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Der bleiche König: Roman (German Edition)

Der bleiche König: Roman (German Edition)

Titel: Der bleiche König: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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Ausbildungsprotokoll. Wir können wohl davon ausgehen, dass sie in den Monaten März bis Mai sprachverarbeitungsfähige Zeitarbeiter sind, was?«
    »Nicht mal Rome hat sechsundneunzig- mit achtzigspaltigen kombiniert.«
    »Ich sag doch, wir sind hier in der tiefsten Provinz. Mels Büro liegt gleich hinter der Zentrale, und ich nehm mal an, das ist eine richtige Promenadenmischung aus verschiedenen Systemen. Ich habe eine Addier-und-Druck-Maschine Typ Burroughs 1005 gesehen.«
    »Benutzt Burroughs überhaupt noch Karten?«
    »Burroughs arbeitet seit der 900er Serie mit Magnetbändern. Hab ich dir schon gesagt. Die ganze Sache ist eine Promenadenmischung. Ein Flohmarkt. Ich hab in einem Schrank zwei IBM-RPG s mit einem unglaublichen Salat von Koaxialkabeln gesehen, die in ein schartiges Subcode-Loch in der Schrankdecke führten und die RPG s wahrscheinlich mit dem UNIVAC kompatibilisieren sollten. Das ist alles uralt und schäbig, und ich wäre nicht die Spur überrascht, wenn dadrin Affen mit Abakus-Rechentafeln und Reihungen sitzen.«
    »Das sind sehr gute Nachrichten. Und ihre Maschinensprache ist COBOL ?«
    »Zum jetzigen Zeitpunkt unbekannt.«
    »An der Hardwarefront sind das gute Nachrichten.«
    »Und wenn aus Washington, D. C. irgendwas gekommen ist, haben die Support Services das hier noch nicht mitgekriegt.«
    »Das könnte also durchaus im Ladedock hängen geblieben sein?«
    »Ich bin also mit einer Taschenlampe zwischen den Zähnen im Archiv unterwegs, drück in Martinsburg auf die Hupe, um Durchlaufanalysen zu bekommen, gehe Glendennings Keine-Erstjährigen-Erlass nach, inventarisiere die Hardware und klaue Schlüssel, um Mels Büro höchstpersönlich in Augenschein zu nehmen. Ach genau, und am Ladedock frage ich stämmige Männer aus, ob irgendeine von den Kisten da wohl aus Martinsburg kommt.«
    »Ich beschaff mir hier doch bloß einen Plan für den Außeneinsatz in der nächsten Woche, Claudie.«
    »Was bin ich denn, eine Maschine?«

§ 31
    Shinn war hoch aufgeschossen und hatte ganz hellblonde babydünne Haare, die wie bei einem frühen Beatle einen Pony bildeten. Der neben ihm im IRS -Transporter sitzende Mann war mit mehreren anderen aus Angler’s Cove herausgekommen, und alle hatten in der pastellfarbenen Morgendämmerung am Bordstein gestanden und auf den Transporter gewartet. Süße, schwere, feuchte Luft der Morgendämmerung im Sommer. Die Männer mit Service-Namensschildchen hatten sich alle gekannt und unterhalten. Ein paar hatten aus Bechern getrunken oder Zigaretten geraucht, die sie am Bordstein austraten, als der Transporter aufgetaucht war. Einer hatte Koteletten und einen Cowboyhut, den er jetzt im Transporter zwei Banksitzreihen weiter vorn abnahm. Ein paar lasen Zeitung. Einige Männer im Transporter waren vielleicht schon ungefähr fünfzig Jahre alt. Die Fenster wurden ausgeklappt und nicht runtergekurbelt; ein seltsames Fahrzeug; eher ein kleiner, kastenförmiger Laster, in dem man Banksitze angeschweißt hatte.
    Der Transporter hielt noch vor zwei weiteren Wohnkomplexen am Self-Storage Parkway; vor dem einen stand er ein paar Minuten lang im Leerlauf; war nach Fahrplan wohl zu früh dran. Shinn trug ein babyblaues Anzughemd. In einem Gespräch hinter ihm erklärte ein Mann einem anderen, wenn man vorn in die Mitte eines Zehennagels eine kleine Kerbe einschneide, wachse der Nagel nicht ein. Ein anderer gähnte laut und erschauerte dabei ein wenig. Shinns Banknachbar, dessen Pobacke mit verschieden hohem Druck die seine berührte, wenn der Transporter einer lockeren Aufhängung wegen leicht hin- und herschwang, las eine ergänzende LSA -Broschüre, deren Titel Shinn nicht entziffern konnte, weil der Mann zu der Menschengruppe gehörte, die die Seiten einer Broschüre ganz in ein einziges Viereck umklappten. Er hatte einen kleinen Rucksack auf dem Schoß. Shinn überlegte, ob er sich vorstellen sollte; er wusste nicht genau, was die Etikette an dieser Stelle gebot.
    Shinn hatte am Bordstein gestanden und die erste Cola seines ersten Tages in der neuen Dienststelle getrunken, gefühlt, wie sich seine Kleidung in der Luftfeuchtigkeit entknitterte und leicht schlaff wurde, das gleiche Geißblatt und die Grasmahd wie im vorstädtischen Chicago gerochen, dem Tirilieren der in der Dämmerung erwachten Vögel in den Robinien am Self-Storage gelauscht, seine Gedanken durch die Gegend schweifen lassen und sich plötzlich gefragt, ob das zunächst so natur- und tagbejahend klingende Gezwitscher

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