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Der Bilderwächter (German Edition)

Der Bilderwächter (German Edition)

Titel: Der Bilderwächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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mehrfach hatte tun müssen.
    Meine Mutter, die nie ein Problem darin sah, andere für ihre Zwecke einzuspannen, hatte auch ihn um den Finger gewickelt. Wahrscheinlich hatte sie einen Deal mit ihm ausgehandelt: Sie versuchte alles, um mich daran zu hindern, wieder Detektiv zu spielen, wie sie es nannte. Im Gegenzug versprach er ihr, mir keinesfalls zu erlauben, seine Ermittlungen zu behindern.
    Dabei war das nie meine Absicht gewesen. Ich war jedes Mal ganz zufällig hineingeraten. Es war ja nicht so, dass ich mir je gewünscht hätte, in ein Verbrechen verwickelt zu werden. Lieber hätte ich in Ruhe und Frieden in unserer WG gelebt und von Gewalttaten nur aus den Nachrichten erfahren.
    Vor allem wünschte ich mir, Caro würde noch leben.
    Mit ihrem Tod hatte alles angefangen. Seitdem folgte uns das Verbrechen auf Schritt und Tritt.
    Sicherlich hätte ich auch ohne diese Erfahrungen Psychologie studiert. Aber wahrscheinlich wäre ich nicht auf die Idee gekommen, Polizeipsychologin zu werden. Eher hätte ich mich für Tilos Weg entschieden.
    Vielleicht in einem Heim für Demenzkranke gearbeitet. Oder in einer eigenen Praxis.
    Obwohl …
    Das Studium befähigt zum Erklären und Vorhersagen menschlichen Handelns und Erlebens.
    Es war einer der ersten Sätze, die mir auf der Website der Uni Köln aufgefallen waren. Im Nachhinein betrachtet, kamen sie mir vor wie ein Orakel.
    Wenn man die Psyche eines Täters entschlüsseln konnte, war man dann nicht auch dazu in der Lage, seinen nächsten Schritt vorherzusehen?
    Und ein Verbrechen zu verhindern?
    Dieser Gedanke elektrisierte mich.
    Erst als die Leute auf ihr Pult klopften und schwatzend die Laptops zusammenklappten, während der Dozent mit langen Schritten den Hörsaal verließ, wurde mir bewusst, dass ich vom letzten Teil der Vorlesung kaum etwas mitbekommen hatte.
    » Toller Typ«, schwärmte eine Studentin hinter mir. » Den würde ich nicht von der Bettkante schubsen.«
    » Muss mir mal einen Termin in seiner Sprechstunde geben lassen«, säuselte eine andere.
    Beide lachten.
    Ich fragte mich, ob Tilo bei seinen Vorträgen wohl auch so umschwärmt wurde, so verheißungsvollen Verführungen ausgesetzt war. Und wie er damit umging.
    Mein Magen knurrte.
    Ich hätte jetzt gern mit irgendwem zu Mittag gegessen, doch ich hatte keine Lust, ein Gespräch anzufangen. Ständig musste ich an Mike denken, der das winterliche Verkehrschaos hoffentlich überwunden hatte und mit dem kleinen Lieferwagen, den er sich gebraucht zugelegt hatte, mittlerweile in Düsseldorf angekommen war.
    Und an Ilka.
    Wenn sie das Wochenende nicht abwarten konnte, um mit Mike zu reden, hatte das todsicher einen triftigen Grund.
    Ich kannte diese Unruhe in mir.
    Sie stieß ein Gefühl an, auf das ich nur zu gern verzichtet hätte.
    Angst.
    Fast unmerklich machte sie sich in mir breit.
    Ebenso wie die böse Vorahnung, die ich am liebsten ignoriert hätte.
    Ich packte meine Sachen und mischte mich in den Strom der Studenten, in dem ich mich für einen Moment aufgehoben fühlte.
    Doch dann stand ich draußen auf dem Flur und die Vorahnung ließ mein Herz schneller klopfen.
    » Hi«, hörte ich da Lukes Stimme hinter mir.
    Bevor er mehr sagen konnte, hing ich schon an seinem Hals und atmete den Duft seiner Haut ein und hätte ihn am liebsten nie wieder losgelassen.
    » Hey«, flüsterte er mir ins Ohr. » Hey. Was ist denn los mit dir?«
    Ich schmiegte mich an ihn und fühlte, wie seine Ruhe über mich glitt. Für den Augenblick war alles, wie es sein sollte.
    » Nichts«, murmelte ich. » Hauptsache, du bist da.«
    » Ich bin immer bei dir«, sagte er leise. » Auch wenn ich nicht bei dir bin.«
    Das klang nicht logisch. Aber er küsste mich und ich hörte auf nachzudenken.

Die Fahrt war ein Albtraum gewesen. Mike war von einem Stau in den nächsten geraten. Obwohl der Schneefall nicht sehr heftig gewesen war, hatte sich ein weißer Film auf der A 57 gebildet, der sich rasch in eine bedrohliche Rutschbahn verwandelt hatte.
    Wie immer reagierten die Autofahrer panisch. Sie fuhren zu langsam oder zu schnell, bremsten im falschen Moment oder völlig unnötig ab und wurden zu unberechenbaren Gefahrenquellen.
    Die Seitenstreifen wurden immer wieder von liegen gebliebenen Fahrzeugen blockiert, und die Mitarbeiter des ADAC hatten Hochkonjunktur.
    Auf der Höhe von Uedesheim schließlich war gar nichts mehr gegangen. Mehrere Lastwagen waren ineinander gefahren und hatten sich verkeilt. Mike hatte mehr als

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