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Der Blaumilchkanal

Der Blaumilchkanal

Titel: Der Blaumilchkanal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Kraft in schweren Stunden. Auch alle anderen Freunde waren in Festtagsstimmung. Man fühlte deutlich, es war auch ihre Feier. Die älteren Semester zerdrückten sogar ein paar Tränen, wofür sie sich nicht einmal schämten. Wie oft heiratet man schließlich im Leben? Zwei, drei Mal, wenn's hoch kommt. Nicht so Hans und Grete natürlich, darüber waren sich alle einig, die beiden turtelten doch wie zwei Täubchen ...
    »Ein klarer Fall von Liebesehe«, stellte Gusti, der Exfreund der Braut, fest. »Gut zu wissen, daß es noch Romantik auf dieser Welt gibt.«
    Das konnte Lilli, die beste Freundin von Grete, nur bestätigen, die beiden waren ja richtig vernarrt ineinander. Zwar waren Gretes Eltern anfangs dagegen gewesen, schließlich ist sie ja das einzige Kind, und man wollte für sie einen Haupttreffer finden. Grete stellte ihre Eltern aber vor die Alternative, entweder Hans oder ihr werdet schon sehen, was passiert. So gaben sie schweren Herzens ihren Segen. Immerhin verdient der Junge ja nicht schlecht, und die Vermögenslage von Gretes Eltern kann man wirklich nicht als rosig bezeichnen.
    *
    Da kam Grete. Traumhaft. Das gertenschlanke Mädchen sieht wie ein Fotomodell aus. Ihr entzückendes Profil ist vom Brautschleier und vom Glanz der ersten großen Liebe überdeckt. Ja, dieses Mädchen strahlt eine wundervolle Reinheit aus.
    »Wie schön du bist«, ruft Klara ihr zu, während Lilli sich nicht zurückhalten kann und sie umarmt und auf beide Wangen küßt.
    Das Brautkleid hat Susi genäht, Klara kann darauf wetten. Nach der Hochzeit kann Grete es kürzen und hat dann ein elegantes Abendkleid. Mindestens 60 Mark der Meter. Französische Seide, versteht sich von selbst. Aber wann kann ein Mädchen auch ein so sündhaft teures Kleid tragen, wenn nicht am Tage ihrer Hochzeit? Vor allem, wenn dieses Mädchen so viel durchgemacht hat...
    »Fragt bloß nicht«, flüstert Lilli, »es ist nicht zu fassen, wie das arme Ding gelitten hat. Ihre Eltern wollten sie schon mit einem Basketballspieler verheiraten, bevor sie überhaupt sitzen bleibt. Das Aufgebot war bereits bestellt, und dann passiert im letzten Moment diese furchtbare Panne ... «
    »Was du nicht sagst«, staunen wir, »wirklich?«
    »Das bleibt aber unter uns, versprochen? Eine Woche vor der Hochzeit tauchte bei dem Basketballspieler plötzlich eine der Freundinnen der armen Grete auf, ihr kennt doch diese Freundinnen, die euch so schrecklich gerne haben, in Wirklichkeit aber nur ständig über euch lästern, ja und die erzählte ihm alle möglichen Geschichten über Grete, er hat ihr aber kein Wort geglaubt und Grete nur gefragt, ob das denn wahr sei, und sie hat ihm geantwortet, wenn er das von ihr glaubt, dann sei er kein richtiger Mann, und man sollte sich wohl besser trennen. Der Junge hatte vor, sich das Leben zu nehmen, er wollte sich aufhängen, aber er war zu groß, wegen des Basketballs, versteht ihr, sein Kopf reicht fast bis zur Decke, und es hat nicht geklappt. Die arme Grete begann zu trinken, fragt bloß nicht, und zum Schluß wollte er doch noch, aber jetzt hat sie gesagt, zu spät, Armin. Ich glaube, die beiden lieben sich immer noch, aber da war sie schon mitten in der Affäre mit dem jungen Major und so fort von einem Bett zum anderen, das arme Ding, sie hat sich wirklich ein bißchen Glück mit dem armen Hans verdient.«
    *
    Inzwischen war auch Bräutigam Hans aufgetaucht. Elegant, im dunklen Anzug, ein brillant aussehender junger Mann, sehr sympathisch.
    »Ist er jünger als sie?« fragt Gusti, aber alle fallen über ihn her, es könnte sich nur um Monate, höchstens ein paar Jährchen handeln. Was spielt denn das heute noch für eine Rolle, Grete sieht doch phantastisch aus und ist diplomierte Kosmetikerin. Aber was ist eigentlich ihr Hans von Beruf, was macht er denn?
    »Gar nichts«, sagt ein Mann mit Pfeife, »er heiratet.«
    »Kennen Sie ihn?«
    »Klar kenne ich ihn, er ist ein Nobody. Wahrscheinlich ist sogar sein Anzug geborgt.«
    »Die Arme«, bedauern wir Grete, »wovon werden sie leben?«
    »Keine Sorge, er wird bestimmt bei ihrem Vater einsteigen«, kichert der mit der Pfeife. »Wird sich bei ihm im Büro rumtreiben.«
    Ja, so funktioniert das heutzutage. Reine Vetternwirtschaft. Da kommt so ein Nobody dahergeschneit, der nichts hat und nichts kann, und liegt dann seinem Schwiegervater auf der Tasche. Der arme Vater der armen Grete. Jetzt steht er bereits neben dem armen Rabbiner und unterschreibt die Heiratsurkunde. Er wirkt

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