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Der Blaumilchkanal

Der Blaumilchkanal

Titel: Der Blaumilchkanal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Abflughalle. Die Fluggäste, die umbuchen wollten, wurden von den Trägern daran gehindert, die sich aus Solidarität weigerten, die Koffer aus dem Jumbo zu holen. Die Verluste der Fluggesellschaft wurden mittlerweile auf 30 Millionen geschätzt. Die Krankenwagen, die das Ehepaar abtransportieren sollten, das sich die Pulsadern aufgeschnitten hatte, kamen nicht, da sich auch die Krankenhäuser im Solidaritätssitzstreik befanden. Um 17 Uhr wurde die Besatzung nach aufreibender Acht-Stunden-Schicht abgelöst. Das Gewerkschaftssekretariat berief eine Notstandssitzung für kommenden Montag ein. Der Verkehrsminister schlug einen Kompromiß vor, der vorsah, daß Hansi erkläre, es täte ihm »wirklich leid«, mit der Betonung auf »wirklich«.
    »Lächerlich«, reagierte Hierspricht, »wir sind doch nicht im Kindergarten.«
    Bei dieser Gelegenheit erinnerte er an die Gehaltszulagen der Piloten und die bevorstehenden Beförderungen.
    Um 19 Uhr 30 hatten sich die meisten Passagiere am Boden zur Ruhe gelegt, so daß man über sie hinwegsteigen mußte. Ein belgischer Wissenschaftler stürzte sich auf Ginzburg, um ihn zu erwürgen, wurde aber von dessen Bodyguards brutal zusammengeschlagen. Einige Passagiere hatten sich zusammengetan und waren in die Imbißhalle eingebrochen, um sie zu plündern. Die Polizei erhielt Verstärkung vom Grenzschutz. Um Mitternacht wurde die Besatzung erneut abgelöst, der Navigator hatte eine beachtliche Summe beim Pokern gewonnen. Auf Anweisung Ginzburgs wurde der Jumbo zerlegt, und man nahm aus Sicherheitsgründen Einzelteile mit nach Hause. Die Verluste beliefen sich auf 1,8 Milliarden Mark. Das Arbeitsministerium bat um eine Stellungnahme des Regierungsjustitiars.
    »Aus rechtlichen Gründen kommt eine Schließung des Flughafens und die Eröffnung eines anderen durchaus in Frage«, teilte der Justitiar mit. »Die Alternative wäre, daß die Passagiere auf den Flug verzichten und sich im Lande niederlassen.«
    Um 6 Uhr morgens kam die Stunde der starken Hand. Der Staatspräsident schaltete sich ein und bot an, persönlich im Namen der Regierung und ihrer Ministerien, eine Entschuldigung auszusprechen. Ginzburg antwortete höflich aber entschlossen:
    »Immer mit der Ruhe, mein Freund«, sagte er dem Präsidenten, »der Hierspricht Hansi hat uns schlecht gemacht, also muß er zugeben, daß uns das Wohl der Passagiere am Herzen liegt.«
    Der Präsident bekam einen Weinkrampf. Der Gewerkschaftsboß berief eine Pressekonferenz ein und stellte die ultimative Forderung nach dem 15. Monatsgehalt. Die hungrigen Passagiere versuchten, sich wenigstens an dem Lagerfeuer zu wärmen, für das sie die Einrichtung angezündet hatten. Ein dicker Kaufmann aus Neuseeland war am Morgen spurlos verschwunden. Er hatte sich auf dem Klo aufgehängt. Der Innenminister bot sich als Geisel an, um eine Freilassung der Frauen und Kinder zu erwirken...
    »Wegen ein paar ausgeflippter Passagiere werden wir doch nicht unseren Prinzipien untreu«, war die Reaktion Ginzburgs.
    Um 9 Uhr morgens trat die dritte Schicht zum Pokern an. Die Passagiere schlossen Blutsbruderschaft und gründeten den IBzEsF (»Internationalen Bund zum Erschlagen streikenden Flugpersonals«). Um 11 Uhr 30 beugte sich Hierspricht starkem gesellschaftlichen Druck und war bereit, zweimal »Es tut mir leid« zu murmeln, wobei er sich jedoch weiterhin standhaft weigerte, »wirklich« hinzuzufügen. Der Vorstand der Fluglinie bat um die Ernennung eines Konkursverwalters.
    Die Verluste belaufen sich auf 2,3 Milliarden Dollar. Resümee: drei Todesopfer und 102 Verletzte.
    Eine umgehende Steuererhöhung ist zu erwarten.
    Soviel ich weiß, sind Soldaten vom Fünften Gebot freigestellt. Aber die Zivilschützer hat Moses vollkommen vergessen.

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ZWEI SIND EINER ZUVIEL ODER ZIVILSCHÜTZER LEBEN GEFÄHRLICH
    Zunächst kam ein Rundschreiben, unterzeichnet von Dr. Wechsler mit folgendem Wortlaut: »Alle Männer in unserem Häuserblock haben sich freiwillig gemeldet. Und was ist mit Ihnen?« Kurz darauf kam es ein zweites Mal. Dann kam die beste Ehefrau von allen: »Was werden die Nachbarn sagen? Du mußt dich zum freiwilligen Zivilschutz melden.«
    Ich rief Wechsler an.
    »Hallo«, sagte ich.
    »Sie sind heute um 3 Uhr dran«, antwortete Wechsler. »Um 3 Uhr nachts. Oder um 3 Uhr früh. Ganz wie Sie wollen. Um drei.«
    Meine Vereidigung verlief feierlich. Als ich im Hauptquartier ankam - es war im Werkzeugschuppen unserer Volksschule

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