Der Blaumilchkanal
einmal einen Monat lang halten, weil die Stöckel zu hoch sind, und überhaupt das einzige, wofür ihr Männer euch interessiert, ist, daß man gut ausschaut darin, wie man damit geht, ist euch ganz egal, und jetzt komm auf die andere Straßenseite, weil ich habe drüben bei Roth-mann ein unwiderstehliches Modell gesehen, und zwar in hahnenkammrot, wie meine alte Handtasche mit einem kleinen Rosenmuster rundherum, was ist mit dir, warum kommst du nicht, um Gottes willen, was ist passiert, Hilfe, mein Mann fühlt sich nicht gut, das muß gewiß die Hitze sein, er bewegt sich nicht mehr, würden Sie ihn bitte aufheben und rübertragen zu Rothmann, danke sehr.«
Täglich melden die Zeitungen Flugzeugunglücke, aber die Menschen fliegen weiterhin, als ob nichts geschehen wäre, in der Hoffnung, das Schicksal buche nur Royal Papua Airlines.
Dennoch treffen die Fluggesellschaften alle denkbaren Vorsichtsmaßnahmen, Katastrophen in der Luft zu vermeiden. Auf Katastrophen am Boden sind sie weniger gut vorbereitet.
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DRAMA IM KINDERGARTEN ODER RUFMÖRDER FLIEGEN NICHT
Hier ist endlich der genaue Sachverhalt der dramatischen Ereignisse, die sich kürzlich auf dem Flughafen zugetragen haben und auch in der Presse kurze Erwähnung fanden.
Es war 9 Uhr morgens, als der Kapitän des Jumbos, Hans-Joachim Hierspricht, die Wartungscrew vorsorglich darauf hinwies, daß der Countdown für den Abflug nach New York liefe.
»Beeilt euch, Jungs«, sagte er zu ihnen, »die Passagiere warten.«
Die Arbeiter wurden blaß, ließen die Luft aus den Reifen und wandten sich an Ginzburg. »Ginz«, sagten sie zum Gewerkschafts sekretär, »der Hansi Hierspricht hat unterstellt, das Schicksal der Passagiere wäre uns scheißegal. Das geht gegen unsere Ehre.«
Auch Ginzburg wurde blaß und berief unverzüglich den Betriebsrat ein. Die Dienstleistungen am Flughafen wurden auf das Notwendigste beschränkt.
»Genossen«, teilte Ginzburg dem Betriebsrat mit, »Kapitän Hierspricht hat etwas an unserer Wartungscrew auszusetzen. Jeder weiß doch, daß für uns das Wohl der Passagiere an allererster Stelle steht. Sie werden mir recht geben, daß dies ein eklatanter Fall von Rufmord ist.«
Es erfolgte eine Abstimmung, und der Betriebsrat bestätigte den Eindruck des Sekretärs mit neun zu acht Stimmen. Der Abflug des Jumbos wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Die 300 Passagiere warteten bereits seit eineinhalb Stunden in der Abflughalle. Um 10 Uhr 30 erklärte ihnen eine Stewardeß, daß die Nackenstützen im Flugzeug noch ausgewechselt werden müßten, man aber gleich abfliegen würde. Um 11 Uhr 30 kam zufällig der Vorsitzende der Flugbegleitergewerkschaft vorbei und regte eine Verhandlung zwischen den Beteiligten an. Ginzburg blieb fest.
»Der Betriebsrat läßt nicht mit sich spaßen«, erklärte er, »der Jumbo fliegt nicht ab, bis sich Hierspricht öffentlich entschuldigt hat.«
Hiersprichts Entschuldigung, schlug er vor, sollte vor dem gesamten Flughafenpersonal, einigen Regierungsmitgliedern, sowie Vertretern der Lufthansa und der El-Al erfolgen, die zu diesem Zweck mit Sonderbussen von München, Berlin und Düsseldorf herbeizuschaffen seien. Weiterhin forderte er, daß der UN ein ausführlicher Bericht über den einmaligen Vorfall vorgelegt wird.
Kapitän Hierspricht wies die Forderungen hohnlachend zurück:
»Entschuldigen?« fragte er. »Wofür? Die sind wohl nicht ganz dicht.«
»Hansi«, warnte Ginzburg, »keine Entschuldigung, kein Flug.«
»Dann eben nicht Ginz!«
Der Kapitän zog sich zu einem kleinen Nickerchen ins Cockpit zurück, und die Wartungsmannschaft spielte eine Runde Volleyball. Die 300 Passagiere lümmelten in ihren
Sitzen herum und warteten auf Getränkeboys, während die Tatkräftigen eine Stellungnahme der Flghafendirektion erzwangen. Gegen 14 Uhr 15 bat der Generaldirektor der Fluglinie um eine Aussprache. Ginzburg forderte, der schuldige Kapitän müsse folgendermaßen Abbitte leisten: »Es tut mir sehr, sehr leid.« Hierspricht stimmte der Entschuldigung zu, wehrte sich aber nachdrücklich gegen das zweite »sehr«. »Alles hat seine Grenzen«, sagte er. Um 15 Uhr 30 ging die Wartungscrew ins Kino. »Entweder man nimmt zur Kenntnis, daß uns nichts mehr am Herzen liegt als das Wohl der Passagiere, oder ihr könnt den Flug vergessen.« Um 16 Uhr starb die erste Passagierin, eine ältere kanadische Heiratsvermittlerin, und einige Touristen zertrümmerten die Einrichtung der
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