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Der blaue Mond

Der blaue Mond

Titel: Der blaue Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël
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übersinnlichen Kräfte so unzugänglich ist, hat mir ein Gefühl von Normalität gegeben. Und man glaubt es kaum, ausgerechnet diese eine Eigenschaft, die mir bisher so attraktiv erschien, ist jetzt gerade das, was gegen mich arbeitet.
    »Soll ich dich mitnehmen?«
    Roman steht vor mir, in der einen Hand einen baumelnden Schlüsselbund, in der anderen meine kaputten Sandalen.
    Ich schüttele den Kopf und sehe weg. Obwohl ich weiß, dass ich es mir gar nicht leisten kann, ein Angebot zum Mitfahren abzulehnen, würde ich lieber über ein Feld aus glühenden Kohlen und Glasscherben kriechen, als mit Roman in einen Zweisitzer zu steigen.
    »Komm schon«, sagt er. »Ich verspreche, ich beiße nicht.«
    Ich sammele meine Sachen zusammen, werfe mein Handy in die Tasche und glätte mein Kleid, während ich aufstehe und »Mir geht's gut« sage.
    »Wirklich?« Er lächelt und kommt mir so nahe, dass unsere Zehen fast aneinander stoßen. »Ehrlich gesagt, siehst du nicht so aus, als ob es dir gut ginge.«
    Obwohl ich zur Ausfahrt gehe, ohne auch nur stehen zu bleiben, spricht er weiter. »Ich habe gemeint, die Situation sieht so aus, als ob es dir nicht gut ginge. Schau dich doch an, Ever. Deine Kleidung ist ramponiert, du hast keine Schuhe mehr, und obwohl ich es nicht genau weiß, sieht es ganz danach aus, als hätte dich dein Freund sitzen lassen.«
    Ich hole tief Luft und marschiere weiter in der Hoffnung, dass er dieses Spielchen bald satt hat, dass er mich bald satt hat.
    »Und trotzdem, sogar in diesem aufgelösten, leicht verzweifelten Zustand, muss ich zugeben, dass du immer noch absolut scharf bist - wenn ich das mal so sagen darf.«
    Ich bleibe stehen und drehe mich zu ihm um, obwohl ich mir geschworen habe weiterzugehen. Ich zucke zusammen, als er den Blick über meinen Körper wandern lässt und an Beinen, Taille und Brüsten innehält mit einem unverkennbar lüsternen Leuchten in den Augen.
    »Da wüsste man doch gern, was sich Damen eigentlich denkt, wenn du mich fragst...«
    »Niemand hat dich gefragt«, sage ich, während meine Hände zu zittern beginnen und ich mir einschärfe, dass ich die Sache absolut unter Kontrolle habe und es keinen Grund gibt, mich bedroht zu fühlen. Dass ich, selbst wenn ich rein äußerlich wie ein ganz normales, wehrloses Mädchen aussehe, alles andere als das bin. Ich bin stärker als früher, so stark, dass ich ihn, wenn ich wirklich wollte, mit einem Hieb zu Fall bringen könnte. Ich könnte ihn hochheben und ihn quer über den Parkplatz auf die andere Straßenseite schleudern. Und glaubt bloß nicht, dass ich nicht versucht bin, das zu beweisen.
    Er lächelt, dieses träge Grinsen, das bei fast jedem wirkt außer bei mir, und seine stahlblauen Augen spähen mit einem so wissenden, so persönlichen, so belustigten Blick in meine, dass mein erster Impuls ist zu fliehen.
    Doch ich tue es nicht. Denn alles an ihm erscheint mir als Herausforderung, und ich werde ihn auf keinen Fall gewinnen lassen.
    »Ich brauche keine Mitfahrgelegenheit«, sage ich schließlich, ehe ich mit schnellerem Schritt weitergehe, aber ich spüre seine Kälte, als er mir auf dem Fuße folgt.
    Sein eisiger Atem weht mir in den Nacken, als er erneut zu sprechen beginnt. »Ever, bitte bleib doch mal kurz stehen, ja? Ich wollte dich nicht kränken.«
    Doch ich bleibe nicht stehen. Ich gehe weiter, entschlossen, so viel Distanz zwischen uns zu schaffen wie nur irgend möglich.
    »Jetzt komm schon.« Er lacht. »Ich will dir doch nur helfen. Deine Freunde sind alle weg, Damen hat sich verdrückt, sogar die Putzbrigade ist schon nach Hause gegangen. Ich bin wirklich deine einzige und letzte Hoffnung.«
    »Ich habe jede Menge Möglichkeiten«, knurre ich und wünsche, er würde verschwinden, damit ich versuchen kann, ein Auto und ein Paar Schuhe zu manifestieren und mich auf den Weg zu machen.
    »Also, ich sehe keine.«
    Ich schüttele den Kopf und gehe weiter. Dieses Gespräch ist beendet.
    »Willst du damit sagen, dass du lieber zu Fuß nach Hause gehst, als mit mir in ein Auto zu steigen?«
    Ich bin am Ende der Straße angelangt und drücke wieder und wieder auf die Fußgängertaste, damit die Ampel endlich grün wird und ich auf die andere Straßenseite gehen und Roman abschütteln kann.
    »Ich weiß nicht, was zwischen uns von Anfang an schief-
    gelaufen ist, aber es ist ziemlich klar, dass du mich hasst, und ich habe keine Ahnung, warum.« Seine Stimme klingt weich, einladend, als wollte er tatsächlich von

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