Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus
Ein-Schritt-Auslese der Zufallsvariation. Wie sieht es nun mit der kumulativen Selektion aus? Wieviel wirkungsvoller wird sie sein? Ungemein viel wirkungsvoller, vielleicht sogar wirkungsvoller, als wir zuerst meinen, obgleich das ganz offensichtlich ist, sobald wir etwas darüber nachdenken. Wir bedienen uns wieder unseres Computer-Affen, führen aber einen entscheidenden Unterschied in das Computerprogramm ein. Es beginnt mit der Auswahl einer willkürlichen Sequenz von 28 Buchstaben, wie im vorherigen Beispiel:
WDLMNLT DTJBKWIRZREZLMQCO P
Aber nun »pflanzt es sich« von diesem willkürlichen Satz ausgehend fort. Es kopiert ihn wiederholt, doch mit einem gewissen Spielraum für zufällige Kopierfehler-»Mutationen«. Der Computer examiniert die durch Mutation entstandenen unsinnigen Sätze, die »Nachkommen« des ursprünglichen Satzes, und sucht denjenigen heraus, der, und sei es auch noch so geringfügig, dem Zielsatz M ethinks it is like a weasel am meisten ähnelt. In diesem Fall sah der Gewinner in der »nächsten Generation« folgendermaßen aus:
WDLTMNLT DTJBSWIRZREZLMQLO P
Keine besonders ins Auge fallende Verbesserung! Aber der Vorgang wird wiederholt. Wiederum werden mutante »Nachkommen« des Satzes »gezüchtet« und ein neuer »Gewinner« ausgewählt. Und so weiter, Generation auf Generation. Nach zehn Generationen lautete der zum »Weiterzüchten« ausgesuchte Satz:
MDLDMNLS ITJISWHRZREZ MECS P
Nach 20 Generationen hieß er:
MELDINLS IT ISWPRKE Z WECSEL
Inzwischen glaubt unser Auge schon eine Ähnlichkeit mit dem Zielsatz zu erkennen. Nach 30 Generationen kann kein Zweifel mehr bestehen:
METHINGS IT ISWLIKE B WECSEL
In Generation 40 fehlt uns nur noch ein Buchstabe bis zum Ziel:
METHINKS IT IS LIKE I WEASEL
Und in der 43. Generation ist das Ziel schließlich erreicht. Ein zweiter Computerdurchgang mit Startsatz:
YVMQKZPFJXWVHGLAWFVCHHQXYOPY
durchlief (wiederum geben wir nur jede zehnte Generation an):
YVMQKSPFTXWSHLIKEFV HQYSPY YETHINKSPITXISHLIKEFA WOYSEY METHINKS IT ISSLIKE A WEFSEY METHINKS IT ISBLIKE A WEASES METHINKS IT ISJLIKE A WEASEO METHINKS IT IS LIKE A WEASEP
und erreichte den Zielsatz in Generation 64. Bei einem dritten Durchgang startete der Computer mit dem Satz:
GEWRGZRPBCTPGQMCKHFDBGW ZCCF
und erreichte Methinks it is like a weasel in 41 Generationen selektiver »Züchtung«.
Welche Zeit der Computer genau brauchte, um zum Ziel zu gelangen, ist unwichtig. Für den, der es wissen will: Das erste Mal erledigte der Computer die gesamte Übung, während ich zu Mittag aß. Das dauerte ungefähr eine halbe Stunde. (Computerbegeisterte halten dies möglicherweise für übertrieben langsam. Der Grund: Das Programm war in BASIC abgefaßt, einer Art Computer-Babysprache. Nachdem ich es in Pascal neu geschrieben hatte, brauchte es nur noch elf Sekunden.) Computer sind in diesen Dingen ein bißchen schneller als Affen, aber der Unterschied ist nicht wirklich signifikant. Wichtig ist der Unterschied zwischen der Zeit, die die kumulative Selektion benötigt, und der Zeit, die es denselben Computer kostet, wenn er mit gleicher Geschwindigkeit glatt durchläuft, um zum Zielsatz zu gelangen, aber gezwungen wäre, die EinSchritt-Selektion zu benutzen - etwa 1 000 000 000 000 000 000 000 000 000 000 Jahre, mehr als das Trillionenfache der Zeit, die das Universum bisher besteht. Tatsächlich wäre es richtiger, einfach zu sagen, daß im Vergleich zu der Zeit, die ein Affe oder ein willkürlich programmierter Computer braucht, um unseren Zielsatz richtig zu tippen, das ganze bisherige Alter der Welt eine so geringfügig kleine Zahl ist, daß sie sehr wohl innerhalb der Fehlermarge für Überschlagsrechnungen dieser Art liegt. Dagegen liegt die Zeit, die ein willkürlich, aber mit der Einschränkung der kumulativen Selektion arbeitender Computer braucht, um die Aufgabe zu lösen, in einer Größenordnung, die wir Menschen im allgemeinen begreifen können: zwischen elf Sekunden und der Dauer einer Mittagspause.
Es besteht ein gewaltiger Unterschied zwischen der kumulativen Selektion (bei der jede Verbesserung, so klein sie auch sein mag, für den weiteren Aufbau benutzt wird) und der EinSchritt-Selektion (bei der jeder neue »Versuch« völlig neu ist).
Hätte die Evolution sich auf die Ein-Schritt-Selektion verlassen müssen, so wäre sie niemals irgendwohin gelangt. Wenn es jedoch irgendwie möglich war, daß die blinden
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