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Der blaue Express

Der blaue Express

Titel: Der blaue Express Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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erinnern.»
    Sie lief ins Haus, leuchtende Entschlossenheit im Blick.
    Anders als bei Mrs Samuel Harfield floss ihr die Korrespondenz leicht aus der Feder. Ohne Pause oder Mühe füllte sie vier Seiten, und als sie alles noch einmal las, hatte sie nicht das Bedürfnis, auch nur ein Wort zu ändern.
    Katherine erhielt den vier Seiten langen Brief am Morgen ihres Eintreffens in London. Ob sie etwas zwischen den Zeilen herauslas oder nicht, ist eine andere Frage. Sie steckte ihn in die Handtasche und machte sich auf, um den Termin mit Mrs Harfields Anwälten wahrzunehmen.
    Es handelte sich um eine alteingesessene Sozietät in Lincoln’s Inn Fields, und nach wenigen Minuten des Wartens wurde Katherine zum Seniorpartner geführt, einem freundlichen älteren Herrn mit klugen blauen Augen und väterlicher Art.
    Zwanzig Minuten lang besprachen sie Mrs Harfields Testament und verschiedene juristische Fragen. Danach reichte Katherine ihm Mrs Samuels Brief.
    «Das sollte ich Ihnen wohl zeigen, nehme ich an», sagte sie, «wenn es auch ziemlich albern ist.»
    Er las es mit einem leisen Lächeln.
    «Ein ziemlich plumper Versuch, Miss Grey. Ich brauche Ihnen wohl kaum zu sagen, dass diese Leute nicht den geringsten Anspruch auf das Erbe haben, und wenn sie versuchen, das Testament anzufechten, wird ihnen kein Gericht Recht geben.»
    «Ich hatte es mir schon gedacht.»
    «Die menschliche Natur ist nicht immer sehr klug. An Mrs Samuels Stelle hätte ich viel eher an Ihren Großmut appelliert.»
    «Unter anderem darüber wollte ich mit Ihnen sprechen. Ich möchte diesen Leuten eine gewisse Summe zukommen lassen.»
    «Sie sind dazu in keiner Weise verpflichtet.»
    «Das weiß ich.»
    «Und sie werden es nicht so annehmen, wie es gemeint ist. Vermutlich werden sie es als Versuch auffassen, sie billig auszuzahlen. Was sie aber nicht daran hindern wird, es anzunehmen.»
    «Das sehe ich auch so, aber da kann man nichts machen.»
    «Ich würde Ihnen raten, Miss Grey, diese Idee fallen zu lassen.»
    Katherine schüttelte den Kopf. «Ich weiß, Sie haben vollkommen Recht, aber ich möchte es trotzdem so machen.»
    «Sie werden das Geld nehmen und nachher erst recht über Sie herziehen.»
    «Tja», sagte Katherine, «sollen sie doch, wenn es ihnen Spaß macht. Jeder von uns amüsiert sich auf seine Weise. Immerhin waren sie Mrs Harfields einzige Verwandte, und wenn sie sie auch als arme Verwandte verachtet und sich nie um sie gekümmert haben, als sie noch lebte, kommt es mir nicht richtig vor, dass sie ganz leer ausgehen sollen.»
    Sie setzte sich durch, sosehr ihr der Anwalt auch abriet, und bald darauf ging sie durch die Straßen Londons mit der angenehmen Sicherheit, nach Herzenslust Geld ausgeben und für die Zukunft die Pläne machen zu können, die ihr gefielen. Ihre erste Maßnahme war der Besuch im Geschäft einer berühmten Modistin.
    Eine schlanke, ältliche Französin, die aussah wie eine verträumte Herzogin, empfing sie, und Katherine sagte mit einer gewissen Naivität:
    «Ich möchte mich, wenn ich darf, ganz in Ihre Hände geben. Mein Leben lang bin ich sehr arm gewesen und verstehe nichts von Kleidern, aber jetzt bin ich zu etwas Geld gekommen und möchte wirklich gut gekleidet aussehen.»
    Die Französin war entzückt. Sie hatte das Temperament einer Künstlerin, und dieses war früher am Vormittag arg misshandelt worden durch den Besuch einer argentinischen Fleischbaronin, die darauf bestanden hatte, die für ihren extravaganten Schönheitstyp am wenigstens geeigneten Modelle zu kaufen. Sie prüfte Katherine mit kühlen, klugen Augen. «Ja – ja, es wird mir ein Vergnügen sein. Mademoiselle hat eine ausgezeichnete Figur; schlichte Linien werden ihr am besten stehen. Außerdem ist sie très anglaise. Manche Leute wären beleidigt, wenn ich das sagte, aber Mademoiselle nicht. Une belle anglaise, es gibt keinen entzückenderen Stil.»
    Die Manier einer verträumten Herzogin war plötzlich verschwunden. Sie sprudelte Anweisungen für ihre Mannequins heraus. «Clothilde, Virginie, schnell, meine Kleinen, das kleine tailleur gris clair und die robe de soirée soupir d’automne. Marcelle, mein Kind, das kleine complet aus crêpe de Chine, mimosenfarben.»
    Es war ein herrlicher Vormittag. Marcelle, Clothilde, Virginie, gelangweilt und hochmütig, paradierten langsam im Kreis, wobei sie sich nach altehrwürdiger Mannequin-Art drehten und wanden. Die Herzogin stand neben Katherine und machte Notizen in ein kleines Buch.
    «Eine

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