Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Blaumilchkanal

Der Blaumilchkanal

Titel: Der Blaumilchkanal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
Dann können wir beginnen.
    Nimmt in einem Sessel Platz. Romantische Hintergrundmusik, intime Atmosphäre. In der Nähe des Sessels auf einem Tischchen zwei Gläser, eine Cognacflasche und ein Telefon.
    Gattin (tritt ein)
    Friseur: Da ist sie.
    Gattin (setzt sich dem Friseur auf den Schoß, schlingt ihre Arme um seinen Nacken) : Küß mich! Preß mich an dich. Beiß mich!
    Friseur: (macht sich nicht ohne Mühe von ihr los)
    Gattin: Du irrer Typ! Was willst du von mir?
    Friseur: Ich liebe dich.
    Gattin: Sag's noch einmal!
    Friseur: Ich liebe dich.
    Gattin: Noch einmal!
    Friseur: Gib schon Ruh.
    Gattin: Du liebst mich nicht.
    Friseur: Doch, ich liebe dich.
    Gattin: Noch einmal (neuerliche Umarmung und neuerlicher Befreiungskampf des Friseurs) ! Du irrer Typ. Was willst du von mir?
    Friseur: Wo ist dein Mann?
    Gattin: Auf Waffenübung. Warum liebst du mich?
    Friseur: Kann er nicht unerwartet nach Hause kommen?
    Gattin: Nein. Er ist ja erst am Morgen abgefahren. Liebst du mich?
    Friseur: Ja. Ist er stark? Ich meine körperlich?
    Gattin: Nein. Nur sehr gescheit.
    Friseur: Das macht nichts.
    Gattin: Was hab' ich dich nur fragen wollen? Ach ja, richtig. Liebst du mich?
    Friseur: Natürlich. (Umarmung) Aber ich möchte nicht in Schwierigkeiten kommen.
    Gattin: Ich sagte doch schon, daß er auf Waffenübung ist.
    Friseur: Und wer garantiert uns, daß er dort bleibt? Sie könnten ihn als überzählig wegschicken. Er konnte krank werden und könnte plötzlich zur Tür hereinkommen (der Raum erhellt sich, in der Tür steht der Gatte) . Siehst du? Da steht er. Und ich wollte doch nicht in Schwierigkeiten kommen. Jetzt haben wir's.
    Gattin (ohne die Umarmung zu lösen) : Du liebst mich nicht.
    Friseur: Ich liebe dich, aber diese Geschichte beginnt mir zu mißfallen.
    Gattin: Er hat gesagt, daß er für sechs Tage auf Waffenübung ist.
    Friseur: Er hat gesagt, er hat gesagt. Ist er jetzt hier oder nicht?
    Gattin: Er ist hier, (zum Gatten) Also, du bist auf einer Waffenübung, was?
    Gatte: Jetzt bin ich hier, Weib!
    Gattin: Das sehe ich. Du spionierst mir nach, erbärmlicher Schnüffler! Du erzählst mir alle möglichen Geschichten und alle möglichen Lügen über deine Pflichten als Vaterlandsverteidiger, du gibst vor, ein Mustergatte zu sein, und in Wahrheit denkst du dir die gemeinsten Intrigen aus. Gut, mein Lieber. Ganz wie du willst. Wenn's dir Vergnügen macht, nur zu. Nimm dir Detektive, die mich beobachten und verfolgen, stell dich auf den Kopf und mach dich zum Gespött der ganzen Welt. Aber laß dir dann ja nicht einfallen, zu mir zu kommen und um Verzeihung zu betteln.
    Gatte: Wie darfst du es wagen ...
    Friseur (beginnt mit der Gattin auf seinem Schoß die Sportzeitung zu lesen)
    Gattin: Schäm dich, Jonas. Du glaubst jedem Gerücht, jedem Tratsch, jeder Verleumdung, die dir zu Ohren kommt. Du hast kein Vertrauen zu mir. Du mußt eine schmutzige Phantasie haben. Wie kann ein Mensch sich so erbärmlich benehmen? Hast du den letzten Rest von Würde verloren? Bist du ein Polizeihund den man hinter einem Verbrecher herhetzt? Nachher wird's dir leid tun. Nachher wirst du dich an die Brust schlagen, wenn du merkst, was du mir mit deinem schäbigen Benehmen angetan hast. Nachher geht das Gewinsel los. Debora hin, Debora her, Debora dort, Debora hier . . .
    Gatte: Debora hier... Das ist es ja ... Ich mußte ...
    Gattin (zum Friseur) : Er mußte! Hast du gehört? Etwas Dümmeres konnte ihm gar nicht mehr einfallen. Er mußte. Das sagt jeder Verbrecher, wenn man ihn erwischt. Aber daß ich so etwas von dir zu hören bekommen würde, Jonas. Wenn mir das jemand prophezeit hätte, hätte ich geantwortet: Mein Jonas tut so etwas nicht. Ausgeschlossen. Undenkbar. Mein Jonas ist ein Gentleman, ja mehr als das, er ist ein Mann. Hätte ich geantwortet. Offenbar habe ich dich in all den Jahren unseres gemeinsamen Lebens nicht wirklich kennengelernt. Du stehst vor mir wie ein Fremder. Du hast eine Wand zwischen uns aufgerichtet, durch die ich kaum noch sehen kann. Und wozu das alles? Nur um mir nachzuspionieren.
    Gatte: Aber ...
    Gattin: Schweig! Du ekelst mich an.
    (Telefon läutet)
    Gatte: (hebt ab) Hallo ... Jemand will mit Mischa sprechen.
    Friseur (läßt die Gattin von seinem Schoß herunterrutschen, steht aufnimmt dem Gatten den Hörer aus der Hand): Hallo, hier Mischa .. . Du bist's? Na fein ...(fröhliches Geplauder)  
    Gatte: Laß mich erklären. Ich war ganz sicher, daß ich zu Hause alles in bester Ordnung vorfinden würde

Weitere Kostenlose Bücher