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Der blaue Express

Der blaue Express

Titel: Der blaue Express Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Ihre Herrin viel Schmuck dabeihatte?»
    «Ziemlich viel, Sir. Mir war deshalb manchmal ein bisschen mulmig, kann ich Ihnen sagen, wo man so schlimme Geschichten hört, dass man im Ausland beklaut wird. Ich weiß ja, die waren versichert, aber trotzdem ist mir das ziemlich riskant vorgekommen. Allein die Rubine, hat die gnädige Frau gesagt, wären einige hunderttausend Pfund wert.»
    «Die Rubine! Was für Rubine?», bellte Van Aldin plötzlich.
    Mason wandte sich an ihn. «Ich glaube, Sie waren das doch, Sir, von dem sie sie erst neulich gekriegt hat.»
    «Um Gottes willen!», rief Van Aldin. «Sie wollen doch nicht etwa sagen, sie hätte die Rubine bei sich gehabt? Ich habe ihr gesagt, sie soll sie in der Bank lassen.»
    Mason hüstelte diskret, was für sie offenbar zu ihren Pflichten als Zofe einer Lady gehörte. Diesmal drückte das Hüsteln eine ganze Menge aus. Viel deutlicher, als Worte dies gekonnt hätten, sagte es, dass Masons Herrin eine Dame gewesen sei, die ihren eigenen Kopf durchsetzte.
    «Ruth muss verrückt gewesen sein», murmelte Van Aldin. «Was kann sie da bloß geritten haben?»
    Nun hustete zur Abwechslung Monsieur Carrège, und wieder war es ein bedeutungsvolles Husten. Es lenkte Van Aldins Aufmerksamkeit auf ihn.
    «Im Moment», sagte Carrège, an Mason gewandt, «war das wohl alles. Wenn Sie sich bitte ins Nebenzimmer begeben, Mademoiselle, wird man Ihnen die Fragen und Antworten vorlesen, und Sie werden es bitte unterschreiben.»
    Mason ging hinaus, begleitet vom Schreiber, und Van Aldin wandte sich sofort an den Untersuchungsrichter:
    «Also?»
    Monsieur Carrège öffnete eine Schublade seines Schreibtischs, nahm einen Brief heraus und reichte ihn Van Aldin.
    «Dies hier fand sich in der Handtasche von Madame.»
     
    Chère Amie (begann der Brief) – ich will dir gehorchen. Ich werde umsichtig sein, diskret – alles, was ein Liebender am mei s ten hasst. Paris wäre vielleicht unklug gewesen, aber die Isles d’ Or liegen fernab von der Welt, und du darfst sicher sein, dass nichts durchsickern wird. Es passt zu dir und deinem göttlichen Einfühlungsvermögen, dass du dich so für das Werk über b e rühmte Edelsteine interessierst, an dem ich schreibe. Es wäre wahrlich ein außerordentliches Privileg diese historischen Rubine tatsächlich zu sehen und in der Hand zu halten. Dem Feuerherzen widme ich einen besonderen Abschnitt. Meine wunderb a re Geliebte! Bald werde ich dich entschädigen für all diese traur i gen Jahre der Trennung und der Leere. – Immer in Liebe und Anbetung
    dein Armand

Fünfzehntes Kapitel

Der Comte de la Roche
     
    V an Aldin las den Brief schweigend durch. Seine Gesichtsfarbe wechselte in ein mattes Zornrot. Die Männer, die ihn beobachteten, sahen, wie die Adern auf seiner Stirn hervortraten und seine großen Hände sich unbewusst zu Fäusten ballten. Wortlos gab er den Brief zurück. Monsieur Carrège musterte aufmerksam seinen Schreibtisch, Caux hatte die Augen an die Decke geheftet, und Hercule Poirot bürstete zärtlich ein Stäubchen von seinem Rockärmel. Mit größtmöglichem Takt vermieden sie es alle, Van Aldin anzuschauen.
    Eingedenk seines Amtes und seiner Pflichten griff dann Monsieur Carrège das unerfreuliche Thema auf.
    «Vielleicht haben Sie eine Ahnung, Monsieur», murmelte er, «wer – hm – diesen Brief geschrieben hat?»
    «Ja, das weiß ich», sagte Van Aldin dumpf.
    «Ah?», sagte der Richter fragend.
    «Ein Schurke, der sich Comte de la Roche nennt.»
    Es trat eine Pause ein, dann beugte Poirot sich vor, richtete ein Lineal auf dem Tisch des Untersuchungsrichters aus und redete den Millionär direkt an.
    «Wir alle, Monsieur Van Aldin, verstehen sehr gut, wie schmerzlich es für Sie sein muss, über diese Dinge zu reden, aber es ist nicht die Zeit für Diskretion. Wenn Gerechtigkeit walten soll, müssen wir alles wissen. Wenn Sie einen Moment nachdenken, werden Sie das sicher begreifen.»
    Van Aldin schwieg einen Augenblick, dann nickte er beinahe widerstrebend.
    «Sie haben ganz Recht, Monsieur Poirot», sagte er. «So schmerzlich es auch ist, ich habe nicht das Recht, etwas zurückzuhalten.»
    Der Kommissar stieß einen Seufzer der Erleichterung aus; der Untersuchungsrichter lehnte sich in seinem Sessel zurück und schob den Kneifer auf seiner langen dünnen Nase zurecht.
    «Vielleicht möchten Sie uns mit Ihren eigenen Worten alles erzählen, Monsieur Van Aldin», sagte er, «was Sie über diesen Herrn wissen.»
    «Es fing vor

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