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Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Titel: Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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Entstehung aller Dinge zu erklären, bestehen entweder aus buchstäblich gar nichts (nach Meinung einiger Physiker), oder sie sind (nach Meinung anderer Physiker) Einheiten von der allergrößten Einfachheit, bei weitem zu einfach, um einer so großartigen Sache wie bewußter Schöpfung zu bedürfen.
    Atkins sagt, daß Elefanten und komplexe Dinge keiner Erklärung bedürften. Aber das sagt er, weil er Physiker ist, der die Theorie der biologischen Evolution für selbstverständlich hält. Er meint nicht wirklich, daß Elefanten keiner Erklärung bedürften; er meint nur, daß er ganz zufrieden ist, wenn die Biologen Elefanten erklären können, vorausgesetzt, sie dürfen dabei gewisse Fakten der Physik als gesichert annehmen. Seine Aufgabe als Physiker besteht daher darin, zu rechtfertigen, daß wir jene Fakten als selbstverständlich annehmen. Er tut das mit Erfolg. Meine Position entspricht seiner. Ich bin Biologe. Ich nehme die Fakten der Physik, die Fakten der Welt der Einfachheit, als selbstverständlich an. Wenn die Physiker sich immer noch nicht darüber einig sind, ob sie diese einfachen Fakten richtig verstehen, so ist das nicht mein Problem. Meine Aufgabe ist es, Elefanten und die Welt komplexer Dinge anhand der einfachen Dinge zu erklären, die die Physiker entweder verstehen oder an deren Verständnis sie arbeiten. Das Problem des Physikers ist das Problem der letzten Ursprünge und letzten Naturgesetze. Das Problem des Biologen ist das Problem der Komplexität. Der Biologe versucht, das Funktionieren und das Entstehen von komplexen Dingen vermittels einfacherer Dinge zu erklären. Seine Aufgabe ist erfüllt, wenn er bei Einheiten ankommt, die so einfach sind, daß man sie ruhig den Physikern übergeben kann.
    Ich bin mir dessen bewußt, daß meine Beschreibung eines komplexen Objekts - statistisch unwahrscheinlich in einer Richtung, die nicht im nachhinein spezifiziert ist - exzentrisch erscheinen mag. Das gleiche mag auch für meine Charakteristik der Physik als Studium der Einfachheit gelten. Wenn der Leser eine andere Definition von Komplexität bevorzugt, so soll mir das recht sein, und ich wäre bereit, um der Diskussion willen die Definition des Lesers zu übernehmen. Nicht recht ist mir etwas anderes: Welchen Namen auch immer wir der Eigenschaft des Statistisch-unwahrscheinlich-in-einer- Richtung-die-nicht-im-nachhinein-spezifiziert-ist geben wollen, es ist eine wichtige Eigenschaft, die zu erklären wir uns besonders anstrengen müssen. Es ist die Eigenschaft, die für biologische Objekte, im Gegensatz zu den Objekten der Physik, charakteristisch ist. Die Erklärung, die wir geben, darf den Gesetzen der Physik nicht widersprechen. Sie wird sich sogar der Gesetze der Physik bedienen und nur der Gesetze der Physik. Aber sie wird die Gesetze der Physik auf eine spezielle Art und Weise anwenden, die gewöhnlich nicht in Physik-Lehrbüchern erörtert wird. Diese besondere Art und Weise ist die Darwins. Ihren wesentlichen Kern werde ich in Kapitel 3 unter dem Titel der kumulativen Auslese einführen.
    Doch vorerst möchte ich mich Paley anschließen und die Größe des Problems betonen, der sich unsere Erklärung gegenübersieht: die absolute Größe der biologischen Komplexität und die Schönheit und Eleganz des biologischen Bauplans. Kapitel 2 bringt eine ausführliche Erörterung eines speziellen Beispiels, des »Radars« der Fledermäuse, das lange nach Paleys Tod entdeckt wurde. Und hier an dieser Stelle habe ich eine Abbildung (Abb. 1) - wie sehr hätte Paley das Elektronenmikroskop geschätzt - eines Auges sowie zwei aufeinanderfolgende Vergrößerungen von Details eingefügt. Oben finden wir einen Querschnitt durch ein Auge. Bei diesem Vergrößerungsgrad erkennen wir das Auge als ein optisches Gerät. Die Ähnlichkeit mit einer Kamera ist offensichtlich. Die Irisblende ist für die fortwährende Veränderung der Öffnung, die f-stop-Blende, verantwortlich. Die Linse, die eigentlich lediglich Teil eines zusammengesetzten Linsensystems ist, ist für den variablen Teil des Fokussierens verantwortlich. Die Einstellschärfe wird durch ein Zusammendrücken der Linse durch die Muskeln (oder bei Chamäleons durch Vor- und Zurückbewegen der Linse, wie bei den von Menschenhand gemachten Kameras) verändert. Das Bild fällt auf die hinten im Auge befindliche Retina, wo es Photozellen erregt. Der mittlere Teil von Abb. 1 zeigt einen kleinen Ausschnitt der Retina vergrößert. Die lichtempfindlichen

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