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Der blaue Express

Der blaue Express

Titel: Der blaue Express Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Ich frage mich, wer sie nur gewesen sein könnte. Ihren Namen hast du nicht gehört?»
    «Er wurde erwähnt», gab Katherine zu, «aber ich kann mich nicht daran erinnern. Ich war ziemlich aufgeregt, weißt du.»
    Man darf bezweifeln, dass Katherine den Namen preisgegeben hätte, selbst wenn sie sich an ihn erinnert hätte. Lady Tamplins erbarmungsloses Kreuzverhör zerrte an ihren Nerven. Lenox, die auf ihre Art Taktgefühl besaß, bemerkte das und bot Katherine an, sie nach oben auf ihr Zimmer zu begleiten. Sie ließ sie dort allein, und bevor sie ging, bemerkte sie noch freundlich: «Nimm es Mutter nicht übel; wenn sie könnte, würde sie noch aus ihrer sterbenden Großmutter ein paar Groschen Profit schlagen.»
    Lenox ging wieder nach unten und fand Mutter und Stiefvater damit beschäftigt, den neu angekommenen Gast zu taxieren.
    «Präsentabel», sagte Lady Tamplin, «durchaus präsentabel. Ihre Kleider sind ganz ordentlich. Der graue Fummel ist genau das Modell, das Gladys Cooper in Unter Ägyptens Palmen getragen hat.»
    «Hast du ihre Augen bemerkt – was?», warf Mr Evans ein.
    «Lass nur ihre Augen beiseite, Chubby», sagte Lady Tamplin streng, «wir reden gerade über Dinge, die wirklich zählen.»
    «Ganz recht», sagte Mr Evans und verkroch sich in seiner Schale.
    «Sie scheint mir nicht besonders – formbar zu sein», sagte Lady Tamplin; sie zögerte länger, bis sie das treffende Wort gefunden hatte.
    «Sie hat alle Instinkte einer Lady, wie es so schön in Büchern heißt», sagte Lenox mit einem Grinsen.
    «Engstirnig», murmelte Lady Tamplin. «Unvermeidlich unter solchen Umständen, nehme ich an.»
    «Du wirst zweifellos alles tun, um das zu beheben.» Lenox grinste noch immer. «Aber es wird ein schönes Stück Arbeit für dich werden. Gerade eben hat sie ja die Vorderhufe in den Boden gerammt und die Ohren angelegt und sich geweigert, auch nur einen Schritt zu machen.»
    «Jedenfalls», sagte Lady Tamplin hoffnungsvoll, «kommt sie mir überhaupt nicht geizig vor. Manche Leute, die zu Geld kommen, messen dem dann ja eine viel zu große Bedeutung bei.»
    «Ach, es wird dir schon gelingen, sie zu melken», sagte Lenox, «und das ist doch schließlich alles, worauf es dir ankommt, oder? Deshalb ist sie doch hier.»
    «Sie ist meine Kusine», sagte Lady Tamplin mit Würde.
    «Kusine, was?», sagte Mr Evans, der wieder erwachte. «Dann kann ich sie ja Katherine nennen, oder?»
    «Wie du sie nennst, ist völlig gleichgültig, Chubby», sagte Lady Tamplin.
    «Gut», sagte Mr Evans, «dann nenne ich sie Katherine. Meinst du, sie spielt Tennis?», setzte er hoffnungsvoll hinzu.
    «Natürlich nicht», sagte Lady Tamplin. «Sie war doch Gesellschafterin, vergiss das nicht. Gesellschafterinnen spielen weder Tennis noch Golf. Vielleicht spielen sie Krocket, ich habe aber immer angenommen, den größten Teil des Tages wickeln sie Wolle auf und waschen Hunde.»
    «Ach du liebe Zeit!», sagte Mr Evans, «ist das wirklich wahr?»
    Lenox schlenderte wieder zu Katherines Zimmer hinauf. «Kann ich dir irgendwie helfen?», fragte sie beiläufig.
    Als Katherine verneinte, setzte Lenox sich auf die Bettkante und sah den Gast nachdenklich an.
    «Warum bist du hergekommen?», fragte sie schließlich. «Zu uns, meine ich. Wir sind doch gar nicht deine Kragenweite.»
    «Ach, ich würde gern in die Gesellschaft eingeführt.»
    «Sei doch kein Trottel», sagte Lenox prompt, worauf sie die Spur eines Lächelns in Katherines Gesicht entdeckte. «Du weißt sehr gut, was ich meine. Du bist überhaupt nicht, wofür ich dich gehalten habe. Nebenbei, du hast wirklich anständige Kleider.» Sie seufzte. «Mir bringen Kleider nichts. Ich bin ungelenk geboren. Ein Jammer, ich mag Kleider nämlich.»
    «Ich auch», sagte Katherine, «aber bisher hat mir das Mögen nicht viel genützt. Findest du das hier hübsch?»
    Mit Kenntnis und Hingabe diskutierten sie und Lenox mehrere Modelle.
    «Du gefällst mir», sagte Lenox plötzlich. «Ich bin eigentlich raufgekommen, um dich vor Mutter zu warnen, aber jetzt glaube ich, das ist gar nicht nötig. Du bist furchtbar ehrlich und aufrichtig und all dies komische Zeug, aber dumm bist du nicht. Ach, zum Teufel, was ist denn schon wieder?»
    Lady Tamplins Stimme rief klagend aus der Diele:
    «Lenox, Derek hat gerade angerufen. Er will heute Abend zum Essen kommen. Geht das? Ich meine, wir haben nichts irgendwie Komisches vorgesehen, Wachteln oder so etwas?»
    Lenox beruhigte sie und kam wieder

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