die im ›Stern‹ einkehrten und anderen Gästen aus Niklas’ Regensburger
Zeit erzählten, kam sein alter Spitzname, der Bier-Magus, wieder zu Ehren. Vor Bodo
und Bernard hatte er eigentlich keine Angst mehr. Bodo hielt sich sehr zurück und
Bernard war ihm in seiner Kölner Zeit noch nicht in Person begegnet. Langsam vergaß
er, dass Küpper ihm überhaupt davon erzählt hatte. So fühlte sich Niklas in Köln
sicher vor Vertretern der Heiligen Inquisition und so versuchte er diesmal nicht,
die Verbreitung des Spitznamens zu unterbinden.
    Er hatte
sich inzwischen seinen Platz unter den Kölner Brauern gesichert. Unter anderem hatte
ihm dabei die Erkenntnis geholfen, dass es manchmal hilfreicher ist, nicht alles
besser zu wissen. Einige seiner Ideen hatte er sogar mit anderen Kölner Brauern
geteilt, obwohl sie seiner Meinung nach keine ›Reinen Brauer‹ waren. Für ein paar
Jahre herrschten Ruhe und Frieden in Köln, genauso wie in Niklas’ Leben.
     
    Niklas hatte sich mit regelmäßigen
Bierlieferungen auf der großen Dombaustelle bekannt gemacht. Allerdings war er das
eine oder andere Mal mit Meister Arnold, dem Leiter der Baustelle, in Streit geraten
wegen zu üppiger Zuteilungen für die Gerüstarbeiter.
    Arnold
trank niemals auch nur einen Tropfen Bier und missbilligte den Ausschank, konnte
ihn jedoch nicht verbieten. Klein und hager von Gestalt, war er doch mit einer gewaltigen
Stimme ausgestattet, die er für diese große Baustelle dringend benötigte. Er fühlte
sich wie ein Vater für seine Arbeiter verantwortlich.
    »Jeden
Mann, der mir betrunken vom Gerüst fällt, werde ich Euch in Rechnung stellen!«,
hatte Arnold ihn angefaucht.
    Niklas
hatte Verständnis für Arnold, sah er doch die Gefahr, die von den Gerüsten ausging.
Er versprach, die Biere nur noch an Arbeiter nach Ende ihrer jeweiligen Schicht
auszuschenken. Bis auf einige wenige Ausnahmen hatte das schon seit Längerem gut
funktioniert.
    Eine dieser
Ausnahmen war leider Arnolds Sohn Johannes, der, im Gegensatz zu seinem Vater, von
Leidenschaft für Niklas’ Bier erfüllt war.
    Klein
von Wuchs wie sein Vater, hatte er sich in jungen Jahren bereits eine recht rote
Zechernase erworben, und wenn er, ausgestattet mit einem ansehnlichen Bäuchlein,
das Baugerüst erkletterte, erzitterte es wie vom Sturm gebeutelt.
    Und mehr
als einmal war Johannes nach Arbeitsende mit seinen Steinmetzen im ›Brauhaus zum
Stern‹ eingefallen und hatte ein wüstes Gelage veranstaltet. Für Niklas grenzte
es an ein Wunder, dass auf der Baustelle nicht mehr Unfälle geschahen.
    Doch Arnold,
der die Dombaustelle seit 1262 beherrschte, wurde langsam alt. Er

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