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Der Blaumilchkanal

Der Blaumilchkanal

Titel: Der Blaumilchkanal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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entschlossen ließ ich ihn statt des gefallenen Trippoli hinter dem Hügel hervortreten. - »Kapitän Lollik Tow, Jerusalem«, stellte er sich vor und nahm die Kefiah vom Kopf. »Gegenspionage. Vorwärts!«
    Und an allem war nur Trippoli schuld, der vermutlich in irgendeiner Raststelle schnarchte. Immerhin waren die Reihen der tapferen Krieger jetzt wieder vollzählig, an ihrer Spitze die neue Kommandan-tin Zipi Weinstein. Die Wüstensonne aber brannte herab, und am Abend hatte Kapitän Lollik Tow einen Sonnenstich.
    »Für den Film«, entschied ich, »hat er keinen Sonnenstich, sondern Malaria. Er wird dem Trupp auf einer Bahre vorangetragen.«
    Der Kuhhirt und der Punker übernahmen diese anstrengende Aufgabe, gaben aber rasch auf. Der Gegenspionage-Kapitän war ihnen zu schwer und hörte nicht zu fressen auf.
    Es half nichts, auch Lollik Tow mußte dran glauben. Kleine Änderung im Drehbuch und ein Dumdum-Geschoß tötete ihn aus dem Hinterhalt.
    Die Tochter warf sich über die väterliche Leiche und schluchzte herzzerreißend, mitten in der Szene wurde sie aber von den verzweifelten Rufen eines plötzlich auftauchenden Managers abberufen:
    »Fräulein Weinstein! Wo stecken Sie, Fräulein Weinstein? Ihr Solo! Wir warten auf Sie! Schnell, schnell!«
    Wie sich herausstellte, hatte Zipi Weinstein inzwischen bei einer neuen jemenitischen Tanzgruppe in Haifa angeheuert. Auch sie, sagte mir eine innere Stimme, würde ich bei unseren Dreharbeiten nie wieder sehen. Folklore schlägt Film.
    Ich beförderte sie durch einen tödlichen Sturz von einem nahe gelegenen Felsen ins Jenseits. Natürlich konnte man sie nicht wirklich stürzen sehen, weil sie ja bereits in Haifa war. Also verlegte ich die Kamera ins Kommandozelt, wo man von fern den Todesschrei einer weiblichen Stimme horte. Kurz darauftrat mit gesenktem Kopf der Kuhhirt ein:
    »Sie hat sich zu weit vorgewagt... aber sie mußte nicht lange leiden... ihr letztes Wort war Tanger.«
    An dieser Stelle machte der Funker die freche Bemerkung, daß wir ausgezeichnete diplomatische Beziehungen zu Spanien hätten, warum dann in Tanger Raketenbasen sprengen? Ich brachte den drittklassigen Komparsen, dem ich eine geradezu lächerlich hohe Gage zahlte, durch einen tödlichen Blick zum Schweigen.
    Für Zipi schrieb ich ein würdiges Begräbnis ins Drehbuch. Begräbnisse kommen immer gut an. Man kann sie auch ohne Schauspieler drehen. Grischkas Geist hielt die Grabrede, die ich, meine Schreibmaschine auf den Knien, noch rasch gedichtet hatte.
    Nach dem Begräbnis nahm mich Grischka beiseite:
    »Ich habe nachgedacht«, erklärte er. »Meine Rolle als Geist gefällt mir nicht. Wer stirbt schon gerne unsichtbar. Es wäre vom dramatischen wie vom filmgeschichtlichen Standpunkt besser, wenn ihr mich im Wüstensand begrabt. Eine Art neuer Moses, dem es nicht mehr vergönnt war Tanger zu erreichen.«
    »Podmanitzki«, unterbrach ich ihn, »was soll das?«
    »Mein Sohn bekommt morgen vormittag das Abgangszeugnis vom Kindergarten, und ich habe ihm versprochen, dabei zu sein. Lassen Sie mich heute nacht endgültig sterben. Ich werde Ihnen mein Leben lang dankbar sein.«
    Ich geriet außer mir:
    »Wollen Sie mir um Gottes willen sagen, wer eigentlich Tanger erobern soll, wenn mir alle Eroberer wegsterben?«
    »Das Kind«, fuhr Podmanitzki fort, »hat eigens für diese Feier ein Gedicht auswendig gelernt.«
    »Hol Sie der Teufel!«
    Der Teufel holte ihn in Gestalt einer Mine, mit der ich Grischka endgültig den Garaus machte. Als auch Podmanitzkis Geist von uns gegangen war, fühlte ich plötzlich eine neue, verhängnisvolle Lust. Mein Blick fiel auf den für fünf Drehtage engagierten Funker. Es scheint ein unheilverkündender Blick gewesen zu sein, denn er verkroch sich zitternd hinter einem rostigen Weinfaß, das in der Ecke des Produktionsbüros stand. Ich ging langsam auf den Funker zu.
    »Nein«, flüsterte er mit angstverzerrtem Gesicht. »Nein, das können Sie mir nicht antun... Ich habe noch für zwei Tage Vertrag ... Ich bin jung ... Ich will leben! N-e-i-n!«
    Am nächsten Tag ließ ich ihn in der Wüste verdursten. Ein grausamer Tod, gewiß, aber wer sich mir gegenüber auf Verträge beruft, verdient kein Mitleid.
    Jetzt war nur noch der Kuhhirt, übrig.
    »Tanger!« stieß er hervor, während die Kamera sich auf den Wasserturm des Kibbuz richtete. »Tanger!« Und mit scharfer Konimandostimme rief er sich selber zu: »Mir nach!«
    In diesem Augenblick, kurz vor der Einnahme der

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