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Der bleiche König: Roman (German Edition)

Der bleiche König: Roman (German Edition)

Titel: Der bleiche König: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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Wirklichkeit aber ohne sein Wissen wie das qualverzerrte Grinsen eines Menschen aussah, dem langsam die Gesichtshaut abgezogen wird, nur setzten sich die hierherversetzten GS -13-Immersionsprüfer und SLC -Steuervergünstigungsspezialisten zu seinem Glück viel zu ernsthaft und konzentriert mit den Anti-Vergünstigungs-Protokollen auseinander – denn damit befasste sich das Team, dem David Wallace im Zuge der Identitätsverwechslung irrtümlicherweise und ohne eigenes Zutun zugeordnet worden war (obwohl diese Orientierungsveranstaltung der richtige Ort gewesen wäre, um Laut zu geben): mit der Prüfung und Evaluierung von Steuervergünstigungen für Einzelpersonen und Kommanditgesellschaften in den Bereichen Immobilien, Landwirtschaft und fremdkapitalfinanzierten Leasings, was ein kleiner, aber wichtiger Bestandteil der Spackman-Initiative war –, als dass ihnen mit mehr als allenfalls einem flüchtigen Unbehagen David Wallace’ Jugend, Cordanzug (was das IRS -Äquivalent zu Badehose und schlotternden Clownsschuhen war) und Hutmangel aufgefallen wäre.
     
    R/KR , mit eigenem Schwarz-Weiß-Dia auf die Leinwand projiziert, wurde als einziger Tenor und ausschließliche Raison d’être der Standardprüfer festgehalten.
    »Sind Sie Cops?«
    Der Assistent vom Personal schüttelte abwehrend die erhobenen Hände und rief »Neeein!«. Das war dieselbe Pose von Erweckungspredigern, wie Sylvanshine sie mit zweiundzwanzig Jahren im RPZ Philadelphia gesehen hatte. Nach dem Stil der Kleider und Mäntel im Fach darüber zu urteilen, wurde die Münzsammlung des Assistenten vom Personal in einer Kassette ganz hinten im Kleiderschrank seiner Mutter oder Großmutter aufbewahrt.
    »Sind Sie Wächter der Bürgertugend?«
    »Neeein!«
    »Sind Sie sadistische Bürokraten, die nach Belieben entscheiden, welchen Steuerzahlern sie das Leben schwer machen wollen, indem Sie sie der Angst und den Umständen einer Revision aussetzen und jeden Tropfen Blut aus dem Nacken quetschen, auf den Sie Ihren Stiefel gesetzt haben?«
    »Nein.«
    »Kurzum, im heutigen IRS sind Sie Geschäftsmänner.«
    »Und Geschäftsfrauen. Geschäftsleute. Oder stehen in einem Beschäftigungsverhältnis, das, wie wir Ihnen nahelegen wollen, ein Geschäft ist.«
    »Welche Steuererklärungen lassen sich einer profitablen Revision unterziehen?«
    »Wie entscheiden Sie das?«
    »Verschiedene Prüfergruppen haben verschiedene Methoden. Deren Spezifikationen erhalten Sie in Ihrer Gruppenorientierung.«
    Assistent: »Oder Ihrem Team, denn manche Gruppenmanager setzen hier verschiedene Teams nach verschiedenen Kriterien ein.«
    »Die können Sie sich fast als Filter vorstellen – was kommt durch, was wird mit einem Memo 20 an den Bezirk weitergeleitet?«
    »Oder als Zeichen oder Flaggen – zumindest, dass manche Steuererklärungen erschöpfende Prüfungen verdienen.«
    »Sie werden nicht jede einzelne Steuererklärung mit einem Mikroskop analysieren.«
    »Sie sollten klug, aber auch schnell arbeiten.«
    »Und schnell bedeutet, dass Sie bei manchen auf Anhieb wissen – hier ist mit einer Revision nichts zu holen.«
    »Das ist das Kriterium – springt bei einer Revision eine maximale Steigerung heraus, wenn die Kosten der Revision abgezogen werden?«
    »Die Idee können Sie also schon mal vergessen – dass Sie Wächter der Bürgertugend sind.«
    »Es gibt noch einen weitverbreiteten Irrtum, den Sie außer Acht lassen sollten. Kann sich jemand denken, was ich meine?«
    David Cusk hatte den schrecklichen, einfach grauenhaften Impuls, sich zu melden. Seine Überlebensstrategie, um die Tuchfühlung mit den anderen in der Pause zu vermeiden, bis er eine Toilette erreicht hätte, hatte darin bestanden, sich ganz in das letzte auf die Leinwand des Diaprojektors projizierte Bild zu vertiefen, das die Schulungsleiterin nie ganz scharf gestellt bekommen hatte, das aber das Mehrfachbild zweier Schreibtische gewesen war, der eine übersät mit Papieren und Formularen sowie ein paar Gegenständen, die, nach ihren bunten Farben zu urteilen, Snackverpackungen sein konnten, der andere leer und aufgeräumt mit Gegenständen in Stapeln und beschrifteten Ablagen. Cusk war ziemlich sicher, dass die SLC auf Ordnung und Organisiertheit abheben und ihnen die Flausen austreiben würde, ein vollgemüllter Schreibtisch könne das Zeichen eines produktiven Mitarbeiters sein. Sonst hatte sich niemand gemeldet. Wieder wollte er die Hand heben und die SLC über all die sich umdrehenden Köpfe auf ihn

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