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Der blinde Hellseher

Der blinde Hellseher

Titel: Der blinde Hellseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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schließlich der
Unterricht da.
    Mit ihrem Vater, dem Kommissar,
hatte Gaby heute noch nicht gesprochen. Aber gestern abend hatte er erwähnt,
daß die Polizei über Mario Frasketti und Otto Biersack, alias Raimondo, noch
nichts wisse.
    Tarzan saß wie auf Kohlen.
Heute ging die Zeit nicht vorbei. Endlich war Schulschluß. Mittags gab es
Goulasch mit Nudeln, was Tarzan besonders gern ißt. Aber diesmal kriegte er
kaum einen Bissen runter und überließ Klößchen die Portion, was der natürlich
begeistert annahm.
    Kurz vor zwei Uhr stand Tarzan
in der Telefonkabine neben den Schwarzen Brett im Haupthaus.
    Die Telefonnummer der Krauses
hatte er auf einen Zettel notiert.
    Als er wählte, dachte er:
Hoffentlich klappt’s! Hoffentlich klappt’s!
    Klößchen stand draußen und zerrte
vor Aufregung an seinem rechten Mittelfinger. Sonst ist er nach dem Essen
meistens träge. Aber jetzt hatte er regelrecht Ameisen im Blut.
    Am anderen Ende der Leitung
wurde abgehoben.
    „Bei Krause“, meldete sich
Suzanne mit ihrer Singsang-Aussprache.
    „Tag, Suzanne. Ich bin’s,
Tarzan.“
    „Tarzan? Mon Dieu!
(Mein Gott!) Wer
ist das? Rufst du an aus dem Dschungel? Gibt es im Dschungel schon Telefon?“
    „Klar. Aber meistens sind die
Leitungen belegt. Weil die Affen so lange miteinander reden. Nun sag schon! Was
ist?“
    „Was soll sein, mon ami?“
    „Wegen heute abend! Du weißt
doch!“
    „Heute abend? Ah, du meinst die
Séance?“
    „Zum Teufel, ja! Nun mach’s
nicht so spannend! Kann ich dabeisein, oder hat Frau Krause was dagegen?“
    „Du bist ihr herzlich
willkommen.“
    „Wunderbar! Großartig! Danke,
Suzanne! Dann komme ich also.“
    „Ich habe Editha erzählt, daß
dich Spiritismus brennend interessiert.“
    „Stimmt ja auch. Wann beginnt
die Sitzung?“
    „Früher als sonst. Schon um
halb acht. Weil der Hausherr... Er ist so verzweifelt, daß er mitmachen will.
Der arme Herr Krause! Bisher hat er nicht an Übersinnliches geglaubt. Aber
jetzt klammert er sich an jeden Grashalm.“
    „...an jeden Strohhalm.“
    „Wie bitte?“
    „Man klammert sich an
Strohhalme, Suzanne.“
    „Warum? Sind die haltbarer?“
    „Ich hab’s noch nicht probiert.
Die Redensart heißt jedenfalls so. Gut, Suzanne. Kurz vor halb acht bin ich da.
Muß ich was Schwarzes anziehen? Oder kann man kommen, wie man will?“
    „Deine schwarzen Fingernägeln
genügen“, lachte sie.
    „Na, warte! Das gibt Rache.“
    „Ich zittere schon.“
    „Sag mal, Suzanne! Daß Volker
entführt ist, wird doch geheimgehalten. Aber du sagtest gestern abend, es
würden noch andere Leute bei der Sitzung dabeisein.“
    „Nur wenige. Und nur Personen,
denen Editha vertraut.“
    „Aha. Warum sagst du eigentlich
immer Editha? Sie heißt doch Edith.“
    „Was macht schon ein a!“
erwiderte Suzanne. „Wen es froh macht, der soll es haben.“
    Sie hat gut reden, dachte
Tarzan. Sie ist eine Fremde und in fünf Monaten wieder zu Hause. Aber auf Volker
wirkt es anders, wenn er seine Mutter plötzlich Editha nennen soll und sie
schief guckt, sobald er „Mutti“ sagt. Aus Trotz bleibt er dabei. Ich glaube,
ich täte es genauso.
    Nochmals dankte er Suzanne für
ihre Fürsprache. Dann legte er auf.
    Klößchen hatte das meiste
mitbekommen.
    „Ich gäbe meinen halben
Schokoladenvorrat, wenn ich diese Sitzung erleben könnte“, meinte er.
    „Ich würde dich ja gern
mitnehmen. Aber es ist unmöglich.“
    Klößchen nickte. „Vielleicht
ist am Spiritismus doch was dran. Und Amanda stellt Kontakt her zu den Toten.“
    „Raimondo soll doch mit ihrer
Hilfe Volkers Versteck ermitteln!“
    „Wäre toll, wenn das gelingt.
Dann würde ich ab sofort Jedes Horoskop lesen, das ich erwische.“
    „Da würdest du aber staunen. In
jedem steht nämlich was anderes. Über dasselbe Tierkreiszeichen und denselben
Zeitraum, meine ich. In dem einen wird dir ein Lotterie-Gewinn versprochen. In
dem andern empfiehlt man dir, am besten gleich die ganze Woche im Bett zu
bleiben — weil du so eine Pechsträhne hast. Na, und wer sich das einreden läßt,
dem mißlingt dann auch alles.“
    „Manchmal trifft es aber auch
zu“, meinte Klößchen.
    „Klar. Aber dann ist es so
formuliert, daß du einfach alles herauslesen kannst.“ Tarzan zog den
Reißverschluß seiner Windjacke zu. „Kommst du mit in den Park?“
    Klößchen kam mit.
    Als sie über den Hof gingen,
heulte der Wind um die Hausecken. Am Himmel trieben graue und schwarze Wolken.
Manchmal drang ein Sonnenstrahl durch,

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