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Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Titel: Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Spurrier
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die dabei mitspielenden, irrationalen Motive auch nur ansatzweise verstehen wollte, einige Hausaufgaben erledigen musste.
    Also steckte er die Flugblätter ein, dankte Sandra für ihr Entgegenkommen und ignorierte mit einem Anflug von Ungeduld tunlichst die schleierartigen Wahnvorstellungen, die sie umhüllten.
    Das war natürlich ein völlig anderes Problem.
    Unheimlicher Scheiß .
    Shaper umschiffte seine Krankheit bereits seit Jahren mit chemischen Hilfsmitteln. Aber wenngleich er wusste, dass die Symptome dem Chaos seiner beschädigten Psyche entsprangen, musste er einräumen, dass die Halluzinationen selbst nicht grundlegend chaotisch waren. Wenn seine verschwommenen Hirnfürze tatsächlich, wie er vermutete, so etwas wie Spiegelbilder seines eigenen Unterbewusstseins darstellten – wenn auch durch seine Fantasie verzerrt, übertrieben und verschnörkelt –, dann musste er auch akzeptieren, dass sie im weitesten Sinne ehrlich waren. Ohne ihre elenden Begleiterscheinungen – die Kopfschmerzen, die Anfälle, das lähmende Zurasen auf diese letzte, grässliche Vision von Verwesung und Tod – hätte er sie vielleicht sogar widerwillig als nützlich betrachten können.
    Immerhin zeigten sie ihm, was ihm seine herkömmlichen Sinne nur andeutungsweise verrieten.
    Aber inwiefern unterschied sich das von dem hellseherischen, irgendwelche Auren wahrnehmenden Unfug, den Mary seit Jahren verzapfte?
    Du heuchlerischer Mistkerl .
    Er scheuchte Vince in den Van, warf einen letzten Blick zurück auf die efeuüberwucherte Masse von Thornhill und ließ den bedrückenden Schatten des Gebäudes hinter sich.
    »Nicht die Bohne«, sagte Vince erneut, während er auf der Beifahrerseite rauchte.
    »Was?«
    »Ehrlich, Mann. Die Frau interessiert mich nicht die Bohne.«
    Shaper konnte sich nicht erinnern, danach gefragt zu haben. Während er aus westlicher Richtung auf Holland Park zuhielt,warf er seinem Freund einen düsteren Seitenblick zu. »Du kannst jemand anderen verarschen.«
    »Ich bin schwul.«
    »Blödsinn. Du hast letztes Jahr die Frau dieses Parkwächters geknallt.«
    »Pfff. Das war bloß Rache, das zählt nicht. Mit Sandra ist nichts, klar? Null Interesse.«
    »Wenn du das sagst.«
    »Tu ich.«
    Wie es um Vinces schizophrene Libido auch wirklich bestellt sein mochte, Shaper interessierte sich sehr wohl für Sandra – und nicht nur wegen ihres löchrigen Zugriffs auf Glass’ bizarre Vergangenheit. Kurz bevor sie von Thornhill aufbrachen, hatte er ihre Hand auf der Schulter gespürt – ein letztes, zögerliches Aufflackern ihres schüchternen inneren Ichs.
    »Was diesen Dealer angeht …«, hatte sie gemurmelt und ihm dabei nicht in die Augen sehen können.
    »Der das LSD gekauft hat?«
    »M-hm.«
    »Sein Name ist Ihnen eingefallen.«
    »Ja. Fossey. Sie haben ihn Fossey genannt.«
    Das Wort drang mit einem Zögern aus ihr hervor, das aus mehr als bloßen Schuldgefühlen geboren wurde. Es war nicht die Angst, erwischt zu werden, die Shaper in ihren Augen sah – die hatte er inzwischen nur allzu gut zu erkennen gelernt –, sondern etwas Schmerzlicheres, Persönlicheres. Er vermutete, dass sie den Namen nur deshalb ungern ausgesprochen hatte, weil sie sich dafür an etwas erinnern musste, das sie lieber vergessen wollte.
    Auch das kannte er.
    »Sie und er … sie waren zusammen?«
    Sie wandte den Blick ab. »Es hat nicht lange gehalten.«
    »Ach ja?«
    »Er war kein netter Mensch.«
    »Und wo ist er jetzt?«
    »Ich hab nicht die leiseste Ahnung.« Die Kraftfelder flammten wieder auf. »Könnte genauso gut tot sein. In die Richtung hat er damals auf jeden Fall gesteuert.«
    Und damit war der Fall erledigt gewesen.
    Der Regen wurde stärker, als sie sich Glass’ Haus näherten – als hätte eine schuldbewusste Wolke über London gehangen und nur auf Shapers Rückkehr gewartet. Während sie im Stau festsaßen, ertappte er sich dabei, den nadelartigen Tropfen nachzuspähen, die auf die nassen Dächer einprasselten. Ohne Vorwarnung löste der trostlose Anblick eine abstrakte Assoziation mit dem Schwarzen auf dem Foto aus – Vish und noch irgendwas . In Gedanken ging Shaper Verbrecherfotos von alten Bekannten durch, die er vorsichtig aus einer vergrabenen Vergangenheit hervorkramte. Keiner passte zur Vorlage, und er blieb mit der noch zusätzlich verwirrenden Frage zurück, warum er beim Anblick einiger nasser Gebäude so spontan an das Gesicht des Fremden denken musste.
    Drei Tage Entgiftung. Unfassbar, wie

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