Der Blaumilchkanal
ausgehoben. Denn es war seit langem der Wunsch meiner Gattin, die Fußböden einige Grade heller getönt zu haben. »Nur das noch«, sagte sie, »nur das noch, und dann ist es vorbei.«
Um diese Zeit waren bereits 17 Mann an der Arbeit, mich eingeschlossen. Die Maurer, die gerade eine Zwischenwand niederrissen, machten einen ohrenbetäubenden Lärm.
»Ich habe mit dem Gebäudeverwalter gesprochen, der eine Art Architekt ist«, teilte mir die beste Ehefrau von allen mit. »Er riet mir, die Zwischenwand zwischen dem Vorzimmer und deinem Arbeitszimmer niederreißen zu lassen, dann bekommen wir endlich ein großes Gästezimmer und unser jetziges Gästezimmer wird überflüssig, weil wir ja wirklich keine zwei Gästezimmer brauchen, so daß wir das alte Gästezimmer teilen könnten, und dann hätten wir ein Vorzimmer, und du hättest dein Arbeitszimmer.«
Um nicht untätig zu sein, stieg ich auf eine Leiter und schnippte mit der großen Gartenschere sämtliche Lüster ab. Wenn schon, denn schon, sage ich immer. Dann hängte ich einen alten Schrankkoffer an einen wurmstichigen Balken und ging zur Ruhe.
Der Gebäudeverwalter teilte mir mit, daß es am besten wäre, die ganze Küche auf den Dachboden und den Dachboden ins Badezimmer zu verlegen. Ich bat ihn, das mit meiner Gattin zu besprechen, die ja nur ein paar kleinere Veränderungen für das Pessachfest im Hause durchführen wollte. Meine Gattin schloß sich in der Vorratskammer ein und sagte, sie fühle sich nicht wohl. Zwei rohe Eier.
Donnerstag . Ging heute von Fuhrmann nicht nach Hause. Verbrachte die Nacht auf einer Gartenbank und fand endlich Ruhe und Schlaf. Zum Frühstück Gras und etwas Wasser aus dem Springbrunnen. Delikat. Fühle mich wie neugeboren.
Freitag. Daheim erwartete mich eine freudige Überraschung. Wo einst mein Haus stand, gähnte mir jetzt eine tiefe Grube entgegen. Zwei Archäologen durchstöberten die Ruinen nach interessanten Scherben. Die beste Ehefrau von allen stand im Garten und wischte den Staub von den Trümmern. Zwei Polizisten hielten die Schar der Andenkenjäger zurück.
»Ich dachte«, sagte die beste Ehefrau von allen, »daß wir die kleine Frühjahrsreinigung doch gleich dazu nützen könnten, das ganze Zeug niederzureißen und es dann anständig aufzubauen.«
Eines steht fest, in unserem ganzen Haus ist keine Spur von Ungesäuertem zu finden. Der zweite Vorteil ist, daß unsere Nachbarn es nicht mehr begehren können.
Als Moses vom Begehren des Hauses sprach, hat er vermutlich auch an die Haustiere gedacht, obwohl die Einstellung der Bibel zu Haustieren erstaunlich zwiespältig ist. Denn eigentlich mußte ein Stamm, der im Sinai herumwanderte, die Tiere lieben, die schließlich sein Überleben in der öden Sandwüste ermöglichten.
Nicht umsonst hat der Herr die Flüchtlinge aus Ägypten angewiesen: »Nehmt mit eure Schafe und Rinder.« Und es steht geschrieben, daß sie tatsächlich »sehr viel Vieh«, und nicht immer nur ihr eigenes mitgenommen haben.
Ja, unsere Vorväter umgaben sich gerne mit Haustieren, aber sie waren ihnen trotzdem nicht zugetan. Darin unterscheiden sie sich kaum von den heutigen Bewohnern der Sandwüste. In Filmen kann man zwar den stolzen arabischen Scheich auf seiner geliebten Stute reiten sehen oder eine Kamelkarawane, die majestätisch an uns vorbeizieht, aber das ist in Wahrheit nur ein Werbegag. Der Scheich liebt sein Pferd ebensowenig, wie die Stute ihn ausstehen kann. Von den Kamelen gar nicht zu reden, für die jeder Beduinenführer einfach Luft ist, was man ihren gelangweilten Mienen auch deutlich ansieht.
Zu Zeiten der Bibel aber dienten die Haustiere vor allem als Sühneopfer. Bruder Aaron opferte täglich einen Stier und zwei Ziegenböcke und hat damit jeweils in einem Aufwasch alle Sünden ringsum getilgt. Aber auch anderem Vieh erging es nicht besser. Außer dem Verbot von Moses gegen ein Techtelmechtel mit Haustieren fällt mir beim besten Willen kein gutes biblisches Wort zur Fauna ein.
Ich erinnere mich dagegen recht gut an ein paar saftige Beschimpfungen. Wenn der Prophet Jeremia zum Beispiel jemand verfluchen wollte, hat er ihm gewünscht, »wie ein Esel begraben zu werden«. Ein anderer Prophet, Samuel, hatte einen Hundekomplex. Jemanden, dem er böse war, bedachte er mit der Bezeichnung »toter Hund«, und einen dummen Kerl nannte er »Hundekopf«.
Samuel war zweifellos eine bedeutende historische Persönlichkeit, aber mit seiner Einschätzung von Hunden hatte er nicht
Weitere Kostenlose Bücher