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Der blaue Express

Der blaue Express

Titel: Der blaue Express Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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hereinholen», sagte Monsieur Carrège.
    Er läutete die Glocke auf seinem Schreibtisch, und bald darauf trat Ada Mason ein.
    Sie war sehr zierlich und in Schwarz gekleidet, und ihre Nasenspitze war rot. Die grauen Reisehandschuhe hatte sie gegen schwarze aus Wildleder eingetauscht. Nicht ohne Scheu sah sie sich in dem Amtsraum um und schien erleichtert, als sie die Anwesenheit des Vaters ihrer Herrin bemerkte. Der Untersuchungsrichter, stolz auf seine Jovialität, gab sich alle Mühe, ihr Unbehagen zu mildern. Dabei half ihm Poirot, der den Dolmetscher spielte; seine freundliche Art munterte die Engländerin auf.
    «Sie heißen Ada Mason, nicht wahr?»
    «Ich wurde Ada Beatrice getauft, Sir», sagte Mason geziert.
    «Sehr gut. Und wir verstehen vollkommen, Mason, dass all das sehr betrüblich für Sie war.»
    «Das kann man wohl sagen, Sir. Ich bin bei vielen Ladys gewesen und hoffe, dass alle mit mir zufrieden waren. Ich hätte nicht im Traum daran gedacht, dass so etwas mit irgendwem passieren könnte, bei dem ich angestellt bin.»
    «Nein, natürlich nicht», sagte Carrège.
    «Natürlich habe ich von so was gelesen, in den Sonntagszeitungen. Und dann hatte ich immer den Eindruck, dass diese ausländischen Züge…» Sie unterbrach ihren Redefluss jäh, als ihr einfiel, dass die Herren, mit denen sie da redete, der gleichen Nation angehörten wie die Züge.
    «Nun lassen Sie uns einmal diese Angelegenheit besprechen», sagte Carrège. «Stimmt es, dass bei der Abreise aus London noch keine Rede davon war, dass Sie in Paris bleiben sollten?»
    «Nein, Sir. Wir wollten durchfahren bis Nizza.»
    «Sind Sie früher schon einmal mit Ihrer Herrin im Ausland gewesen?»
    «Nein, Sir. Wissen Sie, ich war ja erst seit zwei Monaten bei ihr.»
    «Kam Sie Ihnen wie gewöhnlich vor, als Sie aufgebrochen sind?»
    «Sie war irgendwie besorgt und ein bisschen aufgeregt, und sie war gereizt, und ich konnte ihr nichts recht machen.»
    Monsieur Carrège nickte.
    «Nun denn, Mason, wann war zum ersten Mal die Rede davon, dass Sie in Paris bleiben sollten?»
    «In diesem Bahnhof, der Gare de Lyon heißt, Sir. Meine Herrin wollte aussteigen und ein bisschen auf dem Bahnsteig herumlaufen. Sie war gerade auf dem Gang, da hat sie plötzlich was gerufen, und dann ist sie mit einem Gentleman wieder in ihr Abteil gegangen. Die Tür zwischen ihrem und meinem Abteil hat sie zugemacht, deshalb habe ich nichts gesehen oder gehört, bis sie sie dann plötzlich wieder aufgemacht und mir gesagt hat, sie hätte ihre Pläne geändert. Sie hat mir Geld gegeben und gesagt, ich soll aussteigen und ins Ritz gehen. Sie sagte, die kennen sie da gut und geben mir bestimmt ein Zimmer. Da soll ich warten, bis ich etwas von ihr höre; sie würde mir ein Telegramm schicken mit Anweisungen, was ich tun soll. Ich hatte gerade noch Zeit, meine Sachen zu packen und aus dem Zug zu springen, ehe der wieder losgefahren ist. Das war eine Hetzerei.»
    «Wo war der Herr, als Mrs Kettering Ihnen diese Anweisungen gab?»
    «Der war in dem anderen Abteil, Sir, und hat aus dem Fenster gesehen.»
    «Können Sie ihn uns beschreiben?»
    «Also, wissen Sie, Sir, ich habe ihn kaum gesehen. Die meiste Zeit hat er mir den Rücken zugedreht. Er war groß und dunkelhaarig; mehr kann ich nicht sagen. Einfach wie jeder andere Gentleman mit dunkelblauem Mantel und grauem Hut.»
    «War er einer der Fahrgäste des Blauen Express?»
    «Das glaube ich nicht, Sir. Ich hatte den Eindruck, er ist zum Bahnhof gekommen, um Mrs Kettering auf der Durchreise zu sehen. Er kann aber auch einer der Fahrgäste gewesen sein, daran habe ich vorher nicht gedacht.»
    Mason schien ein wenig verwirrt von diesem Gedanken.
    «Ah!» Monsieur Carrège ging elegant zu einem anderen Thema über. «Ihre Herrin hat später den Schaffner gebeten, sie am Morgen nicht früh zu wecken. Halten Sie das bei ihr für ungewöhnlich?»
    «Überhaupt nicht, Sir. Die gnädige Frau hat nie gefrühstückt und nachts meistens schlecht geschlafen, deshalb ist sie morgens gern länger liegen geblieben.»
    Wieder wechselte Carrège das Thema.
    «Beim Handgepäck war eine rote Lederschatulle, nicht wahr?», fragte er. «Das Schmuckköfferchen Ihrer Herrin?»
    «Ja, Sir.»
    «Haben Sie diese Schatulle mit ins Ritz genommen?»
    «Ich soll die Schmuckkassette der gnädigen Frau ins Ritz mitgenommen haben? Also, nein, wirklich nicht, Sir.» Mason klang ganz entsetzt.
    «Sie haben sie im Abteil gelassen?»
    «Ja, Sir.»
    «Wissen Sie, ob

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