Der Blaumilchkanal
doch bitten, was soll das alles?
Gattin: Mischa, ich schwöre ...
Friseur: Ein Schlagzeuger, was? (zum Gatten) Hören Sie, das geht zu weit.
Gatte: Beruhigen Sie sich.
Friseur: Diese Frau hat alles, was sie braucht, buchstäblich alles, und treibt sich mit Schlagzeugern herum.
Gatte: In dem Brief ist nur von einem Schlagzeuger die Rede.
Friseur: Na wenn schon. Heutzutage kann man niemandem mehr glauben.
Gatte: Aber man darf auch nicht alles ernst nehmen. Schließlich ist es ja nur ein anonymer Brief.
Friseur: Lassen Sie mich in Ruhe.
Gatte: Die Erfindung eines anonymen Verleumders. Kennen Sie den Typ nicht? Der braucht keine Beweise. Eine attraktive junge Frau, die ihren Gatten liebt, das genügt den bösen Zungen, um die absurdesten Gerüchte in Umlauf zu setzen.
Gattin: Stimmt.
Friseur: Jonas, Sie sind naiv.
Gatte: Sagen Sie das nicht. Im Gegenteil, meine Augen sind sehr weit geöffnet und sehen sehr scharf. Aber warum stehen Sie? Setzen Sie sich, Mischa.
Friseur: Danke. Ich muß jetzt gehen.
Gatte: Schade. Kommen Sie bald wieder.
Friseur: Auf Wiedersehen, Jonas. (ab)
Gatte: Auf Wiedersehen.
Gattin: Mischa! (bricht schluchzend zusammen)
Gatte: Na, na, na. Nicht weinen, Liebling (nimmt sie auf den Schoß). Es wird alles wieder gut. Die Zeit heilt Wunden. Kannst du mir verzeihen?
Gattin: Du liebst mich nicht.
Gatte: Doch, ich liebe dich.
Gattin: Sag's noch einmal!
Gatte: Doch, ich liebe dich.
Gattin: Du irrer Typ! Was willst du von mir?
Ohne Zweifel ist Eifersucht eine Leidenschaft, die schwere Qualen verursacht. Schon die Bibel sagt: »Besser 100 Tode als ein Fall von Eifersucht.«
Was aber ist zu tun, wenn man mit drei Eifersüchtigen auf einmal konfrontiert wird?
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GRIENSPAN, SCHABBATAJ UND TADDEUSZ ODER EINE HAARIGE DREIECKSGESCHICHTE
Der Friseursalon, in dem ich Stammkunde bin, zählt vielleicht nicht zu den luxuriösesten im Küstengebiet des Mittelmeeres, aber er hat alles, was man für einen erfolgreichen Haarschnitt braucht: drei Sessel, drei Waschbecken und ein kleines Glöckchen, das klingelt, wenn man die Türe öffnet. Als ich dieses Glöckchen das erste Mal zum Klingeln brachte, empfing mich ein ältlicher Haarkünstler mit 98prozentiger Glatze, deutete auf einen der drei leeren Sessel und sagte:
»Bitte sehr.«
Ich begab mich in seine Hände, nicht ohne ihm mitzuteilen, daß ich keinen richtigen Haarschnitt wünschte, sondern lediglich stutzen, da ich mein Haar lang und seidig zu tragen liebe. Das nahm er mit verständnisvollem Nicken zur Kenntnis.
Fünfzehn Minuten später sah ich aus wie ein Soldat zu Beginn der Ausbildung. Die Füße des kahlen Figaro versanken bis zu den Knöcheln in meinen massakrierten Locken, und sein Gesicht strahlte vor Befriedigung über die geleistete Arbeit. Er bekannte, daß er nicht der Chef sei, strich das Trinkgeld ein und öffnete mir die Türe. Ich war nicht wirklich böse auf ihn. Es war mir klar, daß er unter einem unwiderstehlichen psychologischen Zwang gehandelt hatte. Er hieß, auch das war klar, Grienspan.
*
Ungefähr zwei Monate später, als ich wieder wie ein Mensch aussah, kam ich wieder. Grienspan war mit einem anderen Kunden beschäftigt, aber sein Kollege, ein dürrer Mann mit dicken Brillengläsern, deutete auf einen leeren Sessel und sagte:
»Bitte sehr.«
Ich war entschlossen, mich auf keine Experimente einzulassen und dem kahlköpfigen Grienspan treu zu bleiben. Da ich mit seinen Komplexen bereits vertraut war, konnte ich sie diesmal vielleicht neutralisieren.
»Vielen Dank«, sagte ich zu dem Dürren, während ich mich setzte. »Ich warte auf Ihren Freund.«
Daraufhin stopfte mir der Dürre einen Frisierumhang in den Kragen und griff zur Schere. Ich wiederholte, daß ich auf seinen Freund warten wollte.
»Jawohl«, nickte er und grinste sein freundlichstes Grinsen. »Jawohl, okay.«
»Er ist erst vorige Woche eingewandert«, erläuterte Grienspan. »Er spricht noch nicht hebräisch.«
Mein Widerstand brach sofort zusammen. Hier ging es darum, einem neuen Bürger des Landes beizustehen, hier ging es um Schmelztiegel und Heimatgefühl, und ich bin der letzte, der einen ehrgeizigen Handwerker darunter leiden ließe, daß er noch mit Sprachschwierigkeiten kämpft. Ich überließ mich also dem Einwanderer und versuchte ihm unter Einsatz meiner gesamtrussischen Sprachkenntnisse klarzumachen, daß ich mein Haar, weil es sehr schön ist, lieber lang trage als kurz. Hier, erklärte ich ihm
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