Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der blaue Mond

Der blaue Mond

Titel: Der blaue Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël
Vom Netzwerk:
sich über sein Gesicht legt. »Du bist so viel schneller als ich. Wenn ich es versuche, wird es zu einer großen Szene, die Leute kriegen es mit, und dann müssen wir irgendwelche Erklärungen abgeben.«
    Er schüttelt den Kopf und lässt sich von meinen Worten nicht erweichen. »Wie willst du es je lernen, wenn du dich immer auf mich verlässt?«
    Ich seufze und weiß, dass er Recht hat, aber ich will trotzdem keine wertvolle Zeit verschwenden, indem ich versuche, einen Strauß Rosen zu manifestieren, der daraufhin erscheinen mag oder auch nicht. Ich will nur möglichst schnell die Blumen in die Hand kriegen, Miles gratulieren und dann ins Montage fahren und unsere Pläne umsetzen. Vor einem Moment hatte es noch den Anschein, als wollte auch Damen nur das. Doch jetzt zeigt er sich mir gegenüber total streng und lehrerhaft, was, ehrlich gesagt, die Stimmung ein bisschen trübt.
    Ich hole tief Luft, lächele lieb und lasse meine Finger an seinem Revers entlangkrabbeln. »Du hast völlig Recht«, sage ich. »Und ich werde mich bessern, ich versprech's. Ich habe ja nur gedacht, dass du es vielleicht diesmal machen könntest, da du ja so viel schneller bist als ich.« Ich streichele die Stelle direkt unter seinem Ohr und weiß, dass er gleich einknicken wird. »Ich meine, je eher wir den Blumenstrauß haben, desto eher können wir gehen, und dann ...«
    Ich habe noch nicht einmal zu Ende gesprochen, als er schon die Augen schließt und eine Hand vor sich hält, als umfasste er einen Strauß Blumen. Hastig sehe ich mich in alle Richtungen um, um sicherzugehen, dass niemand zusieht.
    Doch als ich Damen wieder ansehe, packt mich die Panik. Denn nicht genug damit, dass seine Hand nach wie vor leer ist, nun bahnt sich auch schon zum zweiten Mal in zwei Tagen eine Schweißspur den Weg über seine Wange.
    Was eigentlich nicht so merkwürdig wäre, abgesehen von der Tatsache, dass Damen nicht schwitzt.
    Genau wie er nicht krank wird und nie einen schlechten Tag hat, schwitzt er auch nicht. Ganz egal, wie hoch die Außentemperatur auch sein mag, ganz egal, was für eine Aufgabe er auch zu erledigen hat, er bleibt immer kühl, ruhig und ist allem, was zu tun ist, locker gewachsen.
    Bis gestern, als es ihm nicht gelungen ist, das Portal erscheinen zu lassen.
    Und jetzt, da es ihm misslingt, einen simplen Blumenstrauß für Miles zu manifestieren.
    Und als ich seinen Arm berühre und ihn frage, ob mit ihm alles in Ordnung ist, verspüre ich nur einen matten Abklatsch des gewohnten warmen Kribbelns.
    »Natürlich ist mit mir alles in Ordnung.« Er blinzelt und hebt die Lider gerade lange genug, um mich anzusehen, ehe er sie wieder fest schließt. Und obwohl unser Blickkontakt nur kurz war, lässt mich das, was ich in seinen Augen gesehen habe, frösteln und kraftlos werden.
    Das waren nicht die warmen, liebevollen Augen, die ich mittlerweile gewohnt bin. Diese Augen waren kalt, distanziert, abweisend - genau wie schon einmal zu Beginn der Woche. Und ich sehe zu, wie er sich konzentriert, mit gerunzelter Stirn, die Oberlippe schweißbedeckt, entschlossen, das hier hinter sich zu bringen, damit wir beide endlich unsere perfekte Nacht beginnen können. Und da ich das Ganze nicht in die Länge ziehen oder das von neulich noch einmal erleben will, als er das Portal nicht erscheinen lassen konnte, stelle ich mich dicht neben ihn und schließe ebenfalls die Augen. Ich sehe einen herrlichen Strauß aus zwei Dutzend roten Rosen in seiner Hand, rieche ihren berauschenden, süßen Duft und spüre die samtig-weichen Blütenblätter, die oben an den langen dornigen Stielen sitzen ...
    »Autsch!« Damen schüttelt den Kopf und hält sich den Finger an den Mund, obwohl die Wunde bereits geheilt ist, ehe er ihn dort hat. »Ich habe vergessen, eine Vase zu manifestieren«, sagt er, offenkundig überzeugt davon, dass er die Blumen selbst gemacht hat, und ich bin fest entschlossen, ihn in diesem Glauben zu lassen.
    »Lass es mich probieren«, sage ich, um ihm eine Freude zu machen. »Du hast ja völlig Recht, ich brauche die Übung«, füge ich hinzu, ehe ich die Augen schließe und mir die aus dem Esszimmer zu Hause vorstelle, die mit dem komplizierten Muster aus Kringeln und Atzrillen und leuchtenden Facetten.
    »Waterford-Kristall?« Er lacht. »Was soll er denn glauben, was wir für diesen Abend ausgegeben haben?«
    Ich lache auch, erleichtert, dass die Merkwürdigkeiten ein Ende haben und er wieder Witze macht. Ich nehme die Vase,  die er mir

Weitere Kostenlose Bücher