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Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Titel: Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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Embryonalentwicklung. Also stecken wir sie in ein kleines Computerprogramm, nennen es ENTWICKLUNG und machen uns daran, es in ein größeres Programm namens EVOLUTION einzubetten. Der erste Schritt beim Schreiben des zweiten Programms besteht darin, daß wir unsere Aufmerksamkeit den Genen zuwenden. Wie sollen wir in unserem Computerprogramm »Gene« darstellen? Gene tun im realen Leben zwei Dinge: Sie beeinflussen die Entwicklung, und sie werden an zukünftige Generationen weitergegeben. Echte Tiere und Pflanzen haben Zehntausende von Genen, wir werden unser Computerprogramm jedoch auf bescheidene neun Gene beschränken. Jedes dieser neun Gene ist im Computer durch eine Zahl repräsentiert, die wir als seinen Wert bezeichnen. Der Wert eines Gens kann etwa 4 sein oder - 7.
    Wie sollen wir diese Gene die Entwicklung beeinflussen lassen? Sie könnten eine ganze Reihe von Dingen tun. Letztlich sollten sie irgendeinen geringfügigen Einfluß auf die Zeichenregel ENTWICKLUNG ausüben. So könnte ein Gen etwa den Winkel der Verzweigung beeinflussen, ein anderes die Länge eines bestimmten Astes. Etwas anderes, ganz Offensichtliches, das ein Gen tun kann, ist, die Rekursionstiefe, d. h. die Zahl der aufeinanderfolgenden Verzweigungen, beeinflussen. Ich habe Gen 9 diesen Effekt verliehen. Wir können Abb. 2 daher als eine Darstellung von sieben verwandten Organismen auffassen, die bis auf Gen 9 einander gleich sind. Ich werde nicht bis ins einzelne darauf eingehen, was jedes der anderen acht Gene tut. Ein Blick auf Abb. 3 gibt uns eine ungefähre Vorstellung von der Art der von ihnen vollbrachten Dinge. In der Mitte des Bildes befindet sich der Grundbaum, einer der Bäume aus Abb. 2. Um diesen zentralen Baum herum stehen acht andere. Sie gleichen alle diesem mittleren Baum bis auf ein Gen, das - jeweils ein anderes in jedem der acht Bäume - verändert worden ist - »mutiert« hat. Beispielsweise zeigt das Bild rechts vom mittleren Baum, was geschieht, wenn Gen 5 mutiert, indem es zu seinem Wert +1 hinzuaddiert bekommt. Hätte ich Platz genug, so hätte ich gern einen Ring von 18 Mutanten um den zentralen Baum herum abgebildet, und zwar deswegen, weil wir neun Gene in Betracht ziehen, von denen jedes »nach oben« (1 zu seinem Wert addiert) und »nach unten« (1 von seinem Wert abgezogen) mutieren kann. So würde ein Ring von 18 Bäumen ausreichen, um alle möglichen Ein-Schritt-Mutanten wiederzugeben, die man von dem einen zentralen Baum ableiten kann.
     

    Abb. 3
     
     
    Jeder dieser Bäume besitzt seine eigene, einzigartige »genetische Formel«, die Zahlenwerte seiner neun Gene. Ich habe darauf verzichtet, die genetischen Formeln niederzuschreiben, denn für sich allein wären sie für uns ohne Bedeutung. Dies gilt in gleicher Weise auch für echte Gene. Gene fangen erst dann an, eine Bedeutung zu haben, wenn sie - über die Synthese von Proteinen - in Wachstumsanweisungen für einen sich entwickelnden Embryo übersetzt werden. Auch im Computermodell bedeuten die Zahlenwerte der neun Gene nur dann etwas, wenn sie in Verzweigungsmuster des Baumes übersetzt werden. Wir können uns jedoch vorstellen, was jedes Gen tut, wenn wir die Körper von zwei Organismen miteinander vergleichen, von denen wir wissen, daß sie sich in einem bestimmten Gen voneinander unterscheiden. Vergleichen wir etwa den Grundbaum in der Mitte der Abbildung mit den Bäumen rechts und links davon, so können wir uns vorstellen, was Gen 5 tut.
    Genau das tun die Genetiker auch im wirklichen Leben. Gewöhnlich wissen sie nicht, wie die Gene Embryonen beeinflussen. Ebensowenig kennen sie die vollständige genetische Formel jedes Tiers. Doch aus dem Vergleich der Körper zweier ausgewachsener Tiere, von denen sie wissen, daß sie sich in einem einzigen Gen unterscheiden, können sie ersehen, was jedes einzelne Gen bewirkt. Tatsächlich ist der Vorgang komplizierter, denn die Auswirkungen von Genen beeinflussen einander auf kompliziertere Weise als durch bloße Addition. Genau dasselbe gilt für Computerbäume. Und zwar in erheblichem Maße, wie wir aus späteren Abbildungen ersehen werden.
    Der Leser wird bemerken, daß alle Figuren um eine Rechts- Links-Achse symmetrisch sind. Diese Einschränkung habe ich dem Programm ENTWICKLUNG eingegeben, zum Teil aus ästhetischen Gründen, zum Teil, um die Zahl der erforderlichen Gene niedrig zu halten (hätten die Gene keinen Spiegelbildeffekt auf beiden Seiten des Baumes, so bräuchten wir getrennte Gene für

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