Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus
eingebaut werden. Tatsächlich sind praktisch alle Mutationen, die in genetischen Labors untersucht werden - und die sind recht makro, denn sonst würden die Genetiker sie nicht bemerken -, für ihre Besitzer verderblich (ironischerweise habe ich Leute getroffen, die dann ein Argument gegen den Darwinismus sehen). Fishers Mikroskopargument bestätigt also den Skeptizismus gegenüber »Saltations«-Theorien der Evolution, zumindest in ihrer extremen Form.
Der andere allgemeine Grund dafür, nicht an echte Saltation zu glauben, ist ebenfalls statistischer Natur, und seine Kraft hängt ebenfalls quantitativ davon ab, wie groß die Makromutation ist, die wir voraussetzen. In diesem Fall geht es um die Komplexität evolutionärer Veränderungen. Viele, wenn auch nicht alle, der uns interessierenden evolutionären Veränderungen sind Steigerungen in der Komplexität des Bauplans. Das extreme Beispiel des Auges, das wir in früheren Kapiteln besprochen haben, macht diesen Punkt deutlich. Lebewesen mit Augen, wie wir sie besitzen, entwickelten sich aus Vorfahren, die überhaupt keine Augen hatten. Ein extremer Saltationist könnte behaupten, daß die Evolution in einem einzigen Mutationsschritt stattfand. Ein Elter besaß überhaupt keine Augen, nur bloße Haut dort, wo das Auge sein könnte. Er hatte einen mißgeborenen Nachkommen mit einem vollständig entwickelten Auge, komplett mit variabler Linse zum Fokussieren, Iris-Blende zum Abblenden und Retina mit Millionen von Drei-Farben-Photozellen, all das mit korrekt im Gehirn verdrahteten Nerven, das ihm ein funktionsfähiges, zweiäugiges, stereoskopisches Farbsehen bescherte.
Am Modell der Biomorphe gingen wir davon aus, daß diese Sorte multidimensionaler Verbesserung nicht stattfinden könnte. Um zu rekapitulieren, warum diese Annahme vernünftig war: Um aus Nichts ein Auge zu machen, brauchen wir nicht nur einfach eine Verbesserung, sondern eine Vielzahl von Verbesserungen. Jede einzelne dieser Verbesserungen ist für sich recht unwahrscheinlich, aber nicht so unwahrscheinlich, daß sie unmöglich wäre. Je größer die Zahl der zusammengehörigen Verbesserungen, die wir in Betracht ziehen, um so unwahrscheinlicher ist ihr gleichzeitiges Auftreten. Die Koinzidenz ihres gleichzeitigen Auftretens ist gleichbedeutend mit dem Sprung über eine große Entfernung quer durch das Land der Biomorphe und der zufälligen Landung auf einem besonderen, zuvor bestimmten Punkt. Wenn wir eine ausreichend große Zahl von Verbesserungen in Betracht ziehen, so wird ihr gemeinsames Eintreten so unwahrscheinlich, daß es praktisch unmöglich ist. Die Beweisführung ist ausreichend dargelegt worden, aber es kann hilfreich sein, eine Unterscheidung zwischen zwei Sorten von hypothetischer Makromutation zu treffen, die beide an dem Argument der Komplexität zu scheitern scheinen, von denen aber dadurch in Wirklichkeit nur eine ausgeschlossen wird. Aus Gründen, die gleich deutlich werden, möchte ich sie Boeing-747-Makromutationen und Gestreckte DC-8-Makromutationen nennen.
Boeing-747-Makromutationen sind die einzigen, die sich mit dem gerade genannten Komplexitätsargument ausschließen lassen. Ihren Namen haben sie von einem denkwürdigen Mißverständnis der Theorie der natürlichen Auslese, das dem Astronomen Sir Fred Hoyle unterlaufen ist. Er verglich die angebliche Unwahrscheinlichkeit der natürlichen Auslese mit einem Wirbelsturm, der durch einen Schrottplatz fährt und zufällig eine Boeing 747 zusammensetzt. Wie wir in Kapitel 1 gesehen haben, kann man diesen Vergleich in keiner Weise auf die natürliche Auslese anwenden, aber er liefert eine sehr gute Analogie für die Vorstellung, daß gewisse Arten von Makromutationen evolutionären Wandel entstehen lassen. In der Tat bestand Hoyles grundlegender Irrtum darin, daß er tatsächlich meinte, die Theorie der natürlichen Auslese sei wirklich von Makromutationen abhängig. Die Vorstellung, daß eine einzige Makromutation ein voll und ganz funktionierendes Auge mit den oben aufgeführten Eigenschaften dort entstehen lassen kann, wo vorher nur blanke Haut gewesen war, ist in der Tat ganz genauso unwahrscheinlich wie ein Wirbelsturm, der eine Boeing 747 montiert. Daher bezeichne ich diese Art hypothetischer Makromutation als Boeing-747-Makromutation.
Gestreckte DC-8-Makromutationen hingegen mögen zwar in ihrer Wirkung groß sein, sind es aber in bezug auf ihre Komplexität nicht. Die gestreckte DC-8 ist ein Flugzeug, das durch
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