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Der blaue Stern

Der blaue Stern

Titel: Der blaue Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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direkte Bedrohung durch die Höllenhunde. Doch das hatte nichts mit der gegenwärtigen Lage zu tun, und so beschäftigte sie sich bald mit etwas anderem.
    Der zweite Abend war nicht so gewinnbringend wie der erste, und der dritte Tag nicht so hektisch wie der zweite. Lythandes Liebestrank wurde von einem benommenen Straßenjungen abgegeben. Der Zauber, mit dem der Magier den jungen Bettler behaftet hatte, löste sich auf, sobald das Fläschchen sein rechtmäßiges Ziel erreichte. Der Junge schaute sich völlig verwirrt um und rannte Hals über Kopf davon, noch ehe der Tagespförtner ihm eine Kupfermünze in die Hand drücken konnte.
    Myrtis leerte das Fläschchen in eine kleine Karaffe mit Qualis, die sie zwischen zwei Gläser auf ein Silbertablett stellte. In ihrem Gemach hatte sie ein paar kleinere Änderungen vornehmen lassen. Der rote Likör stand nun dort, wo üblicherweise das Geschäftsbuch lag, das einstweilen in die Kammer des Nachtpförtners verbannt worden war. Die Vorhänge ihres Bettes waren zurückgebunden, und eine seidene Bettdecke war so drapiert, daß sie die weichen Kissen darunter offenbarte. Moschusduft stieg von Räucherschalen auf, die in den Ecken verborgen waren. Auf einem Tischchen neben dem Bett stand eine große Schatulle mit dreihundert Goldstücken.
    Myrtis hatte kein Geschmeide angelegt, denn das würde nur von dem tiefausgeschnittenen schwarzen Gewand mit den Seitenschlitzen ablenken, das sie für diesen Anlaß gewählt hatte. Alles war perfekt. Niemand außer Zalbar würde sie vor dem Morgengrauen sehen, und sie war fest entschlossen, für den Erfolg ihrer Bemühungen zu sorgen.
    Sie wartete allein und erinnerte sich ihrer ersten Tage als Kurtisane in Ilsig, als Lythande ein blutjunger Zauberlehrling und ihre eigenen Erfahrungen ein Alptraumabenteuer gewesen waren. Zu jener Zeit war sie bereit gewesen, sich heftig in jeden jungen Lordling zu verlieben, der ihr den atemberaubenden Prunk einer hohen Stellung bieten konnte. Doch keiner kam, sie aus der fast unwirklichen, aber zukunftslosen Welt der Kurtisane zu befreien. Ehe ihre Schönheit schwand, schloß sie ihren Pakt mit Lythande. Der Zauberer besuchte sie des öfteren, doch obwohl sie sich damit brüstete, war es nie zu einer leidenschaftlichen Liebe zwischen ihnen gekommen. Seine Zauber versicherten Myrtis den dauerhaften Prunk, den sie sich als junges Mädchen gewünscht hatte, ein Luxus, den ihr kein anmaßender Barbar aus Ranke nehmen sollte.
    »Madame Myrtis?« Ein forderndes Klopfen an der Tür riß sie aus ihren Gedanken. Die Stimme hatte sich ihrem Gedächtnis eingeprägt und so erkannte sie sie sofort, obgleich sie sie nur einmal zuvor gehört hatte.
    »Herein.«
    Sie öffnete ihm die Tür und freute sich über sein Zögern, denn es verriet ihr, daß er nicht damit gerechnet hatte, in ihr Schlafgemach geführt zu werden.
    »Ich bin hier, um die Steuer abzuholen«, sagte er schnell. Trotz seiner militärischen Haltung gelang es ihm nicht ganz, sein fast ehrfürchtiges Staunen und die leichte Verlegenheit zu verbergen, als er das hoheitliche und erotische Bild wahrnahm, das ihm geboten wurde.
    Er drehte sich nicht um, als Myrtis die Tür hinter ihm schloß und heimlich einen verborgenen Riegel vorschob. »Ihr bringt mich fast an den Bettelstab, Hauptmann«, sagte sie mit niedergeschlagenen Augen und legte eine Hand leicht auf seinen Arm. »Es ist nicht so einfach, wie Ihr vielleicht glaubt, eine so hohe Summe zusammenzubringen.«
    Sie hob die mit Perlen verzierte Ebenholzschatulle vom Tischchen neben ihrem Bett und trug sie zögernd zu ihm. Er zauderte, ehe er sie ihr abnahm.
    »Ich muß das Geld zählen, Madame«, sagte er fast entschuldigend.
    »Das verstehe ich. Ihr werdet feststellen, daß der Betrag stimmt. Meinem Wort kann man glauben.«
    »Ihr - Ihr erscheint mir so anders als vor zwei Tagen.«
    »Es ist der Unterschied zwischen Tag und Nacht.«
    Er stapelte die Goldmünzen auf dem Tisch vor dem Silbertablett mit dem Qualis auf.
    »Wir mußten unsere üblichen Bestellungen bei den Kaufleuten einschränken, um die Steuer aufzubringen.«
    Aus dem überraschten und gleichzeitig nachdenklichen Blick, mit dem er sie bedachte, schloß Myrtis, daß den Höllenhunden bereits Beschwerden aus den Vierteln mit den ehrbaren Bürgern zu Ohren gekommen waren, nachdem Mikkun und seine Freunde dort ihre Schulden eingetrieben und ihre Kredite zurückgezogen hatten.
    »Aber«, fuhr sie fort, »es ist mir natürlich bewußt, daß Ihr

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