Der blaue Stern
rein. Meine Tochter ist sehr krank. Sie braucht die Medizin, die mir Dr. Nadeesh gegeben hat.«
»Ah, deshalb warst du bei ihm«, sagte Smhee. »Also gut, klopf jetzt an die Tür. Ich decke uns den Rücken.«
Er war plötzlich verschwunden, für einen so fetten Mann wie er bewegte er sich erstaunlich gewandt. Sein Geruch jedoch blieb.
Sie tat, wie er sie geheißen, und Shmurt kam sofort brummelnd zur Tür und sperrte auf. Gerade als sie eintrat, wurde der Geruch von Butter stärker und Smhee war neben ihr. Er schloß die Tür, ehe der überraschte Hausmeister protestieren konnte.
»Er ist in Ordnung«, beruhigte Masha den Aufgeregten.
Der alte Shmurt musterte Smhee im Licht seiner Öllampe. Selbst bei besserer Beleuchtung hätte er jedoch sein Gesicht nicht sehen können. Es war hinter einer grünen Maske verborgen.
Shmurt wirkte angewidert.
»Ich weiß ja, daß dein Mann nicht viel taugt«, krächzte er. »Aber daß du dich mit diesem Ausländer, diesem Faß ranziger Butter einläßt ... shewaw!«
»Du siehst das ganz falsch«, erwiderte Masha gekränkt.
Smhee meinte:
»Ich muß unbedingt baden. Jeder erkennt mich sofort.«
»Ist Eevroen zu Hause?« fragte Masha.
Shmurt grunzte und sagte: »So früh? Nein, du und dein stinkender Liebhaber seid sicher.«
»Verdammt noch mal!« brauste Masha auf. »Er ist geschäftlich hier!«
»Tja, geschäftlich.«
»Hüte deine Zunge, du alter Furz«, tobte Masha, »oder ich schneide sie dir raus.«
Shmurt schlug die Tür zu seinem Zimmer hinter sich zu und schimpfte. »Hure, Schlampe, Ehebrecherin!«
Masha zuckte die Schultern, entzündete ihre Lampe und ging die Treppe hinauf. Smhee folgte ihr. Wallu war sehr überrascht, als der fette Mann mit ihrer Tochter eintrat.
»Wer ist das?«
»Da ist jemand, der mich nicht kennt?« staunte Smhee. »Stimmt etwas nicht mit ihrer Nase?«
Er nahm die Maske ab.
»Sie verläßt selten das Haus«, erklärte Masha. Dann eilte sie zu Kheem, die schlafend auf ihrem Deckenhaufen lag. Smhee nahm seinen Umhang ab, und zum Vorschein kamen dünne Arme und Beine, und ein Körper, der aussah wie ein Käselaib. Hemd und Weste aus Samt, mit glitzernden Ziermünzen bestickt, schmiegten sich eng an seinen Körper. Ein breiter Ledergürtel umspannte seinen Wanst. Daran hingen zwei Hüllen, in denen Messer steckten, und eine weitere, aus der das Ende einer Bambuspfeife ragte, und ein Ledersack, der etwa so groß war wie Mashas Kopf. Um eine Schulter und seitlich vom Hals war ein dünner Strick aufgewickelt.
»Handwerkszeug«, erklärte er, als er Mashas fragenden Blick bemerkte.
Masha wunderte sich, welchem Handwerk er wohl nachging, hatte aber keine Zeit ihn zu fragen. Sie fühlte Kheems Stirn und Puls und ging zum Wasserkrug, der auf einem Sims in der Ecke stand.
Sie mischte das Pulver mit dem Wasser, wie Nadeesh sie angewiesen hatte, und gab etwas von der Lösung auf einen großen Löffel, dann wandte sie sich um. Smhee kniete neben dem Kind und kramte in seinem Lederbeutel am Gürtel.
»Ich verstehe etwas vom Heilen«, erklärte er, als sie zu ihm kam. »Hier, vergiß die Medizin dieses Quacksalbers und nimm das.«
Er erhob sich und reichte ihr einen kleinen Lederumschlag.
Sie sah ihn nur an.
»Ja, ich kann mir schon denken, daß du mit einem Fremden kein Risiko eingehen willst. Aber glaub mir, bitte. Dieses grüne Pulver ist tausendmal besser als das Beruhigungsmittel, das dir Nadeesh gegeben hat. Wenn das dem Kind nicht hilft, schneide ich mir die Kehle durch, das verspreche ich dir.«
»Was das wohl dem Baby nützt«, brummte Wallu.
»Ist das ein Zaubertrank?« fragte Masha.
»Nein. Zauberei würde nur die Schmerzen lindern, doch die Krankheit heilen kann sie nicht. Da, nimm es. Ich möchte nicht, daß ihr beide jemals ein Wort darüber verliert, aber ihr sollt wissen, daß ich einst in der Kunst des Heilens unterwiesen wurde. Und dort, wo ich herkomme, sind die Ärzte denen in Freistatt zwanzigmal überlegen.«
Masha musterte sein dunkles, glänzendes Gesicht. Er sah aus, als wäre er etwa vierzig. Die hohe breite Stirn, die lange gerade Nase und sein wohlgeformter Mund hätten ihm ein gutes Aussehen verliehen, wären nicht die übermäßig dicken Wangen und das Doppelkinn gewesen. Seine Beleibtheit tat jedoch seiner Intelligenz keinen Abbruch. Die schwarzen Augen unter den buschigen Brauen blickten scharf und lebhaft.
»Ich kann es mir nicht leisten, mit Kheem ein Risiko einzugehen«, sagte Masha.
Er lächelte,
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