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Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Titel: Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Spurrier
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preschte vorwärts, brach in den Raum ein, den Sandra so dominant für sich beansprucht hatte. Und streckte die Arme nach seinem Geliebten aus.
    Dann geschah alles gleichzeitig.
    Sandra verschwamm. Lose durchhängende Marionettenfäden spannten sich abrupt, Muskelerinnerungen sprachen instinktiv an. Ohne etwas davon zu bemerken, ging Tal stolpernd in die Hocke, griff mit den Händen nach Vinces Gesicht …
    Und etwas Silbriges blitzte auf.
    Und aus dem Schrei des Jungen wurde ein kraftloses Röcheln.
    Blut spritzte auf, die Schwerkraft schlug zu, eine gebrochene Stimme gurgelte durch Honig, und Talvirs Augen rollten verwirrt in den Höhlen.
    »Ich sagte, zurückbleiben!«, kreischte Sandra, eine Art reflexartiger Verteidigung vor einem kosmischen Gerichtshof. »Ich hab es ihm doch gesagt! «
    Das Messer hielt sie nach wie vor gezückt, den Arm gerade zu einer Seite vorgestreckt. Sie blinzelte, als würde ihr endlich bewusst, was gerade geschehen war, dann kehrte sie dem zusammengekrümmten Jungen den Rücken zu und stapfte zurück zu ihrem Vater und ihrem Sohn.
    Tal kauerte auf den Knien, der Oberkörper aufrecht – noch. In seiner Kehle klaffte ein Schlitz.
    Die Wunde schien an einem Rand zu rülpsen und einen mit der Verwirrung in Talvirs Blick gänzlich unvereinbaren, heftigen Strahl hervorzuspeien, dann trat am anderen Rand blubbernd zähflüssiger, sauerstoffarmer Schleim hervor. Mit Grauen sah Shaper, dass sich Vinces Augen unter dem Jungen geöffnet hatten, flatternd zwar, aber voller Bewusstsein. Ihr Blick heftete sich durch bleierne Benommenheit auf die Jugend, die sich über ihn ergoss. Der große Mann versuchte, die Hände zu heben und etwas zu seinem Liebhaber zu sagen, bevor die Verwirrung in dessen Augen erlosch und sein langsamer Zusammenbruch endete. Aber Vinces Körper wollte ihm nicht gehorchen – Shaper konnte die Frustration über seine nutzlosen Bemühungen erkennen –, und seine Lippen waren zu kraftlos, um Worte zu bilden. Und so musste Vince hilflos mit ansehen, wie Talvir seinen Lebenssaft verlor, nach vorne kippte, mit dem Kopf gegen die Wand prallte und seitwärts auf seinem Schoß landete.
    Röchelnd und zuckend … bis er schließlich reglos verharrte.
    Lange, lange Zeit herrschte Stille.

Kapitel 39
    Irgendwann wurde sich Shaper der Notwendigkeit zu atmen bewusst. Flüchtig fragte er sich, wie lange er die Luft angehalten haben mochte.
    Neben ihm hatte Mary die Hände über den Mund geschlagen – eine elegante Vision eines stummen Traumas –, und er konnte fühlen, wie durch denselben Impuls die Kraft seiner Krankheit in ihm wuchs: eine zum Platzen bereite Eiterpustel. Er beobachtete, wie sich Glass’ Brust hob und senkte, und baute sich aus jedem schwachen Lebenszeichen eine zusätzliche Rüstungsschicht, in die er den Sturm hüllte.
    Wenn er stirbt   …
    Oh Gott, lass ihn nicht sterben   …
    »Ich hab dich gewarnt«, murmelte Sandra, deren Blick über Tals Gestalt wanderte. »Ich habe dich gewarnt.«
    Als wolle sie sagen, dass es nicht ihre Schuld sei.
    Sie setzte die Klinge wieder an Glass’ Kehle an und baute ihre Fassung wieder auf. Und einfach so – ansatzlos und ohne Vorwarnung – brach ein Damm in Shapers Gehirn.
    Es reicht .
    »Scheiß auf Sie!«, brüllte er. »Sie … Sie können das nicht reinigen. Sehen Sie sich an, was Sie getan haben! Sehen Sie es sich an!«
    »Aber ich hab’s ihm doch gesagt .«
    Unachtsam vor Wut näherte er sich ihr zwei Schritte. Nur noch Glass’ Körper trennte ihn von Sandra. Seine Sinne kribbelten wie sterbende Zellen, wollten um jeden Preis verrückt spielen und die Szene in den Wahnsinn tünchen, den sie verdiente, aber er rempelte sich hindurch und konzentrierte sich auf die Frau.
    »Sie stecken jetzt das Scheißmesser weg. Tun Sie’s schon, verdammt noch mal! Genug ist genug!«
    Sandra sammelte sich einen Moment lang und entgegnete gereizt: »Ich bin noch nicht fertig! « Aber Freddie stieß ein Stöhnen von solch greifbarer Angst aus, dass die Wut zischend aus ihr entwich und sie sich zu ihm beugte und etwas Beruhigendes zuflüsterte.
    »Ich habe die Maske nicht, mein Schatz … tut mir leid. Aber du kannst es dir vorstellen, oder?« Sie sprach in derart sanftem Tonfall, dass Shapers Zorn kurzzeitig stockte. »Du kannst dir den alten Asitanga-Shiva ausmalen, ja? Den alten Bhairava mit dem blauen Gesicht, den Engel, der kommt, um dich vom bösen Vishnu wegzuholen …«
    Vishnu , erinnerte sich Shaper vage, ein

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