Der Blaumilchkanal
sofort, daß mein Freund BarGoldfisch schon einige juristische Ratschläge erhalten haben mußte. Er war schreckensbleich und zitterte am ganzen Körper. Dr. Wichtig nahm auch mich sofort ins Gebet:
»Die Lage ist ernst«, begann der erfahrene Jurist. »Ihr Freund Bar-Goldfisch hat mich bereits informiert, worum es sich handelt. Die monatliche Miete von 7500 Schekel scheint mir etwas zu niedrig, doch das hat er selbst zu entscheiden. Ich frage Sie nun, mein Herr, welche Sicherheit haben Sie anzubieten, daß Sie in einem Jahr, wenn Herr Bar-Goldfisch als der erste israelische Skisprungschanzendesigner aus Finnland zurückkehrt, die Wohnung auch tatsächlich räumen werden?«
»Aber das ist doch kein Problem unter alten Freunden«, sagte ich freundlich lächelnd, »nicht wahr Bummi?«
Bummi wollte vermutlich »Ja« sagen, aber ein strenger Blick des Anwalts verschloß ihm den Mund.
»Wohnungsangelegenheiten haben nichts mit Freundschaft zu tun«, stellte Dr. Wichtig nachdrücklich fest. »Zumal es unsere Gesetze nicht zulassen, Sie, mein Herr, auf die Straße zu setzen, wenn Sie, mein Herr, nicht damit einverstanden sind, auf der Straße zu sitzen. Ich muß Sie daher um eine Bankgarantie in Höhe von 800 000 Schekel ersuchen, damit eine zeitgerechte Räumung der Wohnung gesichert ist.«
»Wieso so viel?« fragte ich. »Die Wohnung ist doch al-lerhöchstens halb soviel wert.« »Richtig«, gab Dr. Wichtig zu, »eben deshalb muß ich auf 800 000 Schekel bestehen, damit es sich für Sie, mein Herr, keinesfalls lohnen kann, nach Vertragsende in der Wohnung zu bleiben. Fassen Sie es bitte nicht als Mißtrauen auf, wenn ich darauf bestehe, die Bankgarantie bei mir in Bargeld zu hinterlegen.«
»Bitte.«
»Weiter muß ich darauf bestehen, die vereinbarte Summe ein ganzes Jahr nach ihrem fristgerechten Auszug bei mir zu behalten als Sicherheit dafür, daß Sie keinesfalls beabsichtigen, sich eine Rückkehr in die Wohnung zu erschleichen.«
»Selbstverständlich.«
»Sobald diese Kleinigkeiten geregelt sind, werde ich veranlassen, daß die Wohnungsschlüssel Ihnen, mein Herr, zu treuen Händen ausgefolgt werden.«
Ich pflege, wie gesagt, Probleme umgehend zu lösen. Ich verkaufte daher am nächsten Tag meine Villa und ging schnurstracks zum Anwalt. Als ich ihm die zwei Koffer voller Geldscheine übergab, entfuhr meinem eingeschüchterten Freund Bummi ein markerschütternder Schrei, worauf er kollabierte und unterm Schreibtisch des Dr. Wichtig verschwand.
»Die Bankgarantie scheint in Ordnung«, sagte der Rechtsgelehrte, nachdem er mit Unterstützung zweier Schreibkräfte mein Geld gezählt hatte, »aber da wäre noch ein Punkt, der geklärt werden muß. Was geschieht, wenn die Inflation in diesem Lande weiterhin anhält und wenn nach Ablauf der vereinbarten Zeit Ihr Geld nicht einmal mehr den Wert einer Streichholzschachtel hat?«
»Dann schwöre ich hier vor Zeugen, daß ich die Wohnung dennoch räumen werde.«
»Bei Wohnungsangelegenheiten werden Schwüre nicht anerkannt«, verkündete der Fachmann. »Daher muß ich Sie, mein Herr, höflichst ersuchen, uns Ihre Genehmigung für gewisse Vorsichtsmaßnahmen zu erteilen.«
»Sehr gern.«
»Zunächst einmal müssen Sie Herrn Bar-Goldfisch als Sohn adoptieren. Dann werden Sie, Zug um Zug, ein neues Testament bei mir deponieren, aus dem hervorgeht, daß Sie Herrn Bar-Goldfisch Ihr gesamtes bewegliches und unbewegliches Vermögen hinterlassen, einschließlich und insbesondere der Nutzungsrechte der Ihnen von Herrn Bar-Goldfisch überlassenen Wohnung, und zwar rückwirkend zum Tag des Vertragsabschlusses.«
»Ich hab1 auch schon daran gedacht.«
»Sie verstehen vollkommen richtig, es handelt sich natürlich nur um eine Formsache mit juristischen Folgen.«
Nachdem diese kleinen, aber nötigen Formalitäten erledigt waren, veranlaßte mich Dr. Wichtig, die Erbschaftssteuer im voraus zu bezahlen, worauf ich ihm den Familienschmuck übergab, den ich sicherheitshalber gleich mitgebracht hatte. Es folgte ein kurzes Zeremoniell, danach stellte man mir in Aussicht, ich würde am nächsten Tag die Wohnungsschlüssel erhalten.
Mein Adoptivsohn saß indessen nägelbeißend in der Ecke des Anwaltsbüros und wandte nicht eine Sekunde seinen haßerfüllten Blick von mir.
*
Der nächste Tag kam und ging, ohne daß ich die Wohnungsschlüssel erhielt.
Dr. Wichtig erklärte in freundlichem Ton, sein Klient könne ja auch vor mir sterben, und dann würden die Erben von Herrn
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