Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der blaue Mond

Der blaue Mond

Titel: Der blaue Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël
Vom Netzwerk:
vorne anfangen, die Vergangenheit ruhen lassen, sich versöhnen und so weiter.
    Aber ich will nicht von vorn anfangen. Und ich will auch keine Versöhnung. Ich will nur, dass er sich umdreht, woanders hingeht und mich in Ruhe lässt, damit ich Damen suchen kann.
    Trotzdem kann ich ihm nicht das letzte Wort überlassen, deshalb sage ich: »Bild dir bloß nichts ein, Roman. Man kann nur jemanden hassen, an dem einem mal etwas lag. Also kann ich dich nicht hassen.«
    Und dann stürme ich über die Straße, obwohl die Ampel immer noch rot ist. Ich schlage Haken um ein paar aufjaulende Autos herum, die bei Gelb loszischen wollen, und verspüre nach wie vor die durchdringende Kälte seines Blicks.
    »Was ist mit deinen Schuhen?«, ruft er. »Jammerschade, sie einfach so zurückzulassen. Den Absatz kann man bestimmt reparieren.«
    Doch ich laufe unbeeindruckt weiter. Ich sehe ihn hinter mir eine tiefe Verbeugung machen, wobei seine Arme in einem übertriebenen Bogen nach oben schwingen und meine Sandalen von seinen Fingerspitzen baumeln. Sein sonores Lachen jagt mir hinterher und verfolgt mich über den Boulevard und die Straße entlang.
     

DREIZEHN
    Sowie ich die Straße überquert habe, ducke ich mich hinter ein Gebäude, spähe um die Ecke und warte, bis Romans kirschroter Aston Martin Roadster auf die Straße einbiegt und davonbraust. Ich warte noch ein paar Minuten länger, bis ich mir ganz sicher bin, dass er wirklich weg ist und in absehbarer Zeit nicht wiederkommen wird.
    Ich muss Damen finden. Ich muss wissen, was mit ihm passiert ist, warum er, ohne ein Wort zu sagen, verschwunden ist. Schließlich hat er sich (haben wir uns) vierhundert Jahre lang auf diese Nacht gefreut, also beweist sein unerklärliches Verschwinden, dass irgendetwas entsetzlich schief gelaufen ist.
    Doch zuerst brauche ich ein Auto. Ohne Auto kommt man im Orange County überhaupt nirgends hin. Also schließe ich die Augen und visualisiere das erste, das mir in den Sinn kommt - einen himmelblauen VW Käfer, wie ihn Shayla Sparks gefahren hat, die coolste Oberstufenschülerin, die je durch die Gänge der Hillcrest High geschritten ist. Ich erinnere mich an seine comicartig runde Form und das schwarze Stoffdach, das uns so glamourös erschien und doch so unter dem erbarmungslosen Regen Oregons gelitten hat. Ich sehe den Käfer so deutlich, als stünde er direkt vor mir - glänzend und bauchig und unheimlich süß. Ich spüre, wie sich meine Finger um den Türgriff legen, ich spüre das weiche Leder, als ich mich auf den Fahrersitz gleiten lasse, und als ich eine einzelne rote Tulpe in den Blumenhalter vor mir stecke, öffne ich die Augen und sehe, dass mein Gefährt komplett ist.
    Bloß weiß ich nicht, wie ich den Motor anlassen soll.
    Ich habe vergessen, einen Schlüssel zu manifestieren.
    Da das Damen allerdings nie aufhalten konnte, schließe ich einfach erneut die Augen und lasse den Motor durch Willenskraft anspringen, indem ich mich genauestens an das Geräusch erinnere, das Shaylas Auto machte, wenn meine frühere beste Freundin Rachel und ich nach der Schule am Straßenrand standen und neidisch zusahen, wie sich ihre supercoolen Freunde vorn und hinten in den Käfer quetschten.
    Sowie der Motor läuft, fahre ich in Richtung Coast Highway. Ich will am Montage beginnen, dem Hotel, in das wir eigentlich gehen wollten, und von dort aus weitersuchen.
    Zu dieser Zeit am Abend herrscht ziemlich dichter Verkehr, aber das kann mich nicht aufhalten. Ich konzentriere mich einfach auf die Autos um mich herum, sehe, was jeder andere Fahrer als Nächstes tun wird, und bahne mir dann den Weg. Rasch und geschmeidig gleite ich in jede freie Lücke, bis ich am Hoteleingang anlange, aus dem Käfer springe und in Richtung Lobby spurte.
    Ich bleibe erst stehen, als der Mann vom Parkservice hinter mir her ruft: »Hey, Moment mal! Wo ist der Schlüssel?«
    Ich bleibe stehen, während mein Atem in kurzen, schnellen Stößen kommt, und begreife erst, als ich sehe, wie er auf meine Füße starrt, dass ich nicht nur keinen Schlüssel habe, sondern auch keine Schuhe. Doch ich darf auf keinen Fall noch mehr Zeit verschwenden, und da ich nicht vor seinen Augen den Manifestierungsprozess ablaufen lassen will, stürme ich durch die Tür und rufe nur: »Lassen Sie ihn einfach laufen, ich bin sofort wieder da!«
    Ich renne auf kürzestem Weg zur Rezeption, vorbei an einer langen Schlange missmutiger Leute, die allesamt mit Golftaschen und Koffern mit Monogramm beladen

Weitere Kostenlose Bücher