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Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Titel: Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Spurrier
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gedreht.«
    Plötzlich schien ihr ein unverhoffter Gedanke zu kommen, und sie begegnete Shapers Blick mit einer irren Grimasse. »Haben Sie eigentlich eine Ahnung, wie sehr ich verfickten Weihrauch hasse? Alles nur für sie, Dan. Alles für sie! Diese … diese Klamotten! Und diese Leute , Dan! Die sind ein Witz! «
    »Yogisches Fliegen«, fügte er gedankenlos hinzu.
    Mary starrte ihn an, als hätte er sich angekackt.
    Und dann begann sie zu lachen. Es war ein abgehacktes, wenig überzeugendes, eher verzweifelt klingendes Hyänengelächter – »Beschissenes … yogisches … Fliegen!« –, das nach und nach schrumpfte wie ein in der Sonne schmelzender Schneeball und zu Tränen verkam.
    Schweigend beobachtete er sie. Ziggy verspeiste auf der Anrichte einen Apfel und genoss das Drama.
    Nach ein, zwei Minuten schniefte sie, wischte sich mit den Händen über die Augen und verbannte ihr Elend, indem sie das Kinn entschlossen vorstreckte. Sie wirkte sogar etwas nüchterner.
    »Egal. Ist ja nicht Ihr Problem. Wissen Sie, ich wollte nur unter Menschen sein. Weg von der Klinik. Ich war in ein paar Kneipen, aber … na ja.«
    »Sie haben sich betrunken.«
    »Und ich konnte nicht nach Hause – es hat sich nicht sicher angefühlt. Karl war ein bisschen … ein bisschen unheimlich.«
    »Tja, hier … hier sind Sie sicher«, log Shaper.
    »Danke.« Sie schaute auf. Ihr Elend und ihr Rausch teilten sich wie Wolken. »Ehrlich. Danke.«
    Und als sie den Kuss diesmal forderte, brach Shapers Abwehr wie brüchige Knöchelchen. Sein gutes Benehmen wurde innerhalb eines leidenschaftlichen Moments von der karmischen Wertungsskala gelöscht, und sein innerer Anstand hatte gerade noch genug Zeit, hämisch zu kichern, bevor sie auf dem Futon landeten.
    Ziggy wurde langweilig, und er schlenderte davon.

Kapitel 20
    Es war 22:30 Uhr, als der behagliche kleine Zauber zu zerbröckeln begann.
    Seite an Seite – wobei sie sich berührten, aber sich nicht umarmten und rauchten, aber nicht redeten – saßen sie im Bett und lauschten dem Regen am Fenster, beide in ihre eigenen Gedanken vertieft. Shapers Überlegungen verdüsterten sich, infiltriert von der wachsenden Motivation loszuziehen und weiterzumachen, bereits eine Zeit lang, wenn er sich auch anfangs noch in dieselbe unangenehme Paranoia gehüllt hatte wie am Vortag: Gedanken voller Zweifel an seinen Fortschritten und das Gefühl eines unerfüllten Drängens. Sogar nach einer diskret geschluckten, beruhigenden Amytal, die er eingeworfen hatte, als er das letzte Kondom im Klo runterspülte, ließ das Gefühl nicht nach, dass er sich wieder dem Fall widmen musste.
    Hilf dem alten Mann.
    Sofort!
    Außerdem sammelte in seiner Seele ein zweites, schmutzigeres Empfinden Kraft, und das ging auf die Erkenntnis zurück, dass Mary allmählich nüchtern wurde. Ihre Züge verfestigten sich nach und nach von berauschter Sorglosigkeit zu echter emotionaler Anteilnahme, und dementsprechend wurde auch der Sex weniger chaotisch und immer bedachter.
    Besser, um die Wahrheit zu sagen, aber darum ging es nicht.
    Sie fing an, aktives Interesse an ihrer Umgebung zu zeigen, kraulte Ziggy am Kopf, stand nackt da, sah Bücher und CDs durch und erhob sich einmal sogar, um sich Kaffee zu machen. Und so sehr eine Hälfte von Shapers Hirn diese unbeschwerte Vertrautheit zu schätzen wagte und sogar knurrte: Das ist doch, was du wolltest, du Idiot!  – in der anderen Hälfte pulsierte eine plötzliche, unvorhergesehene Panik.
    Du verdienst das nicht, Scheißkerl. Das weißt du schon, oder?
    Und so räusperte er sich, drückte seine Kippe aus und warf ihr ein nervöses Lächeln zu – da richtete sie einen neugierigen Blick auf die geschlossene Schlafzimmertür.
    »Was ist da drin?«
    »Bringen … bringen wir dich nach Hause, ja?«, murmelte er.
    Sie schaute drein, als hätte er sie geschlagen.
    »Schwachsinn«, spie sie hervor. »Es ist alles Schwachsinn.«
    Shaper verlangsamte den Van, hielt nach einem Parkplatz am Straßenrand in der Nähe der Klinik Ausschau und warf gleichzeitig einen nervösen Seitenblick zu seiner Beifahrerin.
    »Na ja, Schwachsinn hin, Schwachsinn her«, brummte er, »ich könnte deine Hilfe wirklich brauchen.«
    Mary starrte nur finster vor sich hin.
    Die Dinge waren sehr schnell frostig geworden.
    Er konnte ihr wohl keinen Vorwurf daraus machen, wütend zu sein. In der ungeschönten Fassung der Ereignisse des Abends hatte er sie im Wesentlichen gefickt und anschließend

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