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Der blaue Mond

Der blaue Mond

Titel: Der blaue Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël
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zusammen, entschlossen, an Roman vorbeizukommen, koste es, was es wolle.
    »Mal im Ernst, Ever.« Er schüttelt den Kopf und blickt zwischen Damen und mir hin und her. »Wozu die Zeitverschwendung? Er ist alt, schwach, hinfällig und wird, wie ich leider sagen muss, allem Anschein nach nicht mehr lange auf dieser Erde verweilen. Du hast doch bestimmt nicht vor, deinen süßen jungen Nektar an diesen Dinosaurier zu verschwenden?«
    Er sieht mich aus blitzenden Augen an und verzieht spöttisch den Mund, ehe er zum Lunchtisch schaut, wo der schrille Sprechchor von Hohnrufen die nächste Ebene erreicht.
    Und da weiß ich es auf einmal.
    Der Gedanke, der mich schon länger umkreist, immer wieder verschwommen auftaucht und um meine Aufmerksamkeit buhlt, wurde endlich gehört. Und obwohl ich nicht sicher bin, ob ich Recht habe, und mir nichts anderes übrig bleiben wird, als blamiert davonzuschleichen, falls ich mich irre, mustere ich die Menge, lasse meine Blicke von Miles zu Haven zu Stada zu Honor zu Craig und zu jedem einzelnen Schüler wandern, der gedankenlos mitmacht und das sagt und tut, was alle anderen sagen und tun, ohne auch nur einmal innezuhalten, ohne auch nur einmal nach dem Warum zu fragen.
    Also hole ich tief Luft, schließe die Augen und konzentriere all meine Energie auf sie, ehe ich schreie:
     
    »WACHT AUF!!!«
     
    Dann stehe ich da und schäme mich zu sehr, um hinzusehen, nachdem nun all ihr Spott erneut von Damen auf mich übergegangen ist. Doch davon darf ich mich nicht hindern lassen, ich weiß, dass Roman irgendeine Form von Massenhypnose ausgeübt und sie in eine Art hirnlose Trance versenkt hat, in der alle nach seiner Pfeife tanzen.
    »Ever, bitte. Rette dich, solange du noch kannst.« Roman lacht. »Nicht einmal ich kann dir mehr helfen, wenn du so weitermachst.«
    Aber ich höre nicht auf ihn - ich kann nicht auf ihn hören. Ich muss einen Weg finden, um ihn zu stoppen - sie alle zu stoppen! Ich muss einen Weg finden, um sie alle aufzuwecken, es irgendwie schaffen, dass sie wieder zu sich kommen ...
    Zu sich kommen!
    Das ist es! Ich schnippe einfach mit den Fingern, und dann...
    Ich hole tief Luft, schließe die Augen und brülle so laut ich kann:
     
    »KOMMT  ZU  EUCH!«
     
    Was lediglich dazu führt, dass meine Mitschüler komplett ausflippen, wobei ihr Hohngeschrei noch eine Stufe lauter wird und massenhaft Limodosen auf mich geworfen werden.
    Roman sieht mich seufzend an und sagt: »Ever, ehrlich. Ich bestehe darauf. Du musst mit diesem Wahnsinn aufhören, sofort! Du machst dich doch komplett lächerlich, wenn du dir einbildest, dass das funktioniert! Was willst du denn als Nächstes machen - ihnen allen eine runterhauen?«
    Ich stehe da, atme flach und abgehackt und weiß, dass ich mich nicht irre, ganz egal, was er sagt. Ich bin sicher, dass er sie mit einem Bann belegt und ihren Verstand durch irgendeine Trance in seine Gewalt gebracht hat.
    Und dann fällt mir dieser alte Dokumentarfilm wieder ein, den ich mal im Fernsehen gesehen habe, in dem der Hypnotiseur den Patienten nicht dadurch zurückgeholt hat, dass er ihm einen Klaps versetzt oder mit den Fingern geschnippt hat, sondern indem er bei drei in die Hände geklatscht hat.
    Ich hole erneut tief Luft und sehe zu, wie meine Mitschüler auf Tische und Bänke steigen, um besser mit ihren Essensresten auf mich zielen zu können. Und ich weiß, dass dies meine letzte Chance ist, und wenn das nicht funktioniert - tja, also dann weiß ich auch nicht mehr, was ich machen soll.
    Also schließe ich die Augen und brülle:
     
    »WACHT AUF!«
     
    Dann zähle ich von drei auf eins herunter und klatsche zweimal in die Hände.
    Und dann -
    Nichts.
    Die ganze Schule verstummt, während langsam alle zu sich kommen.
    Sie reiben sich die Augen, blinzeln, gähnen und strecken sich, als erwachten sie aus einem langen, langen Schlaf. Verwirrt sehen sie sich um und fragen sich, warum sie mit genau den Leuten, die sie früher als Freaks bezeichnet haben, auf den Tischen stehen.
    Craig reagiert als Erster. Als er merkt, dass er so nah neben Miles steht, dass sich ihre Schultern praktisch berühren, rast er ans andere Ende. Er beruhigt sich im Kreis seiner Sportsfreunde und erobert seine Männlichkeit durch einen Knuff auf den Arm zurück.
    Als Haven mit total angeekelter Miene auf ihre Karottensticks schaut, muss ich einfach grinsen, weil ich weiß, dass die große, glückliche Familie wieder in ihrem normalen Alltagsleben angekommen ist, also

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