Der Blaumilchkanal
und...
Gattin: Darf ich fragen, was hier nicht in bester Ordnung ist?
Gatte: Hör endlich auf, mich wie einen Idioten zu behandeln. Ich bin nicht ganz so dumm, wie du glaubst.
Gattin: Große Worte. Das kannst du, Worte machen. Aber was steckt dahinter? Nichts. Ich ahne nicht einmal, wovon du sprichst.
Gatte: Debora, was bedeuten die zwei Gläser hier auf dem Tisch?
Gattin: Zwei Gläser sind zwei Gläser. Warum fragst du? (räumt die Gläser in Panik weg) Wie soll ich dir erklären, was zwei Glaser bedeuten?
Gatte: Nur so weiter! Vielleicht hast du gleichzeitig aus zwei Gläsern getrunken?
Gattin: Ich, ich weiß wirklich nicht, was ich darauf sagen soll,
Gatte: Ach, das weißt du nicht? Du sollst mir antworten. Du sollst mir sagen, warum hier zwei Gläser stehen. Ich habe ein Recht, es zu erfahren. Du schweigst? Das sagt alles.
Gattin: Das sagt gar nichts. Ich schweige aus Verachtung. Ich schweige, weil deine unglaublichen Unterstellungen mich anwidern. Weil dein niederträchtiger Verstand mich jeder moralischen Verpflichtung enthebt, noch ein Wort an dich zu verlieren.
Friseur (hat das Telefongeplauder beendet und legt den Hörer auf) : Entschuldigen Sie die Störung (nimmt wieder im Fauteuil Platz).
Gattin (setzt sich wieder auf seinen Schoß, zum Gatten) : Du offenbarst mir deinen Charakter in seiner ganzen Niedrigkeit und sprichst über zwei läppische Gläser. Aber das hilft dir nichts. Damit kannst du mich nicht einschüchtern. In keinem andern Land der Welt würde ein so erbärmlicher Spion wie du mit dem Leben davonkommen. Man würde ihn an die Wand stellen. Ganz einfach an die Wand, und Schluß.
Gatte: So einfach ist das nicht,
Gattin: Nicht? (zum Friseur) Jetzt sag mir, Mischa, was soll ich mit ihm anfangen? Hat es überhaupt einen Sinn, mit ihm zu diskutieren? Ist es überhaupt der Mühe wert, einem solchen Mann treu zu sein?
Friseur: Mich darfst du nicht fragen. Ich möchte mich nicht in Familienangelegenheiten einmischen.
Gattin: Da fällt mir ein, kennt ihr euch eigentlich? Das ist Mischa, mein Friseur.
Gatte: Darüber bin ich informiert.
Gattin: Und das ist mein Mann.
Friseur: Angenehm.
Gatte (kühl): Sehr erfreut.
Gattin: Jonas, was ist los mit dir?
Gatte: Was soll los sein?
Gattin: Das frage ich dich.
Gatte: Es muß dir doch klar sein, daß ich Verschiedenes weiß.
Friseur (zur Gattin): Ich hab' dir ja prophezeit, daß es Streitigkeiten geben wird.
Gattin (zum Gatten) : Hörst du? Hast du denn gar keine Manieren? Reiß dich zusammen, Jonas. Sag etwas zu deiner Verteidigung, irgend etwas. Gestehe. Entlaste dein Gewissen. Sag mir, aber bitte ganz ruhig, ohne Hysterie, in chronologischer Reihenfolge, sag mir, wie das alles gekommen ist und was dich dazu getrieben hat.
Gatte: Ich habe einen anonymen Brief bekommen.
Gattin: Das dachte ich mir. Bei Gott, das dachte ich mir.
Friseur: Natürlich. Lag auf der Hand.
Gatte: Zuerst nahm ich das Ganze nicht ernst, wollte es von mir schieben, aber es blieb etwas hängen, ein kleiner... nicht direkt ein Verdacht... ein... ein...
Friseur: Zweifel.
Gatte: Ja. Ein Zweifel. Und der nagte an mir.
Gattin: Jonas, Jonas, wann wirst du endlich erwachsen werden.
Gatte: Es ist ja nur, weil ich dich liebe. Das ist es. Deshalb entschied... entschul... entschloß ... Gattin: Stotter nicht.
Gatte: Deshalb entschloß ich mich, dich in flagranti zu ertappen. Deshalb erfand ich die Geschichte mit der Waffenübung.
Gattin: Du hinterhältiger Schuft. Mit welcher Kaltblütigkeit mußt du deinen abscheulichen Plan ausgeheckt haben!
Gatte: Aber Debora...
Gattin: Rühr mich nicht an mit deinen klebrigen Verbrecherhänden! Fort von mir! Laß mich allein!
Gatte: Debora! Ich gebe zu, daß ich einen Fehler gemacht habe. Ich war eifersüchtig. Ich war verrückt vor Eifersucht. Aber du mußt mich verstehen. Ihr beide müßt mich verstehen. Was hätte ich tun sollen, als ich diesen Brief bekam? (zieht einen Brief aus der Tasche, liest) »Sehr geehrter Herr, während Sie sich mühen und plagen, um Ihrer Frau das Leben nur ja recht schön zu machen, vergnügt sich die saubere Dame mit dem Schlagzeuger vom Nebenhaus ...«
Friseur: Einen Augenblick, bitte! (nimmt den Brief an sich, liest weiter) ». . . mit dem Schlagzeuger vom Nebenhaus, der jeden Donnerstag von 20 Uhr 30 bis ungefähr 22 Uhr auf seine Weise mit ihr musiziert.« (zur Gattin) Darf ich fragen, was das heißen soll?
Gattin: Sei nicht albern, Mischa.
Friseur: Jeden Donnerstag?
Gatte: Ich darf
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